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Der Herr der Tränen

Der Herr der Tränen

Titel: Der Herr der Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Bowring
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entgangen?«
    »Gewiss nicht.«
    »Deine königlichen Fadenwirker haben nichts Ungewöhnliches berichtet?«
    »Es wird mit jedem verstreichenden Tag mehr Ungewöhnliches berichtet.«
    »Irgendetwas jedoch, das besonders nach ihm riecht?«
    »Ich werde mich erkundigen.«
    »Gut. Sorg dafür, dass du vor allem ein Auge auf Saphura hast – das war immer sein Lieblingsplatz. In der Zwischenzeit möchte ich euch beide um einen Gefallen bitten.«
    Sie sahen ihn wachsam an.
    »Nichts zu Anstrengendes«, versicherte er ihnen. »Ich reise mit einer Frau, einer Bardin namens Tarzi. Sie ist mir teuer, doch sie weiß nicht, wer ich wirklich bin. Ich möchte, dass das so bleibt.«
    »Ist das fair?«, fragte Braston. »Wenn du sie liebst, warum kannst du nicht …«
    Rostigan fiel ihm ins Wort. »Sie ist diejenige, die mich hierhergeschleppt hat, die allen, die zuhören wollten, laut vorgesungen hat, wie ich gegen die bösen Wächter kämpfe. Was denkt ihr, wie sie reagieren wird, wenn sie meinen alten Namen erfährt?«
    »Komm schon, Braston«, meinte Yalenna. »Es ist keine große Sache.«
    »Was wird sie dann«, gab Braston zu bedenken, »von der Aufmerksamkeit halten, die wir dir zuteilwerden lassen?«
    Rostigan lächelte. »Oh, das wird sie ohne Mühe wegstecken. Ich bin schließlich der große Rostigan Schädelspalter.«

DESPIRROW
    Die Taverne war kühl und still, und nur vereinzelte Sonnenstrahlen fielen durch die kleinen Fenster. Despirrow saß neben einem solchen Strahl, der an ihm vorbei den verlassenen Tisch in der Mitte des Schankraums traf. Die einzigen anderen anwesenden Gäste waren zwei mürrische, alte Trinker, die hier ihre Stunden vertrödelten, während der Rest des Dorfes den täglichen Geschäften nachging.
    Er musste deplatziert wirken, das wusste er. Hier gab es sonst nichts als Bauern weit und breit, untersetzte, schlicht gekleidete Menschen. Er dagegen war bleich und dünn, und er trug ein tief ausgeschnittenes, durchsichtiges, blaues Hemd und dazu eine silberne Kette auf der Brust. Seine Finger waren geschmückt mit einer Vielzahl blendender Ringe, die aneinanderklirrten, wenn er seinen Becher hob, Aufmerksamkeit heischten und die Trinker auf amüsante Weise ärgerten. Es war nicht ganz die prächtige Mode seiner Tage bei Hof, aber er hatte notgedrungen etwas zurückstecken müssen, denn eigentlich versuchte er, unbemerkt zu bleiben.
    »Kann ich dir einen frischen Becher bringen, Herr?«
    Die Kellnerin war ein gesundes, braunhaariges Mädchen, der einzige Funken Leben an diesem Ort. Er schenkte ihr ein hübsches Lächeln.
    »Bitte, meine Liebe. Und herzlichen Dank.«
    Er hatte bereits einige Becher intus und begann die Wirkung zu spüren. Dieses selbst gebraute Bier war nicht ganz der klare, erfrischende Wein, nach dem es ihn dürstete, aber es erfüllte seinen Zweck.
    Als die Kellnerin davonging, beobachtete er mit einigem Interesse ihr Hinterteil.
    »Also, was bist du für einer, hm?«
    Einer der Trinker, die ihn schon länger anstarrten, hatte endlich den Mut gefunden, das Wort an ihn zu richten, während der andere kicherte.
    »Nur ein bescheidener Reisender, Herr«, antwortete er hochtrabend. »Unterwegs, die Welt zu sehen.«
    »Siehst für mich nach einem launischen Edelmann aus. Einem, der seinen König verloren hat!«
    Sie lachten, und er bedachte sie mit einem gepressten Lächeln.
    »Da ist vielleicht ein Körnchen Wahrheit dran«, bemerkte er.
    »Das möchte ich wetten!« Der Trinker schlug auf den Tisch. »Das möchte ich wetten!«
    Despirrow wollte sie nicht allzu sehr ermutigen, damit sie nicht übertrieben vertraulich wurden. Er entwickelte großes Interesse an der Inspektion seiner Nägel.
    »Ich entschuldige mich für die beiden, Herr«, murmelte die zurückkehrende Kellnerin. Sein Blick flackerte über ihren Busen, als sie sich vorbeugte, um einen Becher vor ihn hinzustellen, und dann zurück zu ihrem Gesicht, bevor sie ihn ertappen konnte. Sie hatte jedoch nichts bemerkt, denn sie warf ihrerseits verstohlen einen Blick auf seine glitzernden Ringe.
    »Ist schon gut«, antwortete er. »Ich gehe davon aus, dass sie sich morgen nicht an mich erinnern werden, und ich werde danach trachten, ihnen den gleichen Gefallen zu tun.«
    Sein Witz schien an sie verschwendet. Sie nickte leicht, schaffte es aber nicht, das Kichern hervorzubringen, auf das er gehofft hatte. Er konnte jedoch erkennen, dass seine Gewandung und zweifellos sein gutes Aussehen sie beeindruckten.
    »Wie heißt du denn,

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