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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Douglass
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abgerichtet, einem Pfeifensignal zu folgen, und an einem festgesetzten Tag lockte die Pfeife ihn und mich tief in den Wald hinein zu einer Lichtung voller Verräter. Sie hatten die Tat sorgfältig geplant und wahrscheinlich mehr als ein Jahr allein damit verbracht, Boroleas zu dressieren.«
    Es zuckte um seine Mundwinkel, und er schaute auf seine Hände hinab. »Sie kannten mich. Sie wußten, ich könnte der Versuchung, den Hirsch allein zu stellen, nicht widerstehen.«
    Sein Gesicht verzog sich schmerzlich. »Zwanzig, vielleicht fünfundzwanzig Männer warteten auf dieser Lichtung. Männer ohne Gesicht, ohne Namen und bis auf zwei auch ohne Stimme.«
    »Habt Ihr deren Stimmen erkannt?« fragte Vorstus leise.
    Maximilian blickte auf, überrascht, aber nicht verärgert.
    »Nein. Der Anführer hatte einen auffallend starken Akzent, wahrscheinlich stammte er aus einem der Reiche des Ostens.«
    Er zuckte noch in der Erinnerung zusammen. »Er war ein harter Mann, der eine derbe Sprache führte.«
    »Ein Söldner«, rief Ravenna empört, »nur für dieses Vorhaben angeheuert!«
    Maximilian sah sie kurz an. »Mag sein, schöne Frau. Mag sein.«
    »Und die zweite Stimme?« fragte Vorstus.
    »Gehörte einem Mann namens Furst«, erklärte Maximilian.
    »Hinter… hinter einem der Bäume brannte ein Feuer – es wurde von Furst geschürt. Dorthin schleppten sie mich… und dann mußten wir warten, bis die Eisen heiß genug waren…«
    »Ihr braucht nicht weiterzuerzählen, Maximilian«, sagte Joseph. Der nackte Schmerz in den Augen des Prinzen bereitete ihm Sorgen.
    »Es muß aber sein, Joseph«, antwortete der Prinz. »Es muß sein.« Er holte tief Atem. »Während wir also warteten, daß die Eisen heiß würden, wurde viel gelacht, ein Krug mit Wein ging herum, und irgendwann erklärte mir der Anführer, ich wäre ein Wechselbalg.« Wieder ein tiefer Atemzug, doch diesmal klang er wie ein Schluchzen. »Er lachte und sagte, meine Mutter habe einen toten Sohn zur Welt gebracht, so klein und unfertig wie eine gehäutete Eidechse. In ihrer Verzweiflung habe sie ihre Zofe beauftragt, ganz Ruen nach einem neugeborenen Knaben von hochgewachsenen Eltern mit blauen Augen und schwarzem Haar abzusuchen.«
    Maximilian hielt kurz inne, und als er fortfuhr, klang seine Stimme wie tot. »Er sagte, ich sei der Sohn eines Schmieds, für den Amboß bestimmt und nicht für den Thron. Und ich glaubte ihm.«
    »Warum?« fragte Garth, tiefes Mitgefühl im Blick wie in der Stimme.
    »Warum?« Maximilian schüttelte leicht den Kopf. »Wie soll ich das erklären? Ich fürchtete mich… ich war zu Tode verängstigt. Vielleicht dachte ich, sie würden mich gehen lassen, wenn ich ihnen glaubte. Es war ein schrecklicher Alptraum… hätten sie behauptet, ich sei eine Kröte in den Gewändern eines Prinzen, ich hätte ihnen auch das abgenommen. Und später, als ich einsam in der Finsternis saß, glaubte ich weiter.«
    »Glaubt Ihr ihnen auch jetzt noch?« fragte Vorstus. Im Schein des Feuers war sein Gesicht so ausdruckslos wie eine Maske.
    Maximilian sah ihn fest an. »Nein, Vorstus. Jetzt will ich es nicht mehr glauben. Als Garth meinen Arm heilte, beschwor Ravenna uns beide, an uns zu glauben. Auf uns selbst zu vertrauen. Und mit dem Zeichen auf meinem Arm kehrte auch der Glaube an mich selbst zurück.« Seine Stimme bebte vor innerer Kraft. »Vorstus, ich weiß, wer ich bin… und ein Wechselbalg bin ich gewiß nicht.«

    Vorstus nickte. Er war zufrieden. Erleichtert.
    Maximilian sah zu Boden und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Als… als die Eisen endlich heiß waren, da fanden sie wohl, sie hätten lange genug ihr Spiel mit mir getrieben.« Seine Hand kroch den Arm hinauf, die Finger strichen leicht, wie unbewußt über das Mal des Manteceros.
    »Und dann… dann fing der Alptraum erst richtig an.«
    Nun wurde es lange still. Endlich stand Ravenna auf und schenkte jedem ein Glas Wein ein. Bei Maximilian hielt sie kurz inne und legte ihm die Hand auf die Schulter. Er sah mit einem Lächeln zu ihr auf und drückte ihr dankbar die Hand.
    Sie setzte sich wieder, und Maximilian fuhr fort.
    »Irgendwann hörte ich meine Peiniger lachen. Sie tranken noch mehr Wein, und zuletzt warfen sie mich in einen großen Eisenkäfig auf Rädern und ketteten mich mit Fußeisen am Boden fest.« Er verstummte, nahm aber den Faden bald wieder auf. »An die nächste Woche erinnere ich mich kaum. Die Brandwunde begann zu eitern – über dem Ellbogen kräuselte

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