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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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Beutel von Faramirs Vorräten übrig geblieben war: etwas getrocknete Früchte und eine kleine Scheibe Pökelfleisch; und sie tranken ein paar Schlucke Wasser. Sie hatten auch aus den Teichen unten im Tal getrunken, aber sie waren wieder sehr durstig. Es lag ein bitterer Geruch in der Luft von Mordor, der den Mund austrocknete. Als Sam an Wasser dachte, sank selbst sein hoffnungsvoller Mut. Jenseits des Morgai mussten sie die entsetzliche Ebene von Gorgoroth überqueren.
    »Nun schläfst du zuerst, Herr Frodo«, sagte er. »Es wird wieder dunkel. Ich schätze, dieser Tag ist annähernd vorüber.«
    Frodo seufzte und war fast eingeschlafen, ehe diese Worte gesprochen waren. Sam kämpfte mit seiner eigenen Müdigkeit, und er nahm Frodos Hand; und so saß er stumm da, bis die tiefe Nacht hereinbrach. Dann schließlich, um sich wach zu halten, kroch er aus dem Versteck heraus und schaute sichum. Das Land schien voller knisternder und knackender und heimlicher Geräusche zu sein, aber weder Stimmen noch Schritte waren zu hören. Hoch über dem Ephel Dúath im Westen war der Nachthimmel noch schwach erhellt und bleich. Dort, zwischen dem Gewölk über einem dunklen Felsen hoch oben im Gebirge, sah Sam eine Weile einen weißen Stern funkeln. Seine Schönheit griff ihm ans Herz, als er aufschaute aus dem verlassenen Land, und er schöpfte wieder Hoffnung. Denn wie ein Pfeil, klar und kalt, durchfuhr ihn der Gedanke, dass letztlich der Schatten nur eine kleine und vorübergehende Sache sei: Es gab Licht und hehre Schönheit, die auf immer außerhalb seiner Reichweite waren. Sams Lied im Turm war eher Trotz als Hoffnung gewesen; denn da hatte er an sich gedacht. Jetzt aber bekümmerte ihn für einen Augenblick sein Schicksal und das seines Herrn nicht mehr. Er kroch zurück in das Dornengestrüpp und legte sich an Frodos Seite, verbannte alle Ängste und sank in einen tiefen, ungestörten Schlaf.
    Sie wachten zusammen auf, Hand in Hand. Sam war fast frisch, bereit für einen neuen Tag; aber Frodo seufzte. Sein Schlaf war unruhig gewesen, voller Träume von Feuer, und das Aufwachen brachte ihm keinen Trost. Dennoch war sein Schlaf nicht ohne heilende Wirkung gewesen: Er war kräftiger, besser imstande, seine Last noch eine Wegstrecke weiterzutragen. Sie wussten nicht, wie spät es war oder wie lange sie geschlafen hatten; aber nach einem Frühstücksbissen und einem Schluck Wasser gingen sie weiter die Schlucht hinauf, bis sie in einem steilen Hang mit Geröll und rutschendem Gestein endete. Dort gaben die letzten Pflanzen den Kampf auf; die Gipfel des Morgai waren graslos, kahl, zerklüftet, unfruchtbar wie eine Schiefertafel.
    Nach vielem Umherwandern und Suchen fanden sie einen Weg, den sie erklimmen konnten, und nach einer letzten Kletterei von hundert Fuß auf allen vieren waren sie oben. Sie kamen zu einer Spalte zwischen zwei dunklen Felsen, und als sie hindurchgingen, befanden sie sich genau am Rand der letzten Verteidigung von Mordor. Unter ihnen, etwa fünfhundert Fuß tiefer, lag die Binnenebene, und sie erstreckte sich bis zu einer gestaltlosen Düsternis, deren Ende nicht mehr sichtbar war. Der Wind der Welt wehte jetzt von Westen, und die großen Wolken stiegen auf und trieben nach Osten; doch immer noch fiel nur ein graues Licht auf die trostlosen Felder von Gorgoroth. Dort zogen Rauchfahnen über den Boden und sammelten sich in Mulden, und Dämpfe quollen aus Erdspalten.
    Noch weiter entfernt, mindestens vierzig Meilen, sahen sie den Schicksalsberg. Sein Fuß ruhte in aschgrauen Trümmern, sein gewaltiger Kegel stieg zu einer großen Höhe auf, und sein qualmender Gipfel war in Wolken gehüllt. Seine Feuer waren jetzt dunkler, und er stand in schwelendem Schlummer da. Hinter ihm hing ein riesiger Schatten, unheilvoll wie eine Gewitterwolke: die Schleier von Barad-dûr, der sich in weiter Ferne auf einem langen,von Norden vorstoßenden Ausläufer des Aschengebirges erhob. Die Dunkle Macht war tief in Gedanken, das Auge blickte nach innen und grübelte über Botschaften, die Zweifel erweckten und Gefahr beschworen: Ein berühmtes Schwert und ein unnachgiebiges und königliches Gesicht sah es; und seine große Festung, Tor für Tor und Turm für Turm, war in nachdenkliche Finsternis gehüllt.
    In einer Mischung von Abscheu und Staunen blickten Frodo und Sam auf dieses hassenswerte Land. Zwischen ihnen und dem rauchenden Berg und nördlich und südlich davon schien alles zerstört und tot zu sein, eine verbrannte

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