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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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mit Laura durch den Frühling gebraust, und es hatte ihn in der dunkelsten Zeit seines Lebens begleitet. »Ich weiß, dass ich mehr von dir verlange, als man einem treuen Freund zumuten darf, aber wenn du mir jetzt 466
    nicht hilfst, dann werden diese Menschen bei lebendigem Leibe verbrennen. Lass mich nicht im Stich, Albino!«
    Er stellte die Zündung ein und trat das Anlasserpedal nieder.
    Der Motor heulte vor wilder Entschlossenheit auf. Nico legte den Gang ein und setzte das Gefährt vorsichtig in Bewegung, bis sich das Kabel straffte. »Jetzt zieh, Albino!«, feuerte er das Kraftrad an.
    Nach menschlichem Ermessen erwartete er Unmögliches.
    Das Hinterrad drehte durch. Er nahm wieder etwas Gas weg
    und setzte erneut an. »Du alter Dickhäuter kannst auch ruhig ein wenig mithelfen«, schrie er zum Panzer hinauf. Das auf den Steinplatten durchdrehende Gummi begann zu rauchen, und der Motor gab beängstigende Geräusche von sich, aber Albino legte sich weiter ins Zeug. »Du schaffst es!«, spornte ihn Nico an, obwohl der brennende Panzer sich nicht um einen Millimeter bewegte. Der wie eine große, wild gewordene Hornisse brummende Motor übertönte jetzt sogar das Geschrei aus der Kirche. »Zieh!«, schrie der Reiter auf dem schwarzen Eisenross und drehte sich zu dem Kettenfahrzeug um.
    Plötzlich bewegte sich die Kanone. Der Panzer ruckte nach vorn. Das Gleichgewicht verlagerte sich. Einen Moment lang balancierte er wie eine Balkenwaage hin und her, dann kippte er mit der Kanone voran nach unten. Albinos stählernes Herz heulte noch einmal lauter auf, und das Unfassbare geschah. Das Motorrad zog den ins Rutschen geratenen Panzer noch über den Absatz hinweg bis zum Fuß der Treppe hinab. Abrupt kam das ungleiche Gespann zum Stehen.
    Nico flog über den Lenker hinweg und rollte sich mehr
    schlecht als recht auf dem Pflaster ab. Das Eisenross kippte zur Seite. Ein haarsträubendes, metallisches Knirschen drang aus Albinos Herzen. Dann kehrte Stille ein.
    Benommen taumelte Nico zum Motorrad zurück. Er legte
    seine Hand auf den Tank und murmelte: »Du bist vielleicht leblos, aber nicht tot. Warte, bis ich wiederkomme.«
    Oberhalb der Treppe hörte er ein ächzendes Geräusch. Die
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    zweiflüglige Tür öffnete sich. Laura? Ihr Name scholl durch die Hallen seines Bewusstseins mit der Kraft von tausend Orgelpfeifen.
    Er reckte den Hals, stieg langsam die Stufen empor. Wo war sie?
    Männer, Frauen und sogar zwei Kinder drängten aus der Kirche.
    Die Vorhut bildeten Orlando und Dante Castaldi, die zwei Bä-
    ckerbrüder. Sie erkannten sofort die von dem brennenden Panzer ausgehende Gefahr und scheuchten die verängstigten Menschen in Richtung der Via San Giovanni seitlich die Treppe hinab.
    Nico eilte zu Orlando. »Ist Donna Laura da drinnen?«
    »Äh! Ich glaube nicht. Aber ich könnte mich irren. Wir hatten da drinnen nur das Licht von ein paar Votivkerzen. Außerdem herrschte, nachdem die Deutschen uns in die Kirche getrieben haben, ein ziemliches Durcheinander.«
    »Geht es euch gut?«
    »Ja. Es war knapp, aber die Flammen sind noch nicht durch die Türen gedrungen. Wir müssen sie dringend löschen, bevor das Feuer auf die ganze Kirche übergreift.«
    »Kannte niemand von euch den geheimen Ausgang in der
    Krypta?«
    »Hier? In San Giovanni? Nein. Mein Gott! Von den Höhlen
    habe ich selbstverständlich gewusst, aber …« Der Bäcker schüttelte fassungslos den Kopf.
    »Ich muss nach meinem Mädchen sehen«, sagte Nico.
    Orlando legte ihm die noch vom Mehl weiße Hand auf die
    Schulter. »Wir verdanken dir unser Leben, Don Nico. Jetzt geh und rette deine Zukunft. Das hier schaffen wir auch ohne dich.«
    »Danke.«
    Nico lief an den lodernden Toren vorbei in die Kirche. Er wollte schon aufatmen, weil niemand mehr zu sehen war, aber da hörte er ein leises Wimmern. Das Geräusch kam aus der Nähe des Altars. Rasch holte er sich eine noch brennende Opferkerze und durchquerte das Kirchenschiff. Rechts vor der Treppe, die zum Chorraum hinaufführte, gab es einen Durchgang. Dahinter lag eine der zugenagelten Seitentüren. Er folgte dem leisen Klagen bis in die Cappella del Carmine, die links vom Hinterausgang lag.
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    Da kniete, im schwachen Kerzenlicht kaum zu erkennen, eine Frau in hellem Kleid. Langes schwarzes Haar floss ihr über den Rücken. Nicos Herz machte einen Satz.
    »Laura?«
    Die Weinende reagierte nicht.
    Er lief zu ihr und rief erneut Lauras Namen.
    Endlich drehte die Frau sich um. Als Nico ihren

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