Der Herr der Ringe
Lande und zur See; und in der Stunde des Sieges verschwand er dann, und die Menschen des Westens wussten nichts mehr von ihm, und allein ging er weit inden Osten und tief in den Süden, erforschte die Herzen der Menschen, der bösen und guten, und deckte die Verschwörungen und Pläne von Saurons Dienern auf.
So wurde er schließlich der tapferste der lebenden Menschen, bewandert in ihren Künsten und Überlieferungen, und doch war er mehr als sie; denn er war elbenweise, und es war ein Glanz in seinen Augen, den, wenn sie aufleuchteten, wenige ertragen konnten. Sein Gesicht war traurig und streng wegen des Schicksals, das ihm auferlegt war, und dennoch hegte er Hoffnung in den Tiefen seines Herzens, aus dem zuzeiten Fröhlichkeit hervorsprudelte wie eine Quelle aus dem Felsen.
Es geschah, als Aragorn neunundvierzig Jahre alt war, dass er aus Gefahren in den finsteren Grenzen von Mordor zurückkehrte, wo Sauron jetzt wieder wohnte und mit Bösem beschäftigt war. Aragorn war erschöpft und wollte nach Bruchtal gehen und dort eine Weile rasten, ehe er sich in ferne Länder aufmachte; und auf seinem Weg kam er zu den Grenzen von Lórien, und Frau Galadriel gewährte ihm Zutritt zu dem verborgenen Land.
Er wusste es nicht, aber Arwen Undómiel war auch dort und lebte wieder eine Zeitlang beim Volk ihrer Mutter. Sie war wenig verändert, denn die sterblichen Jahre gingen an ihr vorüber. Doch war ihr Gesicht ernster, und selten hörte man jetzt ihr Lachen. Aber Aragorn war nun körperlich und geistig zu voller Größe herangereift, und Galadriel gebot ihm, seine abgetragene Kleidung abzulegen, und sie kleidete ihn in Silber und Weiß mit einem elbengrauen Mantel und einem leuchtenden Edelstein auf der Stirn. Da schien er mehr zu sein als ein König der Menschen und sah eher aus wie ein Fürst der Elben von den Inseln im Westen. Und so war es, dass Arwen ihn nach ihrer langen Trennung wiedersah; und als er unter den mit goldenen Blüten beladenen Bäumen von Caras Galadhon auf sie zuging, war ihre Wahl getroffen und ihr Schicksal besiegelt.
Dann wanderten sie eine Zeitlang zusammen in den Hainen von Lothlórien, bis es Zeit für ihn war aufzubrechen. Und am Abend des Mittsommers gingen Aragorn, Arathorns Sohn, und Arwen, Elronds Tochter, zu dem schönen Hügel Cerin Amroth in der Mitte des Landes, und barfuß schritten sie über das unsterbliche Gras, in dem elanor und niphredil blühten. Und dort auf jenem Berg blickten sie nach Osten auf den Schatten und nach Westen in das Zwielicht, und sie gelobten einander Treue und waren froh.
Und Arwen sagte: ›Dunkel ist der Schatten, und doch freut sich mein Herz; denn Ihr, Estel, werdet unter den Großen sein, deren Tapferkeit ihn vernichten wird.‹
Aber Aragorn antwortete: ›Ach, ich kann es nicht voraussehen, und wie es geschehen wird, ist mir verborgen. Doch mit Eurer Hoffnung will ich hoffen. Und den Schatten weise ich entschieden zurück. Aber auch das Zwielicht, Herrin, ist nicht für mich. Denn ich bin sterblich, und wenn Ihr zu mir haltet, Abendstern, dann müsst auch Ihr dem Zwielicht entsagen.‹
Und sie stand still da wie ein weißer Baum und blickte gen Westen, und schließlich sagte sie: ›lch will zu Euch halten, Dúnadan, und mich von dem Zwielicht abwenden. Doch dort liegt das Land meines Volkes und auf lange das Heim meines ganzen Volkes.‹ Sie liebte ihren Vater sehr.
Als Elrond von der Wahl seiner Tochter hörte, schwieg er still, obwohl sein Herz kummervoll war und das lang befürchtete Schicksal keineswegs leichter zu ertragen fand. Aber als Aragorn wieder nach Bruchtal kam, rief er ihn zu sich und sagte:
›Mein Sohn, es kommen Jahre, da die Hoffnung schwinden wird, und wenig von dem, was nach ihnen kommt, ist mir klar. Und jetzt liegt ein Schatten zwischen uns. Vielleicht ist es so bestimmt worden, dass durch meinen Verlust das Königtum der Menschen wiederhergestellt werden kann. Obwohl ich dich liebe, sage ich dennoch zu dir: Arwen Undómiel soll nicht um einer geringeren Sache willen das Vorrecht ihres Lebens mindern. Sie soll nicht Braut eines geringeren Menschen sein als des Königs von Gondor und Arnor. Selbst unser Sieg kann mir dann nur Kummer und Trennung bringen – aber dir die Hoffnung auf Glück für eine Weile. Wehe, mein Sohn! Ich fürchte, dass Arwen zuletzt das Schicksal der Menschen hart erscheinen mag.‹
Und dabei blieb es danach zwischen Elrond und Aragorn, und sie sprachen nicht mehr über diese Angelegenheit; aber
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