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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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Schafen, und Maximilian drehte den Kopf nach rechts und sagte kein Wort mehr.
    Binnen einer Stunde hatten sie alles eingepackt – Vorstus ließ die Schafe in den Hügeln frei –, und sie marschierten nach Osten auf die Königlichen Wälder zu.
    Als es Nachmittag wurde, sah Furst allmählich ein, daß er Maximilian in den Adern nicht wiederfinden würde. Die Wärter hatten jeden Fußbreit des Geländes zweimal abgesucht
    – über wie auch unter Tage.
    Nichts.
    Der Aufseher marschierte in seiner Schreibstube auf und ab.
    »Wie kann das sein?« fluchte er. »Wie?«
    Wie konnte es zu dieser Katastrophe kommen?
    »Hätte ich ihn doch nur töten lassen!« murmelte Furst. Auf einem Schränkchen stand eine Karaffe. Er goß sich einen kräftigen Schluck ein. »Die Schutzwirkung des Mals unter der Narbe muß doch früher oder später nachlassen! Befehl hin oder her, ich hätte den Kerl töten sollen!«
    Aber er hatte es nicht getan, und nur das zählte jetzt noch.
    Sträfling Nummer achthundertneunundfünfzig war nach siebzehn Jahren auf unerklärliche Weise aus den Adern ausgebrochen und hatte sich offenbar in Luft aufgelöst.
    Und Furst würde man dafür zur Rechenschaft ziehen.
    »Verdammt!« knurrte er und warf das leere Glas durch den Raum. Die Angst lag ihm wie ein Eisklumpen im Magen.
    Der Wärter, der vor der Schreibstube Wache stand, zuckte zusammen, als er das Klirren hörte. Dann nahm er hastig Haltung an. Furst hatte die Tür aufgerissen und stolperte die Stufen herab.

    »Ich brauche mein Pferd und eine Eskorte!« schrie er in die Nacht hinaus. »Sofort!«
    Es war ein verzweifelter Ritt durch Nacht und Dunkelheit. Die Pferde jagten durch Myrna, und das Klappern und Klirren ihrer Hufe schallte nur so durch die menschenleeren Straßen.
    Anya saß in ihrem Haus, und als sie den Lärm hörte, lächelte sie ihren Mädchen zu. Hinter Myrna rissen die Reiter den Pferden die Köpfe herum und sprengten auf der Straße nach Süden. Nach Ruen.

Schlechte Nachrichten
    »Sire?« Cavor hatte am Fenster gestanden. Nun drehte er sich um und sah den Zeremonienmeister finster an. Sein Gesicht war bleich und verkniffen, und als er zu seinem Sessel ging, schonte er das linke Bein ein wenig. »Was gibt es?«
    »Sire, Ihr habt Besuch.«
    »Und? Wie alt muß ich werden, bis Ihr mir sagt, wer es ist?«
    Der Zeremonienmeister trat unruhig von einem Fuß auf den anderen. Der König war schon seit Tagen schlechter Laune. Er hielt sich fast die ganze Zeit in seinen Gemächern auf und empfing niemanden außer seiner Gemahlin und seinem noch amtierenden Leibarzt Oberon Fisk. Er hatte sich ausdrücklich verbeten, mit Besuchern belästigt zu werden, aber der Mann, der draußen wartete, hatte sich nicht abweisen lassen.
    Cavor ließ sich vorsichtig in seinen Sessel sinken. »Nun?«
    schrie er.
    »Der Aufseher aus den Glomm-Minen, Sire«, sagte der Zeremonienmeister hastig. »Fennon Furst.«
    Cavor erstarrte und sah den Zeremonienmeister durchdringend an. Dann nickte er ruckartig. »Führt ihn herein.«
    Der Zeremonienmeister hatte es so eilig, den Raum zu verlassen, daß er fast gestolpert wäre.
    Furst betrat die Gemächer des Königs so unauffällig und leise wie ein Wasserrinnsaal, das durch einen Spalt in einer Felswand sickerte. Die Hände hatte er fest vor der Brust gefaltet, den Kopf hielt er gesenkt, die Augen niedergeschlagen. Fünf Schritte hinter der Tür sank er auf ein Knie und neigte den Kopf bis zum Boden. »Sire, ich grüße Euch.«
    Cavor betrachtete ihn mit kaum verhohlenem Abscheu. Furst war nie einer seiner besonderen Günstlinge gewesen – daher auch die Versetzung in die Adern –, aber der Mann wirkte noch verwahrloster, als Cavor ihn in Erinnerung hatte, und sein Atem roch selbst aus dieser Entfernung ekelerregend nach saurem Wein.
    Außerdem stand Furst für etwas ganz Besonderes –
    irgendeine häßliche, finstere Tat. Doch die Erinnerung daran hatte Cavor ebenso tief vergraben wie den Mann, dessen Platz er eingenommen hatte.
    Der König wollte schon seit vielen Jahren nicht mehr wissen, warum er Furst überhaupt zum Aufseher über die Adern gemacht, warum er ihn beauftragt hatte, dort Wache zu halten.
    Jetzt rutschte er auf seinem Sitz unruhig hin und her. Gab es denn in diesem verdammten Palast keinen einzigen wirklich bequemen Sessel? »Was ist los, Fennon Furst? Was hat Euch veranlaßt, so Hals über Kopf nach Ruen zu eilen?«
    »Sire.« Furst rang die Hände und wagte einen kurzen Blick zu seinem Herrscher

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