Der Herr des Traumreichs
dankend zu und sah Garth und Ravenna an. »Wollt Ihr mich ernennen?« Seine Stimme war sanfter geworden.
Noch ehe Garth fragen konnte, was damit gemeint sei, antwortete Ravenna in ihrer beider Namen: »Gewiß, Maximilian Persimius.«
Maximilian entspannte sich ein wenig und lächelte. »Ich danke Euch.«
Zuletzt wandte er sich an Vorstus. »Seid Ihr bereit?«
»Ich bin bereit, Maximilian Persimius.«
Maximilian holte tief Atem. »Siebzehn Jahre wurden bereits verschwendet. Ich will nicht länger zaudern.«
Er legte mit flinken, geschmeidigen Bewegungen seine Kleider ab und trat ans Ufer.
»Ertränkt in Kristall mich«, sagte Vorstus leise, aber sehr deutlich. Garth streifte den Mönch mit scharfem Blick. Vorstus hatte gebieterisch und mit tiefem Ernst gesprochen. Garth begriff, daß er nicht mehr Bruder Vorstus vor sich hatte, sondern den ehrwürdigen Abt des Persimius-Ordens.
»Ertränkt in Kristall mich«, wiederholte Maximilian und stürzte sich mit einem anmutigen Sprung in den Teich.
Sein heller Körper tauchte ein und sank tiefer und tiefer, bis er in den grünen Fluten verschwand. Garth hatte mit dem Prinzen den Atem angehalten, doch das kam ihm erst zu Bewußtsein, als ihm die Lungen zu bersten drohten.
Gerade als er dachte, Maximilian sei tatsächlich ertrunken, tauchte sein Kopf genau in der Mitte des Teichs wieder auf. Er strich sich mit beiden Händen das Haar aus dem Gesicht, schüttelte sich und sah sich um.
Als er die wartenden Freunde am Ufer entdeckte, schwamm er mit langen, ruhigen Zügen auf sie zu und stieg aus dem Wasser. Vorstus trat vor und berührte langsam und bedächtig erst Maximilians Stirn und dann seine Brust. »Reingewaschen seid Ihr von aller Schuld, Prinz Maximilian Persimius. Wollt Ihr nun Eure Forderung erheben?«
»Das will ich«, sagte Maximilian, und Vorstus griff in das Bündel, das er neben sich abgestellt hatte, und zog ein langes weißes Seidenhemd heraus. Maximilian streckte die Arme aus, und Vorstus streifte ihm das Hemd über.
Er wartete, bis der dünne Stoff am feuchten Körper des Prinzen herabgefallen war, dann setzte er das Ritual fort.
Diesmal berührte er Maximilians Lippen. »Schwört Ihr, stets nur die Wahrheit im Munde zu führen, Maximilian Persimius?«
»Das schwöre ich«, antwortete Maximilian.
»Dann tragt das weiße Gewand der Wahrheit immer auf der Haut, auf daß es Euch an Euer Gelübde erinnere, Maximilian Persimius.«
Wieder bückte sich Vorstus und zog eine enge braune Hose aus dem Bündel. »Schwört Ihr, dem Stolz zu entsagen und die Demut zu lieben?«
»Ich schwöre es«, antwortete Maximilian leise. Vorstus hielt ihm die Hose hin, und er zog sie an.
»Dann hüllt Euch in das erdige Braun des Todes, Maximilian Persimius. Möge es Euch daran erinnern, daß am Ende Eures Lebens Tod und Verwesung auf Euch warten und der Stolz eine Straße ist, die ins Nichts führt.«
Vorstus griff ein drittes Mal in sein Bündel. Garth, Ravenna und Joseph standen die Tränen der Rührung in den Augen. Das Ritual war bei aller Schlichtheit ungemein würdig und feierlich und zugleich von einer Schönheit, die ans Herz griff.
Nun hielt Vorstus einen purpurroten Mantel in den Händen.
»Schwört Ihr, ohne Zögern Euer eigenes Blut zu vergießen, um Euer Volk zu verteidigen?«
Wieder leistete Maximilian den Schwur, und Vorstus legte ihm zum Andenken an sein Gelübde den roten Mantel um.
Als Vorstus sich beim nächsten Mal aufrichtete, milderte ein Lächeln die Strenge seiner Züge. Nun reichte er dem Prinzen ein Paar derber brauner Stiefel.
»Maximilian Persimius, um nichts als die Wahrheit zu sprechen, in Demut zu leben und Euer Leben einzusetzen zum Schutz Eures Volkes, braucht Ihr viel Mut. So nehmt denn diese Stiefel an als ein Geschenk unseres Ordens und Eures ganzen Volkes.«
Maximilian lächelte und zog die Stiefel an.
Zuletzt reichte Vorstus dem Prinzen das Schwert. Es steckte in einer Scheide aus Gold-und Silberfäden, die an einem kunstvoll gearbeiteten Gürtel hing. »Möge das Licht Euch umgürten und Euch halten mit liebender Hand, Maximilian Persimius«, flüsterte er und schnallte dem Prinzen die Waffe um die Hüften, »denn keiner verdient es mehr als Ihr.«
Er trat zurück. Das Lächeln war erloschen, sein Gesicht war wieder ernst. Erschreckend laut schallte seine Stimme durch den stillen Wald. »Wer ernennt diesen Mann zum Anwärter auf Escators Thron?«
»Ich ernenne ihn!« Ravenna trat vor und rief mit fester Stimme: »Dies
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