Der Herr vom Rabengipfel
Brandwunde. Ich werde sie Herrn Erik zeigen. Vielleicht kühlt das seine Leidenschaft ab.«
Caylis schüttelte nur den Kopf. »Du bist Merriks Bettgefährtin, hast du Erik erzählt. Merrik ist ein schöner Mann. Ist er ein guter Liebhaber, oder geht es ihm nur darum, seine eigene Lust zu befriedigen?«
Laren blickte sie entgeistert an. Caylis lachte. »Du hast gar nicht mit ihm geschlafen. Gib das Spiel auf. Erik wird dir deine Unschuld nehmen. Wenn er guter Laune ist, geht er behutsam mit dir um. Wenn nicht, tut er dir weh. Schade, daß Merrik auf Malverne nichts mehr zu sagen hat. Wenn Erik dich haben will, bekommt er dich. Kochst du wirklich guten Haferbrei? Sarla ist eine schlechte Köchin. Komm, ich habe Hunger.«
Am Abend, nachdem alle sich die Bäuche mit Wildschweinbraten vollgeschlagen hatten, den Laren gemeinsam mit Sarla zubereitet hatte, wollte Erik wissen, wie die Geschichte von Grunlige dem Dänen weiterging.
Laren dachte an die Silbermünzen und fürchtete, Erik würde später zu ihr kommen, und sie hatte keine Ahnung, wie sie ihn daran hindern sollte. Erst wollte sie die Geschichte erzählen, dann würde sie weitersehen.
Sie erhob sich, rieb die Hände aneinander und schwieg, bis alle Anwesenden sich ihr zuwandten. »>Ich werde dir sagen, wer ich bin<, sprach Grunlige und stellte seinen schweren Fuß in Parmas Nacken. >Ich bin kein Geist aus dem Jenseits. Ich bin aus Fleisch und Blut, und dennoch bin ich mehr als ein Mensch. Und Selina ist meine geliebte Gemahlin. Meine Hände sind noch verbundene
Mit diesen Worten schälte Grunlige seine Hände aus den Verbänden. Parma traute seinen Augen nicht: Grunliges Hände waren nicht länger verschrumpelte Pfoten mit schwarzen gebogenen Krallen. Nein, seine Hände waren gesund und stark und schlossen sich kraftvoll um das Heft seines Schwertes.
>Deine Frau, die Hexe, hat dich zurückgezaubert<, keuchte Parma, vor Angst dem Wahnsinn nahe.
>Du irrst. Allvater Odin brachte mir die Gesundheit zurück<, entgegnete Grunlige ungerührt. >Er hat mich wieder zum Leben erweckt. Du bist ein Narr, Parma. Erkennst du nicht, wo du bist?<
Parma blickte sich ängstlich um, ohne zu wissen, wo er sich befand. Dann sah er Selina, die in ein weißes Gewand gekleidet, mit straffen Schultern und hoheitsvollem Gang auf die Männer zuschritt.
>Du warst nirgendwo, Parma. Du bist immer noch am selben Ort, an dem du Selina Gewalt antun wolltest. Odin spielte mit dir, neckte dich, und du hast dich zum Narren gemacht. Was hast du zu deiner Verteidigung vorzubringen?<
Parmas Gedanken rasten. Verzweifelt suchte er sein Leben zu retten. Also sagte er: >Beweise mir, daß du wirklich ein Held bist, daß Allvater Odin dich für deine Tapferkeit und deinen Mut auszeichnet. Begehe eine zweite Heldentat! Mir den Schädel zu zertreten, wäre die Tat eines Feiglings. Segle erneut nach Island und zertrümmere ein zweites Mal die Eisschollen und beweise mir, daß du wirklich ein tapferer Held bist.<
Selina rief angstvoll: >Hör nicht auf ihn, Grunlige! Seine Zunge ist gespalten, er will dich nur verhöhnen! Hör nicht auf ihn!<
Doch Grunlige nahm seinen Fuß von Parmas Nacken. Parma blieb reglos liegen. Grunlige blickte in den Himmel, warf seinen mächtigen Kopf in den Nacken und schrie: >Odin! Höre mich, o mächtiger Gebieter über Himmel und Erde! Ich ziehe erneut aus, um meine Kraft und meinen Mut zu beweisen, und wenn ich zurückkehre, erwarte ich eine Belohnung von dir!<
Da zuckten grelle Blitze zur Erde, machten die Nacht zum Tage und erfüllten die Luft mit Schwefeldampf. Und den Blitzen folgten gewaltige Donnerschläge, die die Erde erzittern ließen. Selina fiel auf die Knie und barg ihr Gesicht in den Händen. Parma schlotterte vor Angst, aber auch ein Hoffnungsschimmer stieg in ihm auf.
Grunlige lächelte. >Ich höre dich, Odin. Ich begehe erneut eine Heldentat für dich.<
Bevor er sich auf den Weg machte, packte er Parma am Nacken, zog ihn auf die Füße und schüttelte ihn solange, bis er fürchtete, er breche ihm das Genick. Grunlige warnte ihn: >Wenn du meine Frau noch einmal anrührst, oder dich an meinem Besitz vergreifst, ziehe ich dir die Haut bei lebendigem Leib ab. Dann werfe ich dich auf eine Eisscholle, wo dein Blut festfriert und du größere Schmerzen ausstehen wirst, als du dir vorstellen kannst.<
Er umarmte seine Gemahlin zum Abschied und entfernte sich mit langen, kraftvollen Schritten.«
Laren hielt lächelnd inne und blickte auf ihre verschränkten
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