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Der Herr der Ringe

Der Herr der Ringe

Titel: Der Herr der Ringe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien
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uns mit diesem Schicksal ab. Geht mit Euch selbst zu Rate, Geliebte, und fragt Euch, ob Ihr wirklich wollt, dass ich warte, bis ich erschlaffe und unmännlich und einfältig von meinem Thron herunterfalle. Nein, Herrin, ich bin der Letzte der Númenrer und der letzte König der Altvorderenzeit; und mir ist nicht nur eine Lebensspanne gewährt worden, die dreimal so lang ist wie die der Menschen von Mittelerde, sondern auch das Vorrecht, nach meinem Belieben zu gehen und die Gabe zurückzugeben. Daher will ich jetzt schlafen.
    Ich spreche Euch keinen Trost zu, denn es gibt keinen Trost für solchen Schmerz in den Kreisen der Welt. Die letzte Entscheidung liegt vor Euch: zu bereuen und zu den Anfurten zu gehen und die Erinnerung an unsere gemeinsamen Tage mit in den Westen zu nehmen, die dort immerwährend sein wird, aber nie mehr als eine Erinnerung; oder aber das Schicksal der Menschen auf Euch zu nehmen.‹
    ›Nein, geliebter Herr‹, sagte sie, ›die Entscheidung ist längst getroffen. Jetzt gibt es kein Schiff, das mich dorthin bringen würde, und ich muss fürwahr das Schicksal der Menschen auf mich nehmen, ob ich will oder nicht: den Verlust und die Stille. Doch das sage ich Euch, König der Númenrer, bisher habe ich die Geschichte Eures Volkes und seinen Sturz nicht verstanden. Als mutwillige Narren verachtete ich sie, doch nun endlich habe ich Mitleid mit ihnen. Denn wenn dies wirklich, wie die Eldar sagen, die Gabe des Einen an die Menschen ist, dann ist es bitter, sie zu empfangen.‹
    ›So scheint es‹, sagte er. ›Doch lasst nicht zu, dass wir, die wir einst den Schatten und den Ring zurückwiesen, bei der letzten Prüfung unterliegen. In Kummer müssen wir scheiden, aber nicht in Verzweiflung. Schaut! Wir sind nicht für immer an die Kreise der Welt gebunden, und jenseits von ihnen ist mehr als nur Erinnerung. Lebt wohl!‹
    ›Estel, Estel!‹, rief sie, und als sie eben seine Hand nahm und sie küsste, fiel er in Schlaf. Da wurde eine große Schönheit in ihm offenbar, sodass alle, die nachher kamen, ihn voll Staunen anblickten; denn sie sahen, dass die Anmut der Jugend und die Kraft seiner Mannesjahre und die Weisheit und königliche Würde seines Alters miteinander verschmolzen waren. Und lange lag er dort, ein Abbild der Erhabenheit der Könige der Menschen in nicht verdunkelter Pracht vor dem Bruch der Welt.
    Aber Arwen ging hinaus aus dem Haus, und der Glanz ihrer Augen war erloschen, und es schien ihrem Volk, dass sie kalt und grau geworden war wie eine Winternacht, die ohne Sterne anbricht. Dann sagte sie Eldarion und ihren Töchtern Lebewohl und allen, die sie geliebt hatte; und sie verließ die Stadt Minas Tirith und ging in das Land Lórien und lebte dort allein unter den verblassenden Bäumen, bis der Winter kam. Galadriel war in den Westen gegangen, und auch Celeborn war fortgegangen, und das Land war still.
    Dort endlich, als die Mallornblätter fielen, aber der Frühling noch nicht gekommen war 32 , legte sie sich zur Ruhe auf Cerin Amroth; und dort ist ihr grünes Grab, bis die Welt sich wandelt, und alle Tage ihres Lebens sind von den nachkommenden Menschen gänzlich vergessen, und elanor und niphredil blühen nicht mehr östlich der See.
    Hier endet diese Erzählung, wie sie vom Süden zu uns gekommen ist; und nach dem Hinscheiden von Abendstern wird in diesem Buch nichts mehr über die Tage von einst gesagt.«
    II. DAS HAUS VON EORL
    »Eorl der Junge war der Herr der Menschen von Éothéod. Dieses Land lag in der Nähe der Anduin-Quellen zwischen den letzten Ketten des Nebelgebirges und den nördlichsten Teilen von Düsterwald. Die Éothéod waren in den Tagen von König Earnil II. in dieses Gebiet gezogen aus Landstrichen in den Tälern des Anduin zwischen dem Carrock und dem Schwertel, und sie waren ihrer Herkunft nach den Beorningern und den Menschen von den Westrändern des Waldes nah verwandt. Eorls Vorfahren behaupteten, von den Königen von Rhovanion abzustammen, deren Reich vor dem Eindringen der Wagenfahrer jenseits von Düsterwald lag, und so hielten sie sich für Verwandte der Könige von Gondor, die von Eldacar abstammten. Sie liebten vor allem die Ebenen und begeisterten sich für Pferde und alle Feinheiten der Reitkunst, aber es gab niemals viele Menschen in den Mitteltälern des Anduin, und überdies wurde der Schatten von Dol Guldur länger. Als sie daher von der Niederwerfung des Hexenkönigs hörten, suchten sie weiteren Raum im Norden, und sie vertrieben die

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