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Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Der Herr der Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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Luft, konnte jedoch keine in die Lunge saugen. Der Druck nahm zu, die Knochen in seinem Hals knirschten, und er ging zu Boden. Wo die Flamme erloschen war, klaffte jetzt eine unergründliche Tiefe, und er sah sein Leben wie auf einer großen Schriftrolle vorbeiziehen. Er hatte schon schlimmere Gegner als einen einzelnen Entflochtenen besiegt. Unerwartet – kam nicht jeder Tod so?
    Und hier sollte es enden?
    Er spürte eine seltsame Erleichterung.
    Rotsträhne grunzte, und plötzlich löste sich der Druck um Rostigans Hals. Er holte tief Luft und wälzte sich herum. Als er wieder hochkam, sah er Tursa, der mit einem Schwert in der Hand zurückwich, von dem weiße Flüssigkeit tropfte. Rotsträhne starrte den Berater boshaft an, denn einer seiner Arme war am Ellbogen abgetrennt.
    »Schaffst du es auch mit einer Hand?«, fauchte Tursa.
    Rotsträhne streckte die unversehrte Hand aus und packte Tursas Schwertarm am Ellbogen, ehe der Mann zuschlagen konnte.
    »Und du?«, fragte Rotsträhne. Er drückte mit ganzer Kraft zu, und man hörte Knochen brechen. Sofort verlor Tursa die Farbe im Gesicht und ließ das Schwert fallen.
    Von hinten schlug Rostigan Rotsträhne den Kopf ein.
    Er riss die Klinge aus der umkippenden Leiche und rieb sich den malträtierten Hals.
    »Danke«, krächzte er Tursa zu, der seinen schlaffen Arm mit eigenartiger Faszination wiegte.
    »Hast du gesehen, was ich getan habe? Ich habe ihm den Arm abgehackt!«
    »Ja. Jetzt hör mir zu, Tursa. Du musst zurück zum König, verstehst du? Tursa?« Er versetzte dem Mann eine Ohrfeige, woraufhin Tursa zusammenzuckte und ihn endlich anblickte. »Zurück zum König mit dir, ja? Vielleicht kann dir einer seiner Fadenwirker helfen.«
    Rostigan wandte sich wieder der Schlacht zu, um die verlorene Zeit wettzumachen. Obwohl die Entflochtenen entschlossen kämpften, waren sie jetzt in der Unterzahl, denn sie hatten nicht einmal versucht, eine gemeinsame Formation einzunehmen. Jedes Mal, wenn einer fiel, konnten weitere Soldaten ihren Kameraden helfen, sich der verbliebenen Entflohenen anzunehmen. Viele Seidenrachen waren noch in der Luft, doch sie waren zumindest teilweise beschädigt und mussten heftig flattern, um schlaffe Flügel und baumelnde Knochen auszugleichen. Andere waren rot und zufrieden. Das waren die schlimmsten, die preschten schlitzend und reißend durch Soldatengruppen und ließen sich nicht mehr verbrennen. Die Fadenwirker griffen sie an, wo auch immer sie landeten, und vollführten Myriaden von Gesten mit den Händen. Am besten wäre es, entschied Rostigan, die Sache voranzutreiben und so viele Soldaten wie möglich zu retten. Wenn genug unverletzt blieben, könnten sie vielleicht sofort den Pass stürmen.
    Er schob andere zur Seite, um ins schlimmste Kampfgetümmel zu gelangen, und vermied weiterhin nach Möglichkeit alle Auseinandersetzungen mit den Seidenrachen. Wann immer er einen Entflochtenen erreichte, ließ er sein Schwert auf dessen Kopf niedergehen. Die Sonne wanderte über den Himmel, die Zahl der Feinde schwand, und doch dauerte der Kampf an. Den Gegnern war keine Angst anzumerken, obwohl sich ihre Reihen immer weiter lichteten, doch die Scharen gefallener Kampfgenossen machten ihnen nichts aus. Sie sahen sich nicht nach einer Rückzugsmöglichkeit um, sondern lachten nur voller Hass.
    Rostigan machte sich zum Letzten auf, den er ausmachen konnte, doch der Entflochtene war tot, ehe er ihn erreichte. Als der Feind fiel, erhoben sich die verbliebenen Seidenrachen in den Himmel über den Roshausgipfeln. Rostigan marschierte über das Feld und beachtete den Jubel nicht, der um ihn herum aufbrandete. Am blutgetränkten Boden gab es nur noch kleine Flecken, wo das Gras gelb geblieben war und golden im schwindenden Licht leuchtete. Fadenwirker suchten zwischen den Toten nach Verwundeten.
    Rostigan fand Loppolo im Gespräch mit seinen Offizieren. Tursa saß im Schneidersitz dabei und jammerte, während ein Fadenwirker über seinem verletzten Arm Gesten vollführte. Hunna kam angeritten. An den weißen Blutsprenkeln von Entflochtenen auf seinem Pferd klebten winzige Seidenfetzen.
    »Bei der Großen Magie«, sagte er und stieg ab. »Ich muss dir danken, Loppolo, dass du gekommen bist.«
    »Ja«, sagte Loppolo, »obwohl es uns teuer zu stehen gekommen ist.«
    »Lieber diese Verluste jetzt und hier«, sagte Rostigan, »als größere später, König. Das Opfer ist es wert.« Er blickte zwischen den beiden Anführern hin und her. »Ich frage mich,

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