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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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empor. »Sire, ich bringe schlechte Nachrichten. Ein Sträfling ist ausgebrochen.«
    Er legte eine dramatische Pause ein. In seinen Augen flammte ein kaltes, bedrohliches Licht auf. »Sträfling Nummer achthundertneunundfünfzig.«
    Selbst hier in den königlichen Gemächern mit dem König als einzigem Zeugen wagte Furst nicht, den richtigen Namen des Mannes laut auszusprechen.
    Cavor sah ihn ungläubig an. »Ein Sträfling ist entflohen? Und um mir das mitzuteilen, reitet Ihr bis nach Ruen?« Ein heftiger Atemzug, die Adern an seinem Hals schwollen an und zuckten.
    »Wenn Ihr mit Eurer Aufgabe überfordert seid, Furst, kann ich Euch jederzeit ablösen lassen. Und jetzt geht mir aus den Augen!«
    »Sire!« Fursts Stimme wurde schrill. Konnte Cavor denn wirklich alles vergessen haben? »Sträfling Nummer achthundertneunundfünfzig… Er wurde auf Euren ganz persönlichen Wunsch hin in die Minen geworfen. Es war Euer erster Befehl nach der Thronbesteigung… Sire.«
    »Das reicht jetzt, Furst! Geht mir aus den…«
    »Sire«, rief Furst verzweifelt. »Ihr müßt doch noch wissen, wer Sträfling Nummer achthundertneunundfünfzig ist?«
    Wie von Sinnen schoß Cavor aus seinem Sessel auf und schritt quer durch den Raum auf Furst zu. Jetzt hinkte er nicht mehr. Der Aufseher zitterte an allen Gliedern. Der König packte den Mann mit einer Hand an seinem roten Haar und riß ihm den Kopf nach hinten. »Ich habe so viele arme Seelen in die Adern gesteckt, daß ich sie unmöglich alle im Gedächtnis behalten kann!« schäumte er.
    »Sire…«
    »Aber wenn die Nummer achthundertneunundfünfzig neu besetzt werden muß, dann wüßte ich schon einen Kandidaten!«
    »Maximilian!« Furst war so außer sich, daß er den Namen laut hinausschrie. »Der Ausbrecher ist Maximilian Persimius!«
    Cavor taumelte zurück, als hätte man ihm ein Messer in die Brust gestoßen. Sein Gesicht wurde aschgrau, die Augen waren weit aufgerissen und starrten ins Leere. »Maximilian?«
    flüsterte er.
    »Es war nicht mein Fehler, Sire«, beteuerte Furst und drückte die Stirn auf den kühlen Marmorboden. »Ein pflichtvergessener Wärter vielleicht, der es an Aufmerksamkeit fehlen ließ. Sicherlich nicht meine… «
    »Der Ausbrecher ist Maximilian!« wiederholte Cavor flüsternd. Er hatte von Fursts Gestammel kein Wort gehört.

    Furst blinzelte unter den Armen hervor. Cavor war wieder ans Fenster getreten, starrte den Aufseher aber immer noch ungläubig an. »Wir haben alles abgesucht, Sire, aber wir können ihn nicht finden.« Joseph Baxtors Worte fielen ihm ein. »Vielleicht ist er in einen aufgelassenen Schacht gestürzt, und sein Leichnam liegt längst im kalten, schwarzen Wasser und verrottet.« Er hob den Oberkörper, blieb aber auf den Knien liegen. »Das wäre doch die beste Lösung, nicht wahr, Sire?« Er grinste.
    Cavor ließ sich langsam in seinen Sessel sinken. Furst nützte die Gelegenheit, um sich zu erheben und an den Kamin zu treten, in dem ein Feuerchen brannte. Hinter den dicken Palastmauern blieb es selbst an den heißesten Tagen kühl. Als er sich seinem König wieder zuwandte, stand dieser da wie vom Donner gerührt. Bei diesem Anblick gewann Furst seine Fassung zurück.
    Cavor sah den Aufseher blinzelnd an. »Ist Maximilian denn noch am Leben!« keuchte er, und sein Entsetzen war nicht zu überhören.
    Furst stieß einen stummen Seufzer aus. »Ja, Sire. Wenn er auf der Flucht nicht umgekommen ist.«
    »Aber wieso? Wie kann das sein? Niemand überlebt dort unten länger als ein oder zwei Jahre. Ich hätte gedacht… er wäre… schon vor Jahren… wäre längst tot… Vor einem natürlichen Tod… in den Adern… konnte ihn doch auch das Mal nicht bewahren… oder doch? Oder doch? Warum habt Ihr mir nicht gesagt, daß Maximilian lebte?«
    »Ihr habt nie danach gefragt«, gab Furst zurück.
    Cavor schwieg lange. Furst bemerkte, wie er geistesabwesend seinen rechten Oberarm betastete.
    »Wieso?« wiederholte Cavor endlich.
    Furst wußte, was er meinte. »Seit siebzehn Jahren schicke ich Sträfling Nummer achthundertneunundfünfzig in die gefährlichsten Stollen«, sagte er und sah den König fest an.
    »Ich ließ ihn an Felswänden arbeiten, die so dünn waren, daß man das Meer dahinter schon sehen konnte – dennoch kam der Wassereinbruch immer erst einen Tag, nachdem ich ihn anderswohin verlegt hatte. Ich ließ ihn an Kolonnen ketten, die von schwersten Krankheiten befallen waren – Pilzseuche, Pest, Schwitzfieber, was immer Ihr

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