Der Herr der Tränen
Füßen ihres zukünftigen Ehemannes zu ficken, seine Ohren taub für ihr Flehen, um sie dann weinend liegen zu lassen, blutend, zerschlagen und besudelt, wenn die Zeit wieder einsetzte – ah, einen größeren Diebstahl gab es nicht! Das war die pure Selbstsucht, ein Akt des reinen Nehmens, eine göttliche Verkommenheit.
Er kehrte dem Pfad den Rücken, und alle Gedanken an Hurenhäuser waren vergessen. Seine Begegnung mit der Großen Magie hatte ihn verwegen gemacht – die Zeit verrann, und wer wusste schon, wann ihm wieder eine solche Gelegenheit geboten wurde?
»Despirrow.«
Die Stimme ließ ihn erstarren. Kalt und zornig wandte er sich um und fand sich Auge in Auge mit seinem alten Kameraden, der unter einem Baum stand, wo andere ihn nicht sehen würden, und ihn mit festem Blick musterte.
»Was machst du hier?«, zischte Despirrow.
»Dich vor dir selbst retten, wie es scheint«, erwiderte Salarkis.
»Komm später, wenn du reden willst. Ich bin beschäftigt.«
»Ich sehe, was du vorhast, Despirrow. Glaubst du nicht, dass sie vielleicht Obacht geben und nur auf ein Zeichen von uns warten und lauschen?«
»Ich fürchte Braston nicht.«
»Wie wäre es mit ihm und Yalenna zusammen? Glaubst du nicht, sie werden davon hören, dass eine Braut behauptet, während ihrer Hochzeitszeremonie vergewaltigt worden zu sein … oder einfach verschwindet, falls du geplant hast, sie zu töten, sobald du mit ihr fertig bist? Denkst du nicht, es wird sie zu dir locken wie die Motten zum Licht?«
»Ich kann anschließend von hier verschwinden.«
»Bevor du auch nur einen Fuß nach Saphura setzt? Hast du nicht den Wunsch, seine Straßen wiederzusehen, seinen Wein zu trinken?«
»Du kannst mitmachen!«, zischte Despirrow. »Nach mir kannst du haben, was von ihr noch übrig ist!«
Salarkis kicherte. »Es würde mir nicht gefallen, meinen Fisch in deine Brühe zu tauchen, selbst wenn ich den Fisch hätte … was nicht der Fall ist, das hast du doch nicht vergessen?« Er wurde stählerner. »Es sind nicht nur Braston und Yalenna, die hinter uns her sind, Despirrow. Es ist auch Karrak.«
Sehnsüchtig betrachtete Despirrow das Paar, das sich zum Kuss vorbeugte, um seine Vereinigung zu besiegeln. Während die Zuschauer applaudierten und jubelten, wusste er, dass der kostbarste Moment verloren war. Oh, er konnte sie später wiederfinden, aber es würde nicht das Gleiche sein – dann würde sie einfach irgendeine Frau sein, nicht länger die Braut auf ihrer Hochzeitsbühne.
Salarkis’ letzte Worte drangen endlich zu ihm durch.
»Was?«
»Karrak. Er ist nicht länger einer von uns. Er hat die Seiten gewechselt, hat sich ihnen angeschlossen.«
»Nein.« Despirrow konnte nicht anders, er musste lachen. »Karrak? Gut geworden? Ich glaube es nicht.«
»Es ist die Wahrheit.«
»Warum? Wie?«
»Er hat die ganze Zeit, während wir geschlummert haben, gelebt. Die Zeit hat ihn verändert, zum Besseren oder Schlechteren, je nachdem, wo du stehst.«
Das Paar kam herunter, um zwischen seinen Gästen umherzugehen, die sie mit Blütenblättern bewarfen. Despirrow runzelte finster die Stirn.
»Das sind schlechte Neuigkeiten.«
Obwohl er Karrak nie besonders gemocht hatte, war es schwer zu glauben, dass sie jetzt echte Feinde waren.
»Fasse Mut, Kamerad. Du kannst immer noch deinen Spaß haben. Wähle nur deine Opfer etwas weiser.«
»Ich bin kein Wiesel, das sich in dunkle Gassen schleicht! Ich nehme«, Despirrow warf sich in die Brust, »wen ich will!«
Salarkis zuckte die Achseln. »Wie du meinst. Ich werde dann von hier verschwinden, denn Saphura wird für uns alle ruiniert sein.«
Despirrow sackten die Schultern herunter.
»Komm, mein Freund«, sagte Salarkis. »Du hast Gold, nicht wahr?«
»Natürlich.«
Kurz erinnerte er sich an den Kaufmann mit der fetten Börse, dem er auf dem Weg begegnet war, und an seine schöne Tochter. Das war das erste Mal, dass er nach seiner Rückkehr die Zeit angehalten hatte. Die doppelte Versuchung war zu groß gewesen, um ihr zu widerstehen.
»Saphura hat zweifellos immer noch Huren«, sprach Salarkis weiter. »Lindere deine Lust auf die gewöhnliche Weise, nur dieses eine Mal, tu mir den Gefallen. Wenn du das getan hast und dein Verstand wieder arbeitet, wirst du erkennen, dass ich recht hatte. Wenn nicht, verfluche meinen Namen und tu, was du willst.«
Widerstrebend begriff Despirrow, dass man ihm einen guten Rat gab.
»Was ist mit dir?«, fragte er. »Bist du immer noch Forgers
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