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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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Fleisch so viele Heilkräfte, wie er nur aufbringen konnte. Dann trat er erschöpft zurück.
    Cavor seufzte tief auf und drehte den Kopf. Als er seinen Arm sah, fuhr er überrascht zurück. Die Wunde war fast verheilt.
    »Ich reibe die Tätowierung noch mit dieser Salbe ein, Sire.«
    Joseph nahm einen Tiegel vom Tisch. »Dann lege ich einen neuen Verband an, und morgen früh, bevor wir zu den Adern weiterreiten, werden Garth und ich Euch erneut untersuchen –
    wenn Eure Majestät gestatten. In einigen Wochen sehen wir uns die Sache dann ein weiteres Mal an.«
    »Euch zuliebe stehe ich noch vor Sonnenaufgang auf, Joseph«, sagte Cavor trocken. »Und jetzt werdet Ihr mit mir speisen.« Er sah Garth schmunzelnd an. »Bestimmt findet sich eine junge Hofdame, die gern bereit ist, sich um Euren wohlgeratenen Sohn zu kümmern.«
    Garth wurde rot und wäre am liebsten im Erdboden versunken. Die beiden Männer lachten herzlich.
    Die Adern lagen drei Tagesritte nordöstlich von Ruen. Am nächsten Morgen machten sich Joseph und Garth nach einem weiteren Besuch bei König Cavor auf den Weg. Der König war für die Behandlung, die seine Schmerzen gelindert hatte, aufrichtig dankbar gewesen und hatte Joseph noch einmal beschworen, an den Hof zu kommen. Doch Joseph hatte sich nicht umstimmen lassen, sondern höflich erklärt, Narbon sei seine Heimat, und dort wolle er bleiben.
    Als sie die Stadt hinter sich gelassen hatten und ihre Pferde munter durch den sonnigen Morgen trabten, wandte sich Garth an seinen Vater.
    »Woher stammst du eigentlich, Vater? Ich weiß nur, daß du nicht in Narbon geboren wurdest.«
    Joseph lächelte wehmütig in sich hinein. Auf solche Fragen wartete er nun seit fast sechzehn Jahren. »Aus Ruen, mein Junge.«
    Garth drehte sich im Sattel um und warf einen letzten Blick auf die Stadt. »Aus Ruen? Warum bist du nicht dort geblieben?«
    Sein Vater zuckte die Achseln. »Ich brauchte Luftveränderung, Garth. Aber warum fragst du? Gefällt es dir denn nicht in Narbon?«
    Garth schaute wieder nach vorn. Die Straße, die nach Nordosten zu der kleinen Stadt Myrna und weiter zu den Glomm-Minen führte, die gleich dahinter lagen, war fast leer.
    Sie wurde nur von Reisenden benutzt, die in den Adern zu tun hatten, und kaum jemand begab sich freiwillig dorthin.
    »Nur aus Neugier, Vater.« Er hielt inne. »Woher weiß Cavor, wer du bist?«
    »Mein Vater – und nach ihm für einige Jahre auch ich –
    behandelte den alten König und seine Familie.«
    »Was?« Garth fiel aus allen Wolken. »Du hast Prinz Maximilian gekannt?«
    Garth war wie die meisten Escatorianer vom tragischen Schicksal des verschollenen Prinzen tief berührt.
    Josephs Züge wurden weicher. »Ja, ich kannte ihn gut. Als er verschwand, wurde alles anders. Der Palast, die ganze Stadt, alles war so grau und trist, daß ich beschloß, mit Nona fortzugehen und anderswo ein neues Leben zu beginnen. Wir zogen nach Narbon, und fünf Monde später wurdest du dort geboren.«
    Aber Garth wollte nicht von Narbon sprechen. Er strich sich mit einer heftigen Bewegung das lange Haar aus dem Gesicht.
    Warum hatte sein Vater davon bisher nie ein Wort gesagt?
    »Erzähl mir von Maximilian!«
    »Er war zu jung, um so zugrunde zu gehen«, fauchte Joseph,
    »und Escator hat es nicht verdient, seine Linie zu verlieren.
    Cavor ist ein guter und gerechter König, aber die alte Dynastie…«
    Garth fürchtete, seinen Vater mit seinen drängenden Fragen gekränkt zu haben. »Es tut mir leid.«
    »Nein, Junge«, sagte Joseph leise, beugte sich zu seinem Sohn hinüber und klopfte ihm kurz auf die Schulter. »Ich bin es, der sich entschuldigen muß. Ich spreche nur deshalb so selten von Maximilian, weil mich der Verlust immer noch schmerzt. Er war für mich wie ein jüngerer Bruder. Als er verschwand und der König und die Königin – nein, die ganze Stadt – in Trauer versanken, beschloß ich, nach Süden zu ziehen.«
    Er zuckte die Achseln und lachte kurz auf. »Ich weiß nicht, welcher Fluch den Palast traf, als Maximilian verschwand, aber seine Wirkung hält an. Cavor ist kinderlos, und niemand weiß, wie es weitergehen soll, wenn er stirbt.«
    Danach schwiegen sie lange. Nur das Trommeln der Hufe auf dem harten Lehm war zu hören. Westlich der Straße erstreckte sich grünes Weideland bis zur Küste, doch im Osten ragten die Königlichen Wälder auf. Dort war Maximilian verschwunden.
    Er war in meinem Alter, dachte Garth, ein oder zwei Jahre jünger vielleicht. Wie

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