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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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fassen. Er war nicht in der Verfassung für den komplizierten Prozess des Fadengangs.
    Ich will nur für ein Weilchen die Augen schließen, dachte er.
    Wenn er nach Saphura kam, würde es dort reichlich Wein und Hurenhäuser geben. Als er sich an den Baumstamm lehnte, hoffte er, von ihnen zu träumen …
    »Es fühlt sich einfach nicht richtig an«, sagte Braston, während sie sich auf den Weg zum Thronsaal machten. »Ich sollte mit dem Heer marschieren.«
    Despirrow schenkte ihm ein mitfühlendes Lächeln. Nur allzu gut kannte er das Ausmaß von Brastons Verlangen, mit seinen Leuten zusammen zu sein, während sie nach Norden zogen, zu den Feldern von Ilduin. Aorns Großmächte – Althala, Sortree, Galdra, Ander, Tallaho und andere – hatten gelobt, sich zusammenzutun und alles, was sie hatten, gegen den Pass zu werfen. Es war ein verzweifelter Plan, und Despirrow sah einen massiven Verlust von Menschenleben voraus.
    »Du kennst meine Einwände«, erwiderte er, »gegen diese Konzentration unserer Streitkräfte. Es ist ganz gleich, in welcher Stärke wir dort antreten, solange eine Handvoll Entflochtener den Pass gegen Tausende verteidigen kann.«
    Braston runzelte die Stirn. »Ich sehe keine andere Möglichkeit. Wir können nicht einfach zulassen, dass Regrets Experimente fortgesetzt werden! Wahrlich, ich wünschte, es gäbe einen anderen Weg.«
    »Warum es wünschen? Genau das bietet Mergan doch an.«
    Braston wirkte gequält – wie immer, wenn sein Herz über Kreuz lag mit seinem Verstand. »Du glaubst wirklich, sein Plan könnte funktionieren?«
    »Ich glaube«, sagte Despirrow, »dass der Plan bessere Chancen bietet als ein Gemetzel an unseren Soldaten in den Vorhügeln der Roshausgipfel.«
    Braston seufzte. »Ich bitte meine Soldaten, für mich zu kämpfen und zu sterben. Wie werden sie reagieren, wenn sie erfahren, dass ich nicht an ihrer Seite stehe?«
    »Mein Freund, du wirst ihnen einen größeren Dienst erweisen, wenn du Regret ein und für alle Mal den Garaus machst. Je eher er stirbt, umso mehr von ihnen wirst du retten. Vertrau mir, sie werden dir dafür danken.«
    »Falls wir Erfolg haben.«
    »Falls wir Erfolg haben.«
    Braston gab einen ärgerlichen Laut von sich. »Ich wünschte, ich wäre nicht als Fadenwirker geboren worden, sondern nur als König.«
    »Deine Kommandeure sind gute Männer«, erklärte Despirrow, »und auf den Feldern wird es andere Führer geben. Hab ein wenig Vertrauen, Braston – nichts wird zugrunde gehen, nur weil du es nicht persönlich unter Kontrolle hast.«
    Braston ächzte.
    Sie traten in den Thronsaal, der fast leer war. Nur an einem Springbrunnen nahe dem Eingang stand eine kleine Schar – Mergan mit den Fadenwirkern, die er aus ganz Aorn zusammengeholt hatte. Despirrow kannte nur einen von ihnen – Karrak, Prinz von Ander, hatte Althala bereits in friedlicheren Zeiten besucht. Während er sich zusammen mit Braston der Gruppe näherte, musterte Despirrow die übrigen Fadenwirker interessiert.
    Da stand ein kahler Bursche in Lederkleidung, dessen Haut ein wenig rußig war. Ein zierliches Mädchen in geblümtem Kleid zupfte nervös an ihrem kastanienbraunen Haar. Ein weichgesichtiger Mann in Reisekleidung ließ seinen heiteren Blick unstet schweifen. Und eine junge Frau in weißer Robe mit verblüffend weißem Haar konnte nur die Priesterin Yalenna sein. Despirrow stellte fest, dass sein Blick auf ihr verweilte, aber er zwang alle lüsternen Gedanken beiseite. Dies war eine ernste Gruppe, zusammengestellt aus ernsten Gründen. Für Romantik würde jede Menge Zeit bleiben, sobald die Welt sicher war.
    »Ah«, murmelte Mergan, »Braston, Despirrow – willkommen. Erlaubt mir, euch den übrigen Wächtern vorzustellen.«
    »Wächter?«, wiederholte Braston.
    »Es scheint mir ein passender Name zu sein«, erklärte Mergan, »angesichts des Zwecks, zu dem wir zusammengekommen sind.«
    »Und wie hast du es angestellt, diese guten Leute zu finden?«, wollte Braston wissen. Er trat vor sie hin und verbeugte sich leicht vor Karrak, der die Geste erwiderte. »Nach welchen Maßstäben sind die besten Fadenwirker Aorns ausgewählt worden?«
    Obwohl sein Ton nicht respektlos war, richtete Mergan sich ein wenig auf. Braston war immer noch der König hier, und es schien, als wolle er das niemanden vergessen lassen.
    »Nun«, sagte Mergan, »vielleicht sollte ich ihnen erlauben, es dir zu zeigen.«
    Despirrow erwachte am Nachmittag mit einem steifen Hals, ohne indes die Wirkungen des

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