Der Herr der Ringe
werden; und in diesem Felsenring gibt es nur ein Tor.
Eines Abends kam ich spät zu dem Tor, das wie ein großer Bogen in der Felswand ist; und es wird streng bewacht. Aber die Torhüter hielten schon nach mir Ausschau und sagten mir, Saruman erwarte mich. Ich ritt unter dem Bogen durch, und das Tor schloss sich leise hinter mir, und plötzlich hatte ich Angst, obwohl ich keinen Grund dafür wusste.
Und ich ritt bis zum Fuß des Orthanc und gelangte zu Sarumans Schwelle; und dort kam er mir entgegen und führte mich hinauf in sein hochgelegenes Zimmer. Er trug einen Ring am Finger.
›So bist du also gekommen, Gandalf‹, sagte er ernst. Doch in seinen Augen schien ein weißes Licht zu leuchten, als ob ein kaltes Lachen in seinem Herzen sei.
›Ja, ich bin gekommen‹, sagte ich. ›Ich bin gekommen, um dich um Hilfe zu bitten, Saruman der Weiße.‹ Und dieser Titel schien ihn zu ärgern.
›So, wirklich, Gandalf der Graue! ‹, spottete er. ›Um Hilfe? Man hat selten davon gehört, dass Gandalf der Graue um Hilfe bittet, er, der so listig und so weise ist, durch die Lande wandert und sich in alle Angelegenheiten einmischt, ob sie ihn etwas angehen oder nicht.‹
Ich sah ihn verwundert an. ›Wenn ich mich nicht täusche‹, sagte ich, ›sind jetzt Dinge im Gange, die erfordern, dass wir alle unsere Kräfte vereinigen.‹
›Das mag schon sein‹, sagte er. ›Doch der Gedanke kommt dir spät. Wie lange, frage ich mich, hast du mir, dem Haupt des Rates, eine Sache von höchster Wichtigkeit verheimlicht? Was führt dich jetzt her von deinem Schlupfwinkel im Auenland?‹
›Die Neun sind wieder zum Vorschein gekommen‹, antwortete ich. ›Sie haben den Fluss überschritten. So sagte mir Radagast.‹
›Radagast der Braune!‹, lachte Saruman, und er verbarg seinen Hohn nicht länger. ›Radagast der Vogelbändiger! Radagast der Einfältige! Radagast der Narr! Immerhin hatte er gerade genug Verstand, um die Rolle zu spielen, die ich ihm zugedacht hatte. Denn du bist gekommen, und das war der ganze Zweck meiner Botschaft. Und hier wirst du bleiben, Gandalf der Graue, und dich von deinen Wanderungen ausruhen. Denn ich bin Saruman der Weise, Saruman der Ringmacher, Saruman der Vielfarbige!‹
Ich sah ihn an und bemerkte, dass sein Gewand, das mir weiß erschienen war, es gar nicht war, sondern aus allen Farben gewirkt, und wenn er sich bewegte, dann schimmerten und schillerten sie, dass es das Auge verwirrte.
›Mir gefällt weiß besser‹, sagte ich.
›Weiß!‹, höhnte er. ›Das ist für den Anfang gut. Weißer Stoff kann gefärbt werden. Das weiße Blatt kann beschrieben werden; und das weiße Licht kann gebrochen werden.‹
›Dann ist es aber nicht länger weiß‹, sagte ich. ›Und derjenige, der etwas zerbricht, um herauszufinden, was es ist, hat den Pfad der Weisheit verlassen.‹
›Mit mir brauchst du nicht zu reden wie mit einem der Narren, die du zu Freunden hast‹, sagte er. ›Ich habe dich nicht hierher kommen lassen, um von dir belehrt zu werden, sondern um dich vor die Wahl zu stellen.‹
Dann richtete er sich stolz auf und begann draufloszureden, als ob er eine lange einstudierte Rede hielte. ›Die Tage der Altvorderen sind vorbei. Die Mittleren Tage vergehen. Die Tage der Jüngeren beginnen. Die Zeit der Elben ist vorüber, aber unsere Zeit ist nahe: die Welt der Menschen, die wir beherrschen müssen. Aber wir müssen Macht haben, Macht, alle Dinge zu ordnen, wie wir wollen, für jenes Wohl, das nur die Weisen erkennen können.
Und höre, Gandalf, mein alter Freund und Helfer!‹, fuhr er fort, kam näher zu mir heran und sprach jetzt mit einer sanfteren Stimme. ›Ich sagte wir, denn wir mögen es sein, wenn du dich mir anschließt. Eine neue Macht steigt auf. Gegen sie werden uns die alten Verbündeten und Verfahren gar nichts nützen. Es besteht keine Hoffnung mehr für Elben und sterbende Númenórer. Das also ist die Wahl, vor die du oder wir gestellt sind. Wir können uns dieser Macht anschließen. Es wäre klug, Gandalf. Auf diese Weise besteht Hoffnung. Ihr Sieg ist nahe; und reichen Lohn werden diejenigen erhalten, die ihr geholfen haben. Wenn die Macht wächst, werden ihre erprobten Freunde auch wachsen. Und die Weisen wie du und ich werden mit Geduld schließlich so weit kommen, dass wir ihr Verhalten lenken, sie kontrollieren. Wir können den rechten Augenblick abwarten, wir können unsere Gedanken in unseren Herzen verschließen, vielleicht das Böse, das nebenher
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