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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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aus. Sobald seine Hände sie jedoch berührten, geschah etwas sehr Seltsames.«
    Laren unterbrach und wandte sich lächelnd an Merrik. »Mein Bruder ist beinahe eingeschlafen. Wenn ihr wollt, erzähle ich die Geschichte morgen abend weiter. Ich hoffe, euch nicht gelangweilt zu haben.«
    Die Männer begannen zu murren. Roran rief: »Was wird denn schon geschehen sein? Ein Mann, der eine Frau berührt, will sie beschlafen. Was ist daran schon seltsam?«
    »Taby ist gar nicht müde, stimmt's Kleiner?«
    Merrik sah sie mit einem leisen Lächeln an. Dann lachte er. Und plötzlich lachten und johlten alle. Bevor sie ihr Zelt aufsuchte, wurden ihr vier kleine Silbermünzen in die Hand gedrückt.
    Vier Münzen für eine Geschichte, die sie erzählt hatte. Im Einschlafen überlegte sie, was wohl geschehen sein mochte, als Parmas Hände Selina berührten.
    Am nächsten Tag ruderten sie in die Ostsee. Es war windstill, das Meer lag ruhig und glatt.
    »Wenn Wind aufkommt, erreichen wir in fünf Tagen die Heimat«, sagte Merrik am späten Nachmittag zu Laren, als sie sich zu ihm gesellte. Er hatte Taby im Rudern unterwiesen, und nun war der Kleine auf seinen Knien eingeschlafen. Merrik legte die Ellbogen auf das Ruder: »Die Männer sind der Meinung, daß Thor ein Opfer von uns verlangt, damit sich unsere Segel blähen. Und dieses Opfer betrifft dich.«
    Sie verlor fast das Gleichgewicht, so erschrocken wich sie zurück. Sie spürte eine Männerhand im Rücken, schnellte herum, um ihr zu entkommen und taumelte an Merriks Brust. Ohne sie anzufassen, blickte er grinsend auf sie herunter.
    »Das Opfer ist nicht deine Jungfräulichkeit. Heute abend sollst du die Geschichte von Grunlige weitererzählen, sonst schickt uns Thor keine Winde, um unser Segel zu blähen.«
    »Nach dem Nachtmahl«, rief Eller.
    »Wahrscheinlich riechst du schon, was sie uns kocht«, meinte der dunkeläugige Roran und lachte.
    »Ja, ich rieche gebratenen Fasan mit Erbsen und Pilzen.«
    Es ging ihnen nur ums Essen und ums Geschichtenerzählen, dachte Laren erleichtert; ihre Angst war unbegründet. »Ich werde eure Bäuche füllen«, lachte sie. Als sie jedoch Deglins Gesicht sah, in dem sich kalte Wut spiegelte, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Ihre Angst vor ihm war gewiß nicht unbegründet. Die Wut eines Mannes verwandelte sich rasch in Gewalt. Er war Skalde, und sie hatte in seinem Revier gewildert. Ebenso hätte sie ihn körperlich angreifen können. Sie dachte an die vier Silbermünzen, die sie in ihrer weiten Hose verknotet hatte. Sie konnte ihre Freiheit von Merrik nur mit
    Silber erkaufen, nicht mit einem verführerischem Lächeln und gutem Essen. Einzig und allein mit Silber.
    Langsam sagte sie: »Ich werde die Geschichte weiter erzählen, aber nur wenn ihr versprecht, hinterher nicht so laut vor meinem Zelt zu schnarchen.«
    Der Alte Firren bog sich vor Lachen und tauchte dabei das Steuerruder so tief ein, daß es an einen versunkenen Baumstamm stieß. Das Langboot erbebte und geriet ins Schwanken.
    »Was heißt hier dein Zelt, Weib?« rief Deglin mit eiskalter Skaldenstimme. »Merrik schläft dort mit dir. Paß lieber auf, daß du nicht so laut schreist, wenn er dich nachts besteigt.«
    In aller Ruhe mahnte Merrik: »Es reicht Deglin. Du selbst hast es dir mit deiner Eitelkeit und deinem Hochmut mit den Männern verscherzt, hast dich beleidigt in den Wald verzogen, statt die Geschichte zu erzählen. Gib jetzt dem Mädchen nicht die Schuld.«
    »Sie ist kein Skalde!« schrie Deglin. »Sie ist nichts — eine Sklavin, eine Jammergestalt. Du hättest sie in Kiew töten sollen! Sie besudelt meine Kunst mit ihren hilflosen Versuchen. Sie ist eine Frau und nur das wert, was sie zwischen den Beinen hat.«
    Merrik erhob sich sehr langsam, übergab Cleve den schlafenden Taby und stellte sich drohend vor Deglin, dessen Blicke nun unsicher hin und her flatterten.
    »Ich habe gesagt, du sollst ihr nicht die Schuld geben«, wiederholte Merrik.
    »Aber sie ...«
    Merrik bückte sich und packte Deglin am Kittel, hob ihn hoch und hielt ihn nahe an sein Gesicht. »Schluß damit!«
    Deglins Stimme war nun weich und flehend: »Gut, Herr. Es war nicht meine Absicht, dich zu beleidigen, aber sie . . . Nein, ich hätte tun sollen, was du von mir verlangst, ohne meinen Unmut zu zeigen. Ich werde mit der Geschichte fortfahren. Ich will die Männer nicht länger auf die Folter spannen.«
    Merrik ließ Deglin los und setzte sich auf seine Kiste. Er blickte zu Laren

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