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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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gelassen, Professor Zolli. Sie können dem Polizeichef Kappler mitteilen, dass Sie ihre fünfzig Kilo Gold beisammen haben.«
    Nico überbrachte die gute Nachricht sofort Johan und Lea in der Via Dandolo.
    »Der Papst glaubt wohl, mit fünfzehn Kilogramm Gold die
    Schuld begleichen zu können, die er mit seinem jahrlangen Schweigen auf sich geladen hat«, grunzte Johan.
    »Schmonzes!«, konterte Lea. »Anstatt froh zu sein, beklagst du dich.«
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    »Aber warum hat er das Moos nicht aus seiner Privatschatulle vorgestreckt? Ich denke, er ist stinkreich. Er hätte uns verrecken lassen, wenn seine Schäfchen in den Pfarreien pleite gewesen wären?«
    »Ich kehre jetzt nach Nettunia zurück«, warf Nico ein. Manchmal ging ihm das Gezeter seines in die Jahre gekommenen Meisters gehörig auf die Nerven.
    »Was? Sofort?«, wunderte sich Johan.
    »Bleib wenigstens noch die nächsten drei Tage bei uns, Nico!
    Morgen beginnt doch Rosch Haschana«, erinnerte Lea ihn an das jüdische Neujahrsfest.
    »Darum schert sich Manzini wenig. Ich muss so schnell wie möglich seine Pläne aufdecken. Möglicherweise finde ich etwas in seinem Tresor, das ihn sogar bei den Deutschen in Ungnade fallen lässt.«
    »Pah! Und ich dachte, du willst ihn vor ein ordentliches Gericht bringen. Glaubst du allen Ernstes, die Nationalsozialisten wissen überhaupt, wie man das Wort ›Recht‹ buchstabiert?«
    »Vorerst würde es mir genügen, wenn sie ihn einsperren. Au-
    ßerdem kann ich den Gedanken nicht ertragen, dass er mit seinen blutbefleckten Wurstfingern immer noch die Uhr meines Vaters an-grabscht. Er hat sie nie bezahlt, also gehört sie rechtmäßig mir.«
    Johan schüttelte den Kopf. »Manchmal kommt es mir so vor, als hätte ich dir gar nichts beigebracht. Dann geh halt hin und räum seinen Panzerschrank aus.«
    »Wenn das so einfach wäre! Deshalb bin ich eigentlich zu
    euch nach Rom gekommen. Ich wollte euch um Rat fragen.
    Manzinis Arbeitszimmer wird von einem schießwütigen Fiesling bewacht.«
    »Du bist doch der Leblosen Liebling. Lass dir etwas einfallen, um diesen Burschen für eine Weile kaltzustellen.«
    »Gerne, wenn du mir sagst wie. Dieser Guido Valletta gehört zur Banda Koch …«
    »Eine paramilitärische Einheit aus ehemaligen Polypen und Spitzeln – ich habe davon gehört.«
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    »Na jedenfalls, wenn er sich mal aufs Ohr haut, dann springt ein anderer Kumpan für ihn ein. Ich glaube, in das Zimmer komme ich nur mit der Infanterie, und ihr wisst, dass mir so etwas nicht liegt.«
    »Na, dann hat meine Erziehung wenigstens ein Gutes gehabt.
    Gewalt erzeugt immer Gegengewalt, mein Junge, das darfst du nie vergessen.«
    Nico nickte betrübt. »Was soll ich jetzt tun? Durch Wände gehen kann ich nicht, aber ich muss noch einmal in Manzinis Büro.«
    Johan zupfte sich gedankenverloren an einem Haar, das ihm aus der Nase ragte. Plötzlich hellte sich seine Miene auf. »Stell dir vor, der Bursche würde überraschend dienstunfähig, und mit überraschend meine ich von jetzt auf gleich, sozusagen.«
    »Aber das habe ich doch gerade erklärt. Die haben so etwas wie einen Dienstplan. Ein anderer wird ihn vertreten und …«
    »Dann musst du es eben so aussehen lassen, als sei für diesen Ersatz gesorgt. Der Bursche darf keine Gelegenheit zum Nachdenken haben. Er muss fluchtartig das Haus verlassen. Dann könntest du die Gelegenheit nutzen und dich in Manzinis Tresor umsehen.«
    Nico stöhnte. »Das sagt sich so leicht. Wie soll ich das anstellen?«
    Johan grinste schelmisch. »Ich hätte da eine Idee …«

    Nach etwa sechzig Minuten war Nico bereits wieder auf der Straße. Es wurde bereits dunkel, und er wollte so schnell wie möglich nach Nettunia zurück. Er hatte sein Motorrad im oberen, am Fuße des Gianicolo gelegenen Teil der wie ein U geformten Via Dandolo abgestellt, in dem die betuchteren Bürger der Stadt residierten. Das Versteck von Johan und Lea lag weiter unten, wo sich das einfache Volk in teilweise schon jahrhundertealten Wohnhäusern drängte.
    Schon wenige Schritte, nachdem er das Gebäude verlassen
    hatte, bemerkte er in vielleicht vierzig Metern Entfernung einen 317
    Mann mit Hut, der eilig in einer Seitenstraße verschwand. Der Ledermantel des Unbekannten harmonierte auffallend mit einem schwarzen Fahrzeug, das etwas näher am Straßenrand stand.
    Drinnen saß, reglos wie eine Puppe, ein zweiter Mann mit ähnlicher Kopfbedeckung.
    Nico bückte sich rasch und nestelte an seinem Schnürsenkel herum. Die Sache

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