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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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der Tischkante festzuklammern. Vermutlich wurde ihm gleich schwarz vor Augen. »Laura …«, begann er, wusste aber nicht, wie er fortfahren sollte.
    Sie legte ihre Hand auf die seine. »Du glühst ja!«
    »Sagt dir der Name dei Rossi etwas?«
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    »Du meinst Emanuele dei Rossi? Den armen Uhrmacher, der
    die Lebensuhr meines Vaters geschaffen hat und kurz danach auf so schreckliche Weise umgebracht worden ist?«
    »Genau der. Er … war mein Vater.«
    Lauras Hand zuckte zurück. Ihre Augen wandten sich von ihm ab, um auf dem Schreibtisch unstet nach irgendeinem Halt zu suchen. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Niklas. Das kann nicht wahr sein. Der Meister hatte nur einen Sohn, und der wurde ebenfalls umgebracht.«
    »Hat dein Vater dir das erzählt?«
    »Da kannst du jeden in Nettuno fragen.«
    »Manche erzählen auch, Nico dei Rossi sei lediglich ver-
    schwunden. Und das bin ich auch. Jahrelang habe ich als Niklas Michel in Wien gelebt, und als der bin dann auch zurückgekehrt.«
    Ihr Blick wandte sich ihm wieder zu. »Wozu? Um die Uhr deines Vaters zurückzufordern?«
    Er schüttelte den Kopf und erwiderte traurig: »Dazu bräuchte ich keine zwei Jahre, Laura. Kannst du dir nicht denken, was der Grund meiner Rückkehr ist?«
    »Du … suchst den Mörder deines Vaters?«, flüsterte sie.
    »Das ist gar nicht nötig. Ich habe den Mord mit angesehen.
    Der Mörder weiß es. Er hat mich verfolgen und zwei weitere Menschen umbringen lassen, weil er glaubte, sich dadurch des einzigen Zeugen seiner Tat entledigen zu können.«
    »Und … wer ist …?« Ihre Stimme erstarb.
    Nico war voll bitterem Schmerz. Zu der entscheidenden Antwort fehlte ihm die Kraft. Er konnte Laura nur qualvoll anblicken.
    Aber offenbar genügte ihr das.
    Sie begann den Kopf zu schütteln. »Nein«, hauchte sie. Trä-
    nen ergossen sich über ihre Wangen. Die Bewegung ihres Hauptes wurde heftiger, geradezu trotzig. »Nein! Das kann nicht sein«, stieß sie hervor.
    Ohne sich dagegen wehren zu können, fühlte Nico, wie sich sein Herz in einen kalten Stein verwandelte. »Doch«, sagte er 244
    ruhig. »Verstehst du jetzt, warum ich all die Monate lang geschwiegen habe, wenn du mich nach meinem Geheimnis gefragt hast? Dir verdankt dein Vater sein Leben, denn wenn du nicht da gewesen wärst, dann hätte ich ihn in der Nacht, als der Blitz die Uhr des Kommunalpalastes zerstörte, umgebracht. Aber seine Tat darf nicht ungesühnt bleiben. Ich habe gesehen, wie er meinem Vater ein Messer in die Brust rammte. Wegen eines unglücklichen Zitats im Deckel der von ihm in Auftrag gegebenen Taschenuhr. Du hast sie selbst lange genug aufgezogen und kennst die Worte.«
    »›Die Zeit geht hin, und der Mensch gewahrt es nicht‹?«, flüsterte Laura mit glasigen Augen.
    »Kannst du immer noch zu ihm stehen, wo du jetzt weißt, was er getan hat?«
    Ihr Blick wanderte fahrig durch den Raum, bis er schließlich auf seinem Gesicht verharrte. Obwohl sie den Mund öffnete, brachte sie zunächst keinen Laut heraus. Nur ihre Unterlippe zitterte, und ihre Miene verriet die tiefe Verzweiflung, die sich in ihre Seele brannte. Schließlich antwortete sie mit kaum hörbarer Stimme.
    »Nein.«
    »Was hast du gesagt?«
    Sie starrte erneut die Schreibunterlage an und schüttelte dabei entschieden den Kopf. »Mein Vater ist kein Mörder.«
    »Aber …«
    »Manchmal ist er jähzornig, das stimmt. Aber er bringt keine Menschen um. Vielleicht hast du einen Ringkampf gesehen. Oder es war ein anderer, der nur aussah wie er. Immerhin warst du noch ein Kind und …« Ihre Stimme erstickte in einem Schluchzen.
    »Laura«, flehte er inständig. »Meine Kindheit starb in der Nacht des 2. April 1932, als ich deinen und meinen Vater miteinander streiten sah. Der Mord geschah nur wenige Schritte von mir entlernt in einem hell erleuchteten Zimmer. Ich war im dunklen Flur und konnte alles hören und sehen. Es gibt keine Zweifel. Der angeblich so ehrenwerte Don Massimiliano hat …«
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    »Schweig!«, zischte sie, und ihre Stimme klang plötzlich so kalt wie Eis.
    »Bitte, Laura …!« Er verstummte, weil sie ihm abrupt das trä-
    nenfeuchte Gesicht zugewandt hatte.
    Ihre Augen funkelten ihn zornig an. »Ich will dich nie mehr sehen, Nico dei Rossi. Und wenn du nicht im Gefängnis landen willst, dann verlass sofort das Haus! Oder ich rufe meinen Vater.«
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    Wien, 1938

    s war ein Wettlauf, den sich niemand wünschte. Den Ver-
    Elierern drohte der Verlust der eigenen Existenz. Als Hitler im

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