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Der Herr der Unruhe

Der Herr der Unruhe

Titel: Der Herr der Unruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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können?«
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    »Ehrlich gesagt …«
    »… ist Ihnen das bei der Betrachtung einer einzelnen, ganz wunderhübschen Blume völlig entgangen, nicht wahr?« Der alte Seelenhirte zwinkerte Laura zu, und sie zauberte Fältchen auf ihre Nase.
    Nico grinste schief.
    Padre Giacomo Lo Bello mochte an die siebzig sein, war für sein Alter aber erstaunlich agil. Nico und Laura mussten sich anstrengen, um den durch die Gassen Genzanos flitzenden Alten im Gewühl der Festtagsbesucher nicht zu verlieren. Endlich erreichten sie das Rathaus, in dessen Keller sich der Eingang zu den Blumenhöhlen befand. Eine eiserne Pforte versperrte den Zutritt.
    Der Priester besaß den dazu passenden Schlüssel.
    Wenig später befanden sie sich in der Unterwelt.
    »Seit Anbeginn der Zeit graben die Menschen der Gegend
    schon im Tuffstein«, erklärte Padre Giacomo im Vorangehen. In der Rolle des Fremdenführers fühlte er sich erkennbar wohl. »Sozusagen jeder Keller in der Stadt hat seine eigene Höhle. Etliche sind sogar untereinander verbunden. Hier unten bleibt es das ganze Jahr über kühl. Einige Höhlen sind so kalt, dass die römischen Kaiser darin bis in den Sommer hinein ihr Eis lagerten, um sich allerlei kulinarische Extravaganzen zu erlauben. Sie fragen sich bestimmt, wozu die vielen Rahmen und Holzböcke da sind, mein Sohn.« Er zeigte mit dem Kinn auf einen Stapel armbreiter, an der Tunnelwand lehnender Schubladen.
    Nico deutete zu einem Häuflein Blätter auf dem Boden. »Vermutlich damit die Blumen von allen Seiten Luft bekommen und nicht faulen. Da liegen ja noch ein paar.«
    »Das sind die kläglichen Reste der Dekoration unseres diesjährigen Corpus Christi. Aber Sie haben Recht. Einige Beerenarten lagern viele Wochen hier. Sie hätten uns vor vierzehn Tagen zusehen sollen, als wir die frisch gepflückten Blüten auf die Kästen verteilt haben. Es duftete wie im Paradies.«
    »Ich finde, das Aroma liegt immer noch in der Luft. Das alles ist … erstaunlich!« Nico spürte, wie sich Lauras Hand an seinem 223
    Arm hinaufarbeitete und ihn schließlich unterhalb der Achsel fest umklammerte. Sie räusperte sich.
    »Padre Giacomo?«
    »Ja, mein Kind?«
    »Ich wollte Sie etwas fragen.«
    Seine dunkelblauen Äuglein funkelten. »Dann ist das jetzt ja wohl ein günstiger Augenblick, nicht wahr?«
    »Wenn Niklas und ich eines Tages heiraten wollen, würden Sie uns trauen?«
    Nico war wie vom Schlag gerührt. Alles Blut fiel aus seinem Kopf und schien geradewegs im Tuffstein zu versickern. Wenn Laura ihn nicht gehalten hätte, wäre er vermutlich zusammengebrochen.
    »Hast du ihn denn schon gefragt?«, erkundigte sich der Seelsorger.
    »Es sollte eine Überraschung sein.«
    »Die ist dir offenbar gelungen. Er sieht ganz blass aus. – Möchtest du dieses Mädchen ehelichen, mein Sohn?« Die Frage war an Nico gerichtet.
    Er öffnete zwar den Mund, brachte aber keine Antwort heraus.
    »Vielleicht sollten wir ihm noch etwas Zeit geben«, schlug der Priester vor.
    »Aber wenn Niklas ja sagt, würden Sie es tun?«, hakte Laura nach.
    »Es muss doch einen bestimmten Grund geben, warum du mit
    der Frage ausgerechnet zu mir kommst.«
    »Sie haben mich getauft, Padre Giacomo.«
    »Neuntes Gebot: Du sollst nicht lügen.«
    »Das neunte Gebot heißt aber …«
    »Ich weiß, wie es heißt, meine Tochter. Manchmal muss man die Sache auf den Punkt bringen. Warum kommst du mit diesem Anliegen zu mir? Du weißt, dass dein Vater mich nicht sonderlich mag.«
    »Ich glaube, er könnte sich auch nur schwer an den Gedanken gewöhnen, Niklas als Schwiegersohn zu bekommen.«
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    »Aha, jetzt kommen wir der Sache schon näher. Wie lange ist das her, dass ich dich nass gespritzt habe?«
    »Meine Taufe? Ich bin am 2. April neunzehn geworden, falls es das ist, worauf Sie hinauswollen, Padre.«
    »Warte, bis du volljährig bist. Dann kannst du frei entscheiden, wen du heiraten willst. Theoretisch.«
    »Don Massimiliano würde sie enterben«, brummte Nico, der
    sich des Eindrucks nicht erwehren konnte, nur eine Statistenrolle in dieser Szene zu spielen.
    »An Vaters Geld liegt mir nichts«, sagte Laura schnippisch.
    »Und an seiner Gunst?«, konterte er. »Bisher hatte ich immer das Gefühl, du behandelst ihn wie einen Heiligen. Wenn ich mal etwas Kritisches über ihn gesagt habe …«
    »Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun«, unter-
    brach sie ihn empört.
    »Hört, hört, der junge Bräutigam hat den Schwiegervater
    kritisiert. Das gefällt mir«,

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