Der Herr vom Rabengipfel
»Herr.«
»Schon besser. Ich bin der Herr von Malverne, und du bist eine Sklavin. Vergiß das nicht. Du bist hübsch, Laren. Du bist zwar immer noch zu dünn, aber ich werde aufpassen, daß ich mich nicht an deinen Knochen wund scheuere.«
»Warum solltet Ihr?« Jetzt durchschaute sie seine Absicht und sah die Gier in seinen Augen. Er wollte sie haben, und er würde sie nehmen. Doch sie gab ihm nicht zu erkennen, daß sie begriffen hatte, worum es ihm ging.
»In dem Kleid sieht man gar nicht, wie mager du bist. Ich ziehe dich aus und entscheide mich dann.«
Sie legte den Kopf seitlich und blickte ihn einfältig fragend an. »Herr, ich gehe jetzt und helfe Eurer Frau in der Küche. Ich mache einen sehr guten Haferbrei.«
»Du bleibst hier, Laren.« Er trat einen Schritt auf sie zu, und Laren machte einen raschen Schritt rückwärts. Er runzelte die Stirn. »Was soll das? Ich bin der Herr, und wenn ich mit dir das Lager teilen will, tue ich es. Und außerdem bin ich ein junger Mann. Es gibt keinen Grund, warum ich dich nicht besteigen sollte.«
Zögernd wandte sie ein, den Blick über seine rechte Schulter gerichtet: »Es geht nicht, Herr. Ich bin Merriks Sklavin und seine Bettgefährtin. Ihr müßt ihn fragen, ob es ihm recht ist.«
Erik stutzte. »Davon ließ mein Bruder nichts verlauten. Du hast nicht bei ihm geschlafen. Er nimmt deinen kleinen Bruder zu sich, oder er schläft allein. Du lügst, Schlampe. Er will dich gar nicht. Er sagte, er habe dich nur mitgenommen, weil du Tabys Schwester bist.«
Ein schmerzhafter Stich durchfuhr sie, doch sie sprach gelassen weiter: »Ich habe meine Monatsblutung. Merrik faßt mich in dieser Zeit nicht gern an.«
»Ich bin überrascht, daß er sich davon abhalten läßt. Mir ist das gleichgültig. «Erik trat wieder einen Schritt vor.
Sie wich seitwärts aus.
Zu ihrer unaussprechlichen Erleichterung kam einer von Eriks Gefolgsleute mit großen Schritten heran. Sturla hieß der Mann, dessen Oberarme den Umfang von Männerschenkeln hatte. »Die Männer sind zum Aufbruch bereit, Erik«, rief er. »Der Eber wurde erst gestern gesehen. Wir werden ihn erlegen.«
Am liebsten wäre sie dem Riesen um den Hals gefallen.
Erik fixierte sie, bemerkte die Erleichterung in ihrem Blick und fluchte leise. Die Wildschweinjagd hatte er völlig vergessen. Widerwillig wandte er sich an Sturla: »Dann wollen wir aufbrechen.« Und Laren knurrte er an: »Ich sehe dich heute abend. Du wirst dich mir nicht widersetzen.«
Laren blieb wortlos stehen und sah den Männern nach, bis sie durch das Tor im Palisadenzaun verschwunden waren.
Hinter ihr sagte eine Frauenstimme: »Merrik hat es verboten, und du hast das Haus trotzdem verlassen.«
Laren schwieg, den Blick immer noch auf die sich entfernenden Männer gerichtet.
Die Frau sprach weiter: »Erik wird dich nehmen, auch wenn es dir oder seinem Bruder nicht paßt.«
Laren drehte sich langsam um. Vor ihr stand eine junge Frau mit strahlend blauen Augen und blondem Haar, das in der Morgensonne glänzte. Sie war hochgewachsen und mit üppigen Brüsten ausgestattet. »Ich mußte mich erleichtern. Das tut man nicht vor anderen. Wer bist du?«
»Ich bin Caylis. Erik beschläft mich seit neun Jahren. Sein Vater kaufte mich mit dreizehn als Magd für seine Frau und als Gespielin ihrer Nichte Sira. Erik wollte mich. Mein Sohn Kenna ist acht Jahre alt, ein guter Junge, stolz und stark. Wenn Sarla keine Kinder bekommt, wird Erik ihn als Erben einsetzen. Darum bete ich täglich zu den Göttern. Ich habe ihm noch drei Mädchen geboren, aber die sind alle gestorben.«
»Erik ist mit Sarla verheiratet.«
»Ja, das arme Ding ist seit zwei Jahren seine Gemahlin. Die Verbindung kam auf Wunsch seines Vaters Harald zustande. Sie kann ihn nicht halten. Sie ist ein ungeschicktes Schaf.« Caylis musterte Laren von oben bis unten. »Als seine Eltern noch lebten, war Erik vorsichtiger und kam erst in mein Bett oder in das der anderen Frauen, wenn seine Eltern ihre Schlafkammer aufgesucht hatten. Seine Eltern hatten Sarla ins Herz geschlossen, und er vermied es, sie vor den Kopf zu stoßen. Jetzt muß er keine Rücksicht mehr nehmen. Er will dich haben, weiß der Himmel, warum. Vermutlich weil du neu bist. Er will es mit dir probieren, um dich gefügig zu machen.«
Laren schwieg, hob nur lächelnd den Rock und entblößte ihr von der Brandwunde entstelltes Bein. Caylis hielt den Atem an. »Bei den Göttern . . . das sieht ja schrecklich aus!«
»Eine
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