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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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Satz.«
    »So?«
    »Ja. Seine Gegenstücke sind viel kunstvoller, die Rahmen mit Schnitzwerk versehen, das Tausende winziger Blumen zeigt, so heißt es.«
    »Und wo befinden sie sich?«
    »Sie hängen in den Fluren von Burg Althala. Unser Fürst Dregan hat sie vor hundert Jahren der Königin von Althala geschenkt. Angeblich, um seiner Bewunderung Ausdruck zu verleihen, aber in Wahrheit zu einem geheimen Zweck. Denn obwohl wir seit Langem mit Althala in Frieden leben, zahlt es sich doch immer aus, so viel über die Verhältnisse dort zu wissen wie möglich. Die Spiegel sind mit Fäden verbunden – subtil und geschickt genug, um niemals als das erkannt worden zu sein, was sie wirklich sind. Es sind Gucklöcher, durch die wir schauen, wenn wir in diesen Spiegel blicken.«
    »Ah!« Forger klatschte in die Hände. »Wie köstlich.«
    »Ich muss meinen Herrn warnen, dass wir keine Kontrolle darüber haben, wo Dregans Geschenke aufgehängt wurden und wohin man sie später gebracht hat. Einer dieser Spiegel hängt im Lagerraum, bedeckt mit einem Tuch, und zeigt daher wenig.«
    »Ich verstehe. Nun, rede die Sache nicht klein. Wie funktionieren die Spiegel?«
    »Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Bis vor Kurzem war hier ein Fadenwirker stationiert, versiert in ihrer Benutzung, der sie ständig beobachtet hat.«
    »Wo ist er?«
    »Du hast ihn getötet.«
    »Ah.«
    »Trotzdem, ich gehe davon aus, dass jemand, der so geschickt ist wie mein Herr, die Sache leicht enträtseln wird.«
    Forger rieb sich das Kinn, während er den Spiegel betrachtete. Diese Art von Magie war nicht wirklich seine Stärke. Doch wie die anderen Wächter hatte er sich seine angeborene Fähigkeit im Fadenwirken neben den Kräften, die ihm die Große Magie verliehen hatte, stets erhalten. Er griff also mit seinen feineren Sinnen nach dem Spiegel und inspizierte dessen Fäden.
    »Ah«, murmelte er. »Offenbar ist dieser das Gehirn, von dem die Augen abhängen. Brillant. Also, ich muss nur die Lider öffnen …«
    Die Reflexion des Spiegels kräuselte sich, wurde ersetzt durch einen Blick auf einen leeren Flur. Im Vordergrund stand eine mit leicht verwelkten Blumen gefüllte Vase. Der Flur öffnete sich zu einer Treppenflucht nach oben, und rechts befand sich eine schwere geschlossene Eichentür.
    »Die Tür führt in den Raum«, sagte Threver, »den Braston jetzt bewohnt.«
    »Wirklich? Interessant.«
    »Auch darin hängt ein Spiegel.«
    »Meine Güte.«
    Mit einem Blinzeln öffnete Forger den nächsten Spiegel. Er sah ein gut eingerichtetes Schlafzimmer, und das große Bett wirkte, als habe niemand darin geschlafen.
    »Nun, zumindest kann ich über seinen Schlaf wachen«, meinte Forger stirnrunzelnd. »Ich bin mir sicher, das wird sich als aufregend erweisen.«
    »Versuch den nächsten, Herr.«
    Jetzt zeigte der Spiegel einen Saal mit hohen Fenstern, künstlichen Wasserläufen und Springbrunnen. Es war der Thronsaal. Einige gehetzt wirkende Wachen eilten hindurch, und eine kleine Gruppe von Edelleuten saß an einem der Springbrunnen.
    »Ich kann das Wasser plätschern hören!«, sagte Forger aufgeregt.
    »Ich kann das nicht, Herr. Es muss etwas mit deinen Gaben zu tun haben.«
    »Du willst mir erzählen, dass die Herren und Damen von Tallaho seit hundert Jahren den althalischen Thron ausspioniert haben, und niemand hat es je bemerkt?«
    »Ja, Herr.«
    »Ach herrje. Fadenwirker müssen viele Male an diesem Spiegel vorbeigekommen sein!«
    »Dregan hat darauf bestanden, dass seine Gaben nicht als das ausgemacht werden durften, was sie wirklich sind. Die Fadenwirker, die sie geschaffen haben, wussten, dass sie, wenn sie ihm gegenüber versagten, einen hohen Preis zahlen würden.«
    »Ich bewundere ihr Geschick! Weiter zum nächsten Spiegel!«
    Wieder schauten sie in einen Flur, auf eine gegenüberliegende Tür, die schräg in ihren Angeln hing und deren Holz von riesigen Klauen zerkratzt worden zu sein schien. Der Raum dahinter war üppig eingerichtet und gehörte offensichtlich einem Adligen … doch das Bettzeug war mit Blut bespritzt und in Fetzen gerissen, und zwei Soldaten hoben einen fetten Leib auf eine Trage. Eine Edelfrau schaute zu und betupfte sich die Augen.
    »Was ist das?«, erkundigte Forger sich. »Ein Mord?«
    Er horchte auf, als ferne Geräusche – ein wenig verzerrt und gedämpft – an sein Ohr drangen.
    »Ich glaube, da spricht jemand von …«
    Ein dritter Soldat erschien; er schleifte einen großen Sack hinter sich her, aus dem

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