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Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Der Herr der Tränen: Roman (German Edition)

Titel: Der Herr der Tränen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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ihr Herren, ob wir unser Glück nicht ausnutzen sollten.«
    »Und zwar wie?«, wollte Hunna wissen.
    »Da so viele Entflochtene gefallen sind, ist das Tal sicherlich schlecht bewacht. Stellt euch die Lieder vor, die man über euch singen wird, wenn ihr Aorn ein für alle Mal vom Volk des Herrn der Tränen befreit habt!«
    Loppolo schien nicht zu begreifen, während Hunna eher erstaunt wirkte. Dann warf der König der Flachlande den Kopf in den Nacken und lachte schallend.
    »Bist du übergeschnappt, Mann?«, fragte er und klopfte Rostigan auf die Schulter. »Du willst mit diesem dezimierten Haufen zum Pass ziehen? Ich bewundere deinen Mut, wie alle anderen auch, denn wir haben dich heute kämpfen sehen. Meine Soldaten erzählen sich bereits Geschichten über den Schädelspalter. Aber wenn du denkst, sie werden dir jetzt, nach dem, was wir gerade durchgemacht haben, dorthin folgen, dann bist du schwer im Irrtum.«
    Rostigan fragte sich, ob es schaden würde, wenn er es noch einmal täte. Ein paar sorgfältig ausgewählte Worte könnten Hunna von dem Plan überzeugen, dazu ein wenig Fadenwirken, damit sie ihre Wirkung entfalteten, und vielleicht konnten sie dann das Tal des Friedens befreien … Aber er hatte seine Regeln bereits einmal gebrochen, und er wollte es sich nicht so leicht machen. Außerdem musste er, wenn er die blutenden, erschöpften Soldaten betrachtete, die noch standen, zugeben, dass Hunna vielleicht recht hatte.
    Kreisende Krähen krächzten, als wollten sie mit ihren Stimmen die Sache beenden.
    »Also gut«, sagte er.

DIE RÜCKKEHR DER GERECHTIGKEIT
    Althala wurde von manchen als größte Stadt in ganz Aorn betrachtet, aber ganz gewiss war es die prächtigste und reichste. Die Straßen waren gepflastert, die Gebäude solide und hübsch verziert, und überall boten Läden bunte Waren feil. Die Menschen schoben sich in dichtem Strom durch die Straßen, grüßten einander und erledigten fröhlich ihre Besorgungen. Alles war sauber und wohlgeordnet – in Gossen neben den Bürgersteigen liefen Regen und Abwasser zusammen und wurden in unterirdische Höhlen geleitet, und selbst die Bettler trugen überraschend ordentliche Kleidung. An eines erinnerte sich Yalenna auch noch genau: Ein Bettler brauchte eine besondere Erlaubnis von der Stadt, die er nur bekam, wenn er ein körperliches Gebrechen vorweisen konnte. Wer sich nur auf seine Armut berief, wurde vor die Wahl gestellt: entweder Althala zu verlassen oder auf städtischem Ackerland auf der fruchtbaren Ebene im Osten zu arbeiten.
    Heute jedoch war es nicht die Schönheit der Stadt, die Yalennas Schritte beschwingte.
    »Wie ich höre, tobt Loppolo«, hörte sie eine rundliche Frau zu einem Stoffhändler sagen.
    »Das kann ich bestätigen«, erwiderte der Händler und zeigte ihr ein Stück blaue Seide. »Er weiß, dass er möglicherweise bald in Brastons Schatten stehen und vielleicht ganz verschwinden wird.«
    Die Frau lachte, während sie über die Seide strich. »Sehr schön. Ach, wirklich wundervoll, nicht wahr? Ich kann es gar nicht glauben, immer noch nicht. Wer mir letzte Woche gesagt hätte, ich würde erleben, wie der Herr der Gerechtigkeit zum Leben erwacht, den Königstitel für sich einfordert und ich auf dem Burgplatz mit anschauen dürfte, wie er uns zuwinkt, den hätte ich für verrückt gehalten. Und doch!«
    »Es ist erstaunlich«, sagte der Händler. »Nun, soll ich dieses Stück abschneiden?«
    Yalenna ging ein wenig beunruhigt weiter. Sie verstand die Freude der Menschen, und auch sie selbst freute sich auf Braston, aber ihr gefiel die Neuigkeit nicht, dass er den rechtmäßigen König vom Thron verdrängt hatte. Wie hatte das geschehen können? Hoffentlich freiwillig, so wie Arah angeboten hatte, als Priesterin zurückzutreten. Doch selbst wenn es sich so verhielt und das Gerede über Loppolos Toben nur leeres Geschwätz war, hatte Braston einen schweren Fehler begangen. Obwohl es hart gewesen war, sein Volk im Stich zu lassen – tatsächlich war nichts schwieriger gewesen, als dass sie sich selbst getötet hatten –, musste er wissen, dass er kein Recht hatte, dort weiterzumachen, wo er aufgehört hatte. Vielleicht hatte es für ihn den Anschein, als sei keine Zeit vergangen. Trotzdem hatte er nicht das Recht dazu.
    Nachdem sie kurz der Frau und dem Händler gelauscht hatte, gestattete sich Yalenna keine weitere Verzögerung mehr. Angesichts der vielen Menschen entströmten ihr Segnungen in reicher Zahl.
    Mögest du immer sauber

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