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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Reise mitgenommen.
    Der Schein der spärlichen Fackeln an den Festungsmauern von Kiew wurde schwächer und verlor sich allmählich im Dunkel. Noch konnte man die Rauchfahnen erkennen, die in den klaren sommerlichen Nachthimmel aufstiegen.
    Die Männer begannen nun, die Ruder gleichmäßig durchs Wasser zu ziehen. Merrik munterte seine Leute auf, sich kräftig in die Riemen zu legen, bis die Gefahr von angreifenden Schiffen gebannt war. Er wollte jede Konfrontation vermeiden. Ihr schwer beladenes Boot wäre eine fette Beute für Piraten. Obgleich Merrik bezweifelte, daß jemand dumm genug wäre, einen Angriff auf ein Schiff mit zwanzig bewaffneten Wikingern zu wagen.
    Merrik begab sich ins Heck und setzte sich auf den erhöhten Platz neben den Alten Firren, dessen Hand leicht auf dem Steuerruder lag. Er blickte zu dem Burschen hinunter, der in eine Wolldecke gewickelt, zu seinen Füßen lag. Dann nickte er dem narbigen Cleve zu, der seinen Platz am Ruder eingenommen hatte. Der Alte Firren schwieg, seine Hand am Steuer bewegte sich leicht. Seine wäßrigen Augen achteten genau auf die Strömung, auf Zug der Wolken am Himmel, den Stand der Sterne und auf Markierungspunkte an beiden Flußufern. Merrik wäre für den Alten Firren durchs Feuer gegangen, der im übrigen gar nicht so alt war, sondern mit Anfang Vierzig in den besten Jahren war. Er hatte keine Familie, und für Merrik war er wie ein zweiter Vater.
    Der Bursche stöhnte und wollte sich im Schlaf auf den Rücken werfen. Merrik hielt seine dünnen Ärmchen fest und zwang ihn sanft, auf dem Bauch liegen zu bleiben.
    Sein kleiner Bruder Taby kauerte dicht bei ihm, und seine kleine Hand streichelte ihn ständig.
    »Er wird bald gesund, Taby. Das verspreche ich dir. Er ist nur sehr schwach vor Hunger und Erschöpfung. In ein paar Stunden machen wir am Ufer fest und schlagen ein Nachtlager auf. Er bekommt etwas zu essen und kann sich ausruhen, bis er wieder bei Kräften ist. Und du auch, Kleiner.«
    »Es ist so dunkel«, flüsterte Taby und hob seine blauen Augen. Merrik verspürte wieder diesen seltsamen Stich. »Ich fürchte mich im Dunkeln.«
    »Du mußt dich nicht fürchten«, sagte Merrik. Er bezwang seinen Wunsch, den Kleinen auf den Schoß zu nehmen. Nein, damit würde er das Kind nur erschrecken, aber er hätte ihn gern in die Arme geschlossen. »Ich paß auf, daß dir die Dunkelheit nichts anhaben kann. Wenn Kiew ein gutes Stück hinter uns liegt, sind wir in Sicherheit. Hab' Vertrauen.«
    Der Kleine nickte langsam. Merrik zweifelte, daß er seinen Worten Glauben schenkte. An Tabys Stelle würde er ihm auch nicht geglaubt haben. Er konnte den Blick nicht von der kleinen schmutzverkrusteten Hand wenden, die auf der Schulter seines Bruders lag.
    Nun besaß er drei Sklaven, hatte aber keine Sklavin für seine Mutter.
    Er blickte von Taby zu dem Burschen und zu Cleve, dem Mann mit dem goldenen Haar und dem narbigen Gesicht, der ungeschickt das Ruder bediente; offenbar war er solche Arbeit nicht gewohnt. Der Narbige war nicht älter als zwanzig, und er war stark, wenn auch ungeübt in der Kampfeskunst.
    Was sollte er mit den dreien nur anfangen?
    Der Junge trank gierig aus dem Wasserbeutel, den Merrik ihm reichte. Gleich darauf begann er unkontrolliert zu zittern, und der Beutel entglitt seinen Händen. Merrik legte ihm die Hand auf die Stirn; sie war sehr heiß. Er hatte Fieber. Woher? Merrik fand keine Erklärung dafür. Er konnte ihn nur mit feuchten Tüchern kühlen. Damit hatte seine Mutter manches Fieber gesenkt. Hoffentlich hatte der Bursche nicht irgendeine Krankheit eingeschleppt und steckte damit die ganze Mannschaft an.
    »Taby«, sagte er leise, um den Kleinen nicht zu erschrecken. »Reiß mir ein Stück von dem Leinen ab, in das dein Bruder gewickelt ist. Ich mache es naß und kühle ihm damit die Stirn.«
    Das Kind tat wie ihm geheißen.
    Merrik schob die Arme unter die Achseln des Jungen, setzte ihn auf seinen Oberschenkel und blickte ihm prüfend in die von Fieber und Schmerz verschwommenen Augen. »Halt still. Du hast Fieber. Ich versuche es mit nassen Tüchern zu senken.«
    Der Junge schwieg, und Merrik spürte sein Zittern.
    Die Nacht war kühl. Wolkenschleier zogen über den Himmel. Der Wind hatte sich fast gelegt und kräuselte kaum die dunklen Fluten des Dnjepr. Die Männer saßen über ihre Ruder gebeugt und zogen sie kräftig durchs Wasser.
    Er rief zu Cleve hinüber: »Weißt du, was dem Burschen fehlt? Er hat Fieber und schlottert am

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