Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)
riechen.
Mögest du dich niemals erkälten.
Mögest du deine verborgenen Talente entdecken.
Während es früher eine Zeit gegeben hatte, in der ihr die Gabe Vergnügen bereitet hatte, wusste sie nun um die traurige Wahrheit, dass ihre Magie immer wieder die Große Magie beschädigte. Ohne die Fähigkeit, sich zu beherrschen, wurde es angesichts so vieler Menschen in unmittelbarer Umgebung noch schlimmer.
Sie ging weiter zur Burg von Althala, deren große weiße Türme schon aus vielen Meilen Entfernung zu erkennen waren. Den Weg durch die Straßen fand sie leicht und wunderte sich nur, wie wenig sich geändert hatte. Viele der Gebäude erkannte sie wieder, und sie fragte sich, ob die Schule des Fadenwirkens noch stand. Hier hatte man sie als junges Mädchen untergebracht, nachdem sie von ihrem Vater, einem Kaufmann, ausgesetzt worden war. Glücklicherweise hatte Mergan ihr großes Talent erkannt, und dort hatte sie sich schnell in ihr neues Leben hineingefunden. Sie machte jetzt keinen Umweg, um nach der Schule zu sehen, denn ihre Aufgabe war wichtiger als Erinnerungen.
Kurz darauf erreichte sie einen großen Platz im Schatten der Burg, eine freie Fläche unter hohen Balkonen, auf der nur ein paar Zierbäume wuchsen. Sie ging geradewegs auf den Eingang der Burg zu, wo althalanische Wachen in silberner Rüstung über roter Kleidung – noch etwas, das sich nicht geändert hatte – zu beiden Seiten des großen Tores standen.
»Entschuldige, junge Frau«, sagte ein junger Mann höflich, ein Hauptmann, seinen Schulterstücken nach. »Darf ich fragen, was du in der Burg zu erledigen hast?«
»Ich bin Yalenna und möchte zu meinem alten Freund Braston«, antwortete sie.
Dem Hauptmann stockte der Atem, und er musterte sie von oben bis unten. Sie trug noch ihre weiße Robe, das schneeweiße Haar wallte ihr über die Schultern. Sie hatte die Farbe stets für ungewöhnlich gehalten, aber weiß war auch nicht so selten, dass man sie sofort erkannt hätte. Doch der Hauptmann zählte eins und eins zusammen und machte sich seinen Reim darauf.
»Äh … die … die Priesterin Yalenna? Behauptest du zu sein?«
»Richtig.«
Die anderen Wachen traten hinzu und beäugten sie neugierig und misstrauisch. Der Hauptmann warf ihnen einen Seitenblick zu, denn einige waren älter und grauer als er, und versuchte, nicht nervös zu werden.
»Woher soll ich wissen, dass du wirklich Yalenna bist?«, fragte er.
Kleine Fadenbündel strömten von ihr aus und senkten sich in die Wachen. Wenn sie sehen könnten, was sie sah, dachte sie, würde niemand mehr an ihrem Wort zweifeln.
Sie tippte auf das Blitzzeichen, das ihre Robe zusammenhielt. »Hat das in Althala keine Bedeutung mehr?«
»Verzeih mir, Frau«, sagte der Hauptmann, »aber es gibt andere Priester und Priesterinnen mit dem gleichen Symbol.«
»Es gibt eine einfache Lösung«, sagte Yalenna freundlich. »Bring mich zu Braston, und er wird dir sagen, wer ich bin.«
»Wenn du es wirklich bist«, warf eine ältere Wache ein, »warum bekommen wir dann keinen Segen?«
»Den habt ihr schon.«
Der Mann runzelte die Stirn. »Und zwar?«
Yalenna zuckte mit den Schultern. »Ich bin nicht sicher, guter Mann. Ich forme nicht, was ich austeile, es sei denn, ich möchte es. Soll ich herausfinden, was du bekommen hast?«
Sie streckte eine Hand in seine Richtung aus, und er griff nach dem Schwert. Sie achtete nicht darauf und suchte sein Muster nach neuen Einschüben ab. Da war es und suchte noch nach seinem Platz.
»Aha«, sagte sie. »Alles, was du pflanzt, wird blühen und gedeihen, selbst auf härtestem Boden.«
Der Mann wirkte verwirrt, während die anderen kicherten.
»Willst du dich mit der Gärtnerei versuchen, Das?«, fragte der Hauptmann, und nun lachten die Männer laut.
Manche Segnungen, dachte Yalenna, waren einfach nur Verschwendung.
»Was ist mit mir?«, fragte eine andere Wache. »Was habe ich bekommen?«
Langsam wurde sie ungeduldig. »Ich bin nicht zu eurem Vergnügen hier!«, knurrte sie, und alle zuckten leicht zusammen. Sie beherrschte sich und sagte ruhiger: »Hauptmann, bitte bring mich zu Braston. Wieso die Sorge? Wenn ich nicht diejenige bin, die zu sein ich vorgebe, hat er nichts von mir zu befürchten.«
Darüber dachte der Hauptmann kurz nach und gab schließlich verwirrt nach. »Na, gut. Ich bringe dich zum König.« Er verneigte sich leicht. »Ich bin Hauptmann Jandryn. Und ihr«, fügte er hinzu, als einige der anderen Anstalten machten, ihn zu
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