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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Alle haben gesehen, wie er nach mir schlug, und Valai hat sogar gelacht. Wenn der Kerl gefügig ist, badest du ihn morgen.«
    Auf dem Weg zur Tür fügte Thrasco hinzu: »Die alte Evta wird ihren Spaß an dem Eichkätzchen haben. Hab ich dir gesagt, daß sie ihren Knaben gern Tiernamen gibt? Vielleicht nennt sie ihn Eichkätzchen und dankt mir dafür. Gib ihm etwas Hühnerbrühe, aber nicht zuviel. Das verträgt sein Magen nicht.«
    Cleve nickte. Nachdem sein Herr die Kammer verlassen hatte, wandte er sich dem Jungen zu. Wenigstens würde der Kleine nicht als Lustknabe mißbraucht werden. Dieses Los hatte Cleve zwei Jahre erdulden müssen, bevor ihn eine Frau kaufte, deren hellblondes Haar silbern schimmerte. Sie sah zwar aus wie ein Engel der Christen, war aber eher als Dämon zu bezeichnen. Unbewußt befingerte er seine wulstige Gesichtsnarbe. Später kaufte ihn ein Mann, den Knaben nicht interessierten, und dieser Mann war Thrasco. Er war grausam, aber kein Päderast. Gelegentlich zeigte er sich sogar großzügig. Letzten Winter hatte er Cleve einen abgetragenen Biberpelz geschenkt. Cleve ging in die Hocke und fragte leise: »Bist du wach?«
    »Ja.« »Es tut sehr weh, ich weiß. Thrasco liebt es, die Peitsche zu schwingen. Seine Mutter sieht das nicht gern, deshalb peitscht er seine Sklaven nur aus, wenn sie sich im Kalifat aufhält. Pech für dich, daß sie ausgerechnet jetzt verreist ist. Thrasco hat verboten, dich zu baden und dir saubere Kleider zu geben. Ich muß ihm gehorchen. Aber ich werde deinen Rücken säubern und Salbe auftragen. Du bekommst zu essen, damit du zu Kräften kommst.«
    »Ich kann selber hören.«
    »Dann brauch' ich nichts zu wiederholen.«
    »Nein. Und ich bin kein Eichkätzchen. Dein Herr ist ein Narr. Er ist häßlich und fett.«
    »Die alte Evta wird dich wie ein Haustier halten. Thrasco versucht nur, den richtigen Tiernamen für dich zu finden.«
    »Sie sind beide närrisch.«
    Cleve runzelte die Stirn. Der Bursche war aufsässig. Das würde Thrasco nicht gefallen.
    »Wer ist dieser Khagan-Rus?«
    »Das weißt du nicht? Der Prinz von Kiew. Er ist reich, und seine Schwester Evta ist noch reicher. Sie beherrscht den Prinzen und nennt ihn ihren stolzen Stier, wenn er ihr zu Willen ist. Wenn sie ihn kränken will, nennt sie ihn Schmeißfliege. Thrasco will ihr Pelzlieferant werden. Und sie braucht eine Menge davon, weil sie fast so fett wie Thrasco ist. Du sollst ihm zu geschäftlichem Erfolg verhelfen.«
    »Hast du mich mal angesehen?«
    Sein Tonfall klang spöttisch. Cleve antwortete: »Viel ist nicht dran an dir, aber wenn du genügend ißt, wirst du bald Fett ansetzen, das meint wenigstens Thrasco. Hoffentlich bist du nicht häßlich, wenn du unter der Schmutzkruste zum Vorschein kommst.«
    »Bin ich aber.«
    Cleve runzelte die Stirn. »Trotz deiner Schmerzen gibst du freche Antworten, und das ist ziemlich dumm. Ich könnte dich dafür bestrafen.«
    Darauf gab der Bursche keine Antwort.
    »Gut«, sagte Cleve. »Wenn du den Mund hältst, werde ich deine Wunden versorgen. Thrasco duldet nicht, wenn man sich seinen Anweisungen widersetzt.«
    »Er stirbt ohnehin bald an Fettsucht.«
    »Schon möglich. Nun laß dir helfen. Keine Angst, ich tu dir nicht weh. Ich weiß, daß dein Rücken schmerzt, aber ich muß dich irgendwie auf die Pritsche legen.«
    »Ich würde gerne selber gehen, kann mich aber nicht bewegen.«
    Cleve streckte die Hand aus und drehte den Kopf des Burschen sanft zu sich. Das magere Gesicht war grau vor Schmerz. Doch in seinen Augen loderte glühender Zorn. Augen, die längst dumpf und ergeben sein müßten. Cleve hob ihn behutsam hoch und legte ihn vorsichtig seitlich auf das schmale Lager. Lange blickte Cleve auf die ausgemergelte Gestalt, dann sagte er leise: »Ich sehe, daß du Brüste hast.«
    Das Mädchen antwortete nicht und machte auch keine Anstalten, die Fetzen ihres Kittels zusammenzuhalten. Der Schmerz war einfach zu groß.
    »Wie heißt du?«
    »Laren.«
    »Ein seltsamer Name, und du sprichst fremdartig. Ich begreife nicht, warum du dich als Junge ausgibst. In diesem Land werden Mädchen und Burschen gleichermaßen vergewaltigt. Thrasco werde ich nichts verraten. Er erfährt die Wahrheit früh genug, und dann werde ich dafür büßen.«
    »Ich weiß«, sagte sie und biß sich die Lippen blutig. Vorsichtig entfernte Cleve die Fetzen des zerschlissenen Robbenfells aus ihren verkrusteten Wunden und begann, sie zu säubern.
    Cleve brummte und schimpfte leise

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