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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Zusammenstellung.
    Nachdem sie ein paar Bissen gegessen hatte, rief Erik ihr zu: »Komm, Mädchen. Wir wollen eine neue Geschichte hören.«
    Eine neue Geschichte. Ihr Blick schweifte über die erwartungsvollen Gesichter. Die Männer waren nicht weniger gespannt als die Frauen. Die Kinder versammelten sich bereits. Taby stellte sich neben sie und hielt sich mit seiner kleinen Hand an ihrem Rock fest.
    Sie hatte schon den ganzen Tag darüber nachgedacht. Ja, sie wußte ein Geschichte, und sie hoffte inständig, durch sie zu erfahren, wie sie sich verhalten sollte. Ihr Blick wanderte zu den Thoragassons hinüber. Auch sie saßen mit gespannten Gesichtern da. Nur Letta schmollte und machte ein gelangweiltes Gesicht. Und sie beobachtete Merrik, der Taby zu sich gerufen hatte, ihn auf sein Knie setzte und kitzelte, und dann grinste, als der Kleine sich kichernd wand. In Lettas Augen glühte tiefer Haß.
    Laren lächelte ihre Zuhörer an.

Kapitel 13
    Sowohl ihre Schlauheit als auch eine Menge Glück hatten sie die letzten zwei Schreckensjahre am Leben erhalten. Letzteres drohte sie zu verlassen, kurz bevor Merrik in ihr Leben trat. Sie durfte jetzt nicht versagen, denn es stand zu viel auf dem Spiel. Sie dachte an ihre vierzig Silberstücke und an die beiden Armreifen. Das alles würde ihr nicht weiterhelfen, wenn sie sich nicht klug verhielt. Sie gab den Kindern Zeichen, sich im Halbkreis um sie herum zu setzen und nahm sich vor, ihre Geschichte geschickt und spannend aufzubauen. »Heute erzähle ich euch von Rolf, dem Wikinger, der vor langer Zeit hier in Norwegen lebte, einem jungen Mann von kräftiger und schöner Gestalt und edler Gesinnung.
    Er hatte zwei Brüder, und beide waren ebenso stark und schön und von großem Ehrgeiz beseelt. Rolf war der älteste Bruder, ging gerne auf Plünderfahrt und vermehrte seinen Reichtum mit jedem Sommer, den er auszog. Radnor, der Zweitälteste, war Kaufmann und bereiste die Welt mit seinen Handelswaren. Sein Verstand war schneller und listiger als der eines Arabers im Bazaar in Miklagard. Er wurde ebenso vermögend wie Rolf. Der jüngste Bruder war Ingor, ein Bauer. Er brachte reiche Ernten ein, denn er hatte große Kenntnis im Pflanzen und Säen, und auch er wurde mit jedem Jahr wohlhabender.
    Eines Tages brachte Rolf von einer Plünderfahrt an den breiten Seinefluß zwölf Sklaven nach Norwegen mit, es waren sechs Männer und sechs Frauen, die er aus drei Dörfern entführt hatte.
    Einer der Sklaven war stolz und stark wie die Wikinger, die ihn verschleppt hatten. Sein Pech war nur, daß er zur Zeit des Überfalls an einer Krankheit litt, die ihn schwächte. Dennoch kämpfte er tapfer, bis er aus vielen Wunden blutend zu Boden sank. Er trug feinere Kleider als die anderen. Doch niemand erfuhr, wer er wirklich war, denn er schwieg beharrlich über seine Herkunft. Der Mann hatte großes Talent als Runenmeister. Er entstammte einem edlen Geschlecht, das in der Region des Fränkischen Reiches große Macht hatte. Er hielt sich an jenem Unglückstag zufällig in dem überfallenen Dorf auf, da er einen berühmten Runenmeister aufsuchte, um sein Handwerk zu verfeinern.
    Nun aber war er in die Sklaverei geraten. Rolf behielt ihn in seiner Nähe, da er seine edle Herkunft ahnte. Er machte ihn zu seinem Runenmeister und staunte über die schönen Schnitzereien und wunderbaren Schriften, die der Mann fertigte. Sein Ruf verbreitete sich bald, und von weit her kamen Leute, um seine Kunst zu bewundern. Radnor, der zweite Bruder, wollte Rolf den Sklaven abkaufen, doch der gab ihn nicht her.
    Der Sklave schnitzte für seine Auftraggeber schöne Stuhllehnen, gravierte Schmuckstücke und Truhen, wurde berühmt und verdiente viele Silberstücke. Bald hatte er so viel Silber zusammen, daß er glaubte, sich von Rolf freikaufen zu können.
    Er bot Rolf all sein Silber an, doch Rolf verweigerte die Annahme. Der Sklave durfte zwar sein Silber behalten, blieb aber in Gefangenschaft. Rolf wollte sich nicht von ihm trennen, da er ihn bewunderte und wünschte, daß er in seiner Heimat glücklich werde.
    Er behandelte den Sklaven bevorzugt, und manche seiner Gefolgsleute fürchteten, Rolf könnte eines Tages von ihm erdolcht werden.
    Über seine Herkunft schwieg der Fremde weiterhin hartnäckig. So oft Rolf ihm auch versprach, Schweigen zu bewahren, wenn er sich ihm anvertraute, der Sklave blieb verschlossen. Erst als Rolf versicherte, ihm bei der Rückkehr in die Heimat zu helfen, eröffnete ihm der

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