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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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Maximilian hatte mit seiner Nachdenklichkeit auch die anderen angesteckt, und so fragte sich niemand, warum das so war.
    Garth und Joseph ritten auf ihren Pferden vor dem kleinen Zug her. Fünfzehn oder zwanzig Schritt hinter ihnen ging, in Geheimnisse gehüllt wie in einen dicken Mantel, Ravenna. Ihr folgten in zehn Schritten Abstand Maximilian und Vorstus.

    Der Prinz hatte die Kleider abgelegt, in denen er seine Forderung erhoben hatte, und trug nun die graubraune Tracht eines Waldhüters – aber Garth fand, daß die Erhabenheit seiner Bestimmung selbst dieses grobe Gewebe durchstrahlte.
    Niemand hätte ihn übersehen können.
    Maximilian und Vorstus erörterten leise den sichersten Weg nach Ruen (durch die Wälder, so lange es möglich war, dann im Schutz der Dunkelheit über die Ebenen) und die wesentlich heiklere Frage, wie sie sich verhalten sollten, wenn sie dort eintrafen. Um Cavor den Thron streitig zu machen, mußte der Prinz irgendwie in den Palast gelangen. Wie stellte man das am besten an? Vorstus faßte Maximilian am Arm, und seine Stimme wurde noch leiser.
    Der Morgen war klar und, soweit Garth durch die dichten Äste sehen konnte, auch sonnig. Er saß in lässiger Haltung im Sattel und beschloß, sich keine Sorgen mehr zu machen, solange sie noch so weit von Ruen entfernt waren. Joseph sah lächelnd zu ihm herüber, richtete aber den Blick gleich wieder auf den Pfad; das Sonnenlicht zeichnete helle Flecken auf das tote Laub, das den Boden bedeckte. Staunend spürte der Heiler den tiefen Frieden, von dem dieser Wald durchdrungen war.
    Zu seiner Rechten raschelte es leise. Er drehte den Kopf zur Seite. Vielleicht ein Dachs, der das Unterholz durchstöberte.
    Doch statt dessen sah er blanken Stahl aufblitzen.
    Und der Friede des Waldes war jäh zerstört.
    Zehn Minuten zuvor hatten die Kundschafter gemeldet, ein Stück weiter vorn bewege sich etwas. So hatte der kampferfahrene Egalion genügend Zeit gehabt, vor einer besonders schattigen Stelle den Hinterhalt aufzubauen, bevor die beiden Reiter auftauchten. Egalion hatte sich am Hof aufgehalten, als Joseph Baxtor vor fast zwei Wochen Cavors Wunde behandelt hatte, und erkannte die beiden sofort.
    Und er wußte auch, daß sie verdächtigt wurden, den Ausbruch des Sträflings geplant und durchgeführt zu haben.
    Egalion gab mit einem knappen Handzeichen den Befehl zum Angriff – weder der Heiler noch sein Sohn konnten noch entkommen. Wenige Herzschläge später waren sie von Schwertern umringt. Sie wurden bleich vor Schreck, und ihre Pferde warfen verstört die Köpfe.
    Die Fußgänger, die hinter den Baxtors kamen, bemerkte Egalion zu spät.
    Zuerst sah der Hauptmann die junge Frau – sie fuhr herum und stemmte sich mit beiden Händen gegen einen hoch gewachsenen schwarzhaarigen Mann, der beim Anblick der umzingelten Reiter nach vorn stürmen wollte.
    Der Mann war auffallend blaß, seine großen blauen Augen sprühten vor Zorn, und er öffnete den Mund, um den Soldaten etwas zuzurufen.
    Ein zweiter Mann, älter und mit einer kleinen Mönchsglatze, packte ihn von hinten an den Armen und bemühte sich ebenfalls, ihn zurückzuhalten.
    Egalion gab seinem Pferd die Sporen und sprengte an den Soldaten vorbei, die nun alle die Baxtors umdrängten. Diesen Mann mußte er sich schnappen, bevor er entkommen konnte.
    Es konnte kein anderer als der Sträfling sein – wen sonst sollten die Baxtors in diesen Wäldern verstecken? –, und er durfte ihm nicht durch die Lappen gehen, denn ohne ihn hätte auch die Gefangennahme der beiden Baxtors keinen Wert.
    Wegen des Mädchens und des Mönchs machte sich Egalion weiter keine Gedanken; das Mädchen war zu zart und der Mönch zu alt, sie konnten einem gepanzerten Reiter nicht ernsthaft gefährlich werden. Und keiner von beiden trug eine Waffe.

    Egalion hatte bereits sein Schwert gezückt, da hielt er inne.
    Das Gesicht des Mannes – des Sträflings – kam ihm bekannt vor, und das verwirrte ihn. Sein Auftreten, seine rechtschaffene Empörung in einem Moment, da jeder andere gezittert hätte, paßten eher zu einem Adligen als zu einem Verbrecher, der sich eigentlich beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten im Schatten hätte verkriechen müssen.
    Egalion stand hoch in den Fünfzigern und konnte sich noch gut an den früheren König erinnern.
    Und auch – wie kam er gerade jetzt darauf? – an den jungen Prinzen, der einst hier in diesem Wald verschwunden war.
    »Maximilian!« schrie die junge Frau und legte die Arme

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