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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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zu kehren; nun wollte er unbedingt bleiben… wenigstens so lange, bis er eine Vorstellung hatte, was zu tun wäre, um Maximilian zu befreien.
    Als ihm der Gedanke zum ersten Mal gekommen war – er schabte gerade eine Schicht der rötlichgelben Pilze, die im Glomm so prächtig gediehen, vom Arm eines Gefangenen –, hatte er innegehalten. Maximilian befreien? Ja, das war es! Er wollte ihn hier herausholen.
    Aber wie?
    Garth mußte noch einmal mit Sträfling Nummer achthundertneunundfünfzig sprechen. Maximilian mußte doch zumindest einen Verdacht haben, wer ihn hierhergebracht hatte, vielleicht hatte er sich sogar schon Gedanken darüber gemacht, wie eine Flucht zu bewerkstelligen wäre.
    Aber warum hatte er dann noch keinen Versuch unternommen?
    Ja, Garth mußte noch einmal mit Sträfling Nummer achthundertneunundfünfzig sprechen. Aber wenn er auf eigene Faust nach Sohle zweihundertfünf suchte, würde er sich nur verirren. Wie also… natürlich!
    »Jack«, sagte er, als sie am drittletzten Tag auf den Fahrstuhl warteten; Joseph war schon eine Stunde früher eingefahren.
    »Erinnert Ihr Euch noch an jene erste Nacht, als ich hier ankam?«
    Jack grinste. »In dieser Nacht bist du zum Mann geworden.«
    Garth rang sich ein Lächeln ab. »Ihr habt mich zu mehreren Sträflingskolonnen gebracht. Bei der ersten habe ich meinen besten Nadelhalter vergessen.«

    »Bei den Göttern!« fluchte Jack. »Sicher hat ihn einer von den Sträflingen geklaut! Du bist ein Narr, Junge. Beim nächsten Fluchtversuch stoßen sie uns das Ding in den Leib.
    Warum hast du das denn nicht früher gesagt?«
    »Ich habe ihn eben erst vermißt«, log Garth und hoffte, Jack würde ihm glauben. »Wir waren auf Sohle zweihundertfünf, nicht wahr?«
    Jack sah ihn mit schmalen Augen mißtrauisch an. Der Aufzug kam quietschend und ratternd näher. »Du hast ein erstaunlich gutes Gedächtnis für einen Jungen in deinem Alter.«
    »Ach, wißt Ihr«, strahlte Garth, »mein Vater läßt mich jeden Tag lange Listen mit Heilkräutern und Arzneien aufsagen.
    Mein gutes Gedächtnis erspart mir so manche Tracht Prügel.«
    Er stieg in den Korb.
    Jack gab sich damit zufrieden, aber er war noch nicht versöhnt. Sohle zweihundertfünf, das bedeutete einen strammen Fußmarsch durch die Adern. »Kann dir das Ding nicht einer von den anderen Wärtern holen?« Er schlug die Türen zu und setzte den Aufzug in Bewegung. Sie sausten nach unten.
    Garth schluckte. Sooft er auch in diesem Kasten fuhr, an den rasenden Sturz in die Tiefen der Erde konnte er sich nicht gewöhnen – ebensowenig wie an den Gestank, der ihm entgegenschlug, sobald er die Sohle erreichte, wo er jeweils gebraucht wurde. »Es war mein Fehler«, sagte er. »Außerdem würde ich mir einige von den Verletzungen gern noch einmal ansehen. Einer von den Männern hatte ein besonders schlimmes Knie. Ich möchte mich vergewissern, daß alles gut verheilt.«
    Jack brummte verdrossen vor sich hin, aber er nickte. Garth atmete erleichtert auf. Nun konnte er nur hoffen, daß Sträfling Nummer achthundertneunundfünfzig nicht zu einer anderen Kolonne versetzt worden war.
    Das Glück blieb ihm treu. Die Sträflinge arbeiteten nicht allzuweit vom Hauptschacht entfernt an einem Flöz. »Halt!«
    rief Jack den beiden Bewachern zu. »Ist das die Kolonne von Sohle zweihundertfünf?«
    Sie nickten, und Jack winkte Garth nach vorn. »Der Junge sagt, er hat ein Instrument verloren, als er vor etwa zwei Wochen diese Kolonne behandelte. Alles durchsuchen.«
    Garth schämte sich zu Tode, doch ihm waren die Hände gebunden. Die beiden Wärter suchten mit wahrer Inbrunst, obwohl es nur wenige Stellen gab, wo ein Mann in einem Lendenschurz einen Nadelhalter hätte verstecken können.
    Doch endlich traten sie enttäuscht zurück.
    Die Gefangenen fügten sich mürrisch in ihr Schicksal. Solche Schikanen waren keine Seltenheit.
    Jack zuckte die Achseln. »Das Ding könnte auch irgendwo im Stollen versteckt sein.«
    »Nun ja«, sagte Garth langsam, »vielleicht habe ich es ja auch anderswo verloren.«
    »Was?« schrie Jack wütend. »Soll ich dich vielleicht durch das ganze gottverdammte Bergwerk schleppen, damit du diesen verfluchten Nadelhalter suchen kannst?«
    »Nein«, wehrte Garth hastig ab. »Nein, das kann ich natürlich nicht verlangen, Jack. Verzeiht mir, daß ich Euch solche Ungelegenheiten bereite. Aber« – sein Blick wanderte die Reihe entlang und blieb auf dem letzten Mann ruhen –, »wenn ich schon einmal hier

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