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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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in den Hafen seiner Heimatstadt einlaufen sehen, sich aber bisher kaum Gedanken darüber gemacht, woher sie kamen.
    Zwischen den riesigen Glommbergen standen die eisernen Türme mit den Förderanlagen, die Frachtkörbe und Aufzüge bewegten. Garth konnte im Nebel nur undeutlich unterscheiden, wie sich die großen und kleinen Räder drehten, aber er hörte die Ketten immer weiter in die Tiefe rasseln. Ein lauter Krach ließ ihn zusammenzucken, aber es war nur ein Wagen, der seine Glommladung auf den wachsenden Berg kippte, bevor er wieder in der Erde verschwand.
    Irgendwo unter meinen Füßen schuften Tausende von Männern von morgens bis abends wie die Sklaven, dachte Garth, doch dann fiel ihm ein, daß diese Männer ja gar nicht wissen konnten, wann Morgen oder Abend war.
    Wahrscheinlich arbeiteten sie, bis sie vor Erschöpfung umfielen, schliefen ein wenig und standen wieder auf, um sich weiter zu quälen.
    Und über allem lag ein abscheulicher Gestank. Wenn das Glomm noch feucht aus den Schächten kam, verbreitete es einen durchdringenden Schwefelgeruch. Garth würde sicher Tage brauchen, um sich daran zu gewöhnen. Doch wenn er genau achtgab, spürte er darunter noch etwas anderes.
    Es war der Gestank des Wagens, der ihnen auf der Straße nach Ruen begegnet war, eine Mischung aus geronnenem Blut, Schweiß, Angst und Verzweiflung. Garth wurde sterbensübel davon.
    Ihm kamen unter diesen Bedingungen schon drei Wochen wie ein ganzes Leben vor – wie konnte ein Mensch ein Jahr hier überleben? Zwei Jahre? Oder gar drei?
    Plötzlich ertrug er es nicht länger; würgend beugte er sich aus dem Sattel und erbrach, was er im Magen hatte.
    Unter ihm grollte die Erde; Garth hörte es nicht nur, sondern spürte auch, wie sein Pferd ein Zittern durchlief. Er richtete sich auf, wischte sich den Mund ab und sah sich erstaunt um.
    Weit hinter den Glommhügeln liefen winzige Gestalten wild gestikulierend durch den Nebel. Die Räder drehten sich schneller, als wären auch sie von starker Aufregung erfaßt, und holten die Förderwagen oder Loren mit doppelter Geschwindigkeit an die Oberfläche. Das Rasseln und Klirren war noch lauter geworden.
    Hinter Garth fiel eine Tür ins Schloß. Er fuhr erschrocken zusammen.
    Es war sein Vater. Hinter ihm stand ein älterer, kräftigerer Mann. Beiden stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben.

    »Bei den Göttern!« heulte der Ältere. »Das grausame Meer!
    Es ist durch das Hangende gebrochen!« Er wandte sich ab und lief einigen Männern entgegen, die soeben aus einem Nebengebäude stürzten.
    Joseph faßte Garths Pferd am Zügel. »Du mußt jetzt tapfer sein, mein Junge«, sagte er. Seine Stimme klang heiser. »Nun werden wir doch sofort gebraucht. Da unten ringen Menschen mit dem Tod, und andere schweben in Lebensgefahr.«
    Hinter ihnen schallte wildes Glockengeläut durch die wachsende Dunkelheit.

    Fahrt in die Hölle
    »Wir dürfen auf keinen Fall noch mehr Gefangene verlieren«, knurrte der Wärter, während er mit knappen, sparsamen Bewegungen die Schnalle von Garths Helm schloß. »Wir müssen die monatliche Förderquote erfüllen und liegen schon jetzt zurück. So.«
    Garth spürte die Angst im Magen, aber er ließ nicht zu, daß man sie ihm ansah. Sobald die Glocken zu läuten begannen, hatte ihn Joseph vom Pferd geholt und sich die Tasche mit den Instrumenten und Arzneien geschnappt. Dann waren sie beide zum nächsten Förderturm gelaufen – einem nackten Eisengerüst über einem der Schächte, das die Winden trug, mit denen Loren und Aufzüge in die schwarzen Tiefen befördert wurden.
    »Tut mir leid, mein Junge«, hatte Joseph gemurmelt. Er hatte die Hand um den Arm seines Sohnes gelegt und spürte, wie Garth zitterte. »Aber du mußt mitkommen, ich kann nicht auf dich verzichten.« Ein müdes Lächeln. »Schließlich hast du lange genug darum gebettelt.«
    Sie warteten darauf, in die Grube einzufahren. Schon hörten sie den großen Aufzug mit schrillem Quietschen nach oben rasen. Eine kleine Gruppe von Männern wartete mit ihnen. Es waren ausschließlich Wärter, wahre Muskelpakete, mit Schwertern, Messern und Schlagstöcken bewaffnet. Sie trugen Helme auf den Köpfen und Brustschilde über den kurzen Lederschürzen, die sie um die Hüften gewickelt hatten. Die Füße steckten in Sandalen. Alle waren von Narben gezeichnet.
    Der Wärter, der Garth geholfen hatte, seinen Helm zu schließen, ein hochgewachsener Mann mit schütterem Haar, der auf den Namen Jack hörte, zeigte

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