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Der Herr vom Rabengipfel

Der Herr vom Rabengipfel

Titel: Der Herr vom Rabengipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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Sklave, daß seine Familie große Reichtümer, Ländereien und Macht besitze, die er eines Tages erben würde. Er bat Rolf, sein Freund zu bleiben und ihm zu helfen, seinen rechtmäßigen Platz wieder einzunehmen.
    Rolf schloß ihn in die Arme, versicherte ihn seiner Freundschaft und versprach, ihm zu seinem Recht zu verhelfen. Nun stellt sich die Frage, wie Rolf sich verhielt.«
    Laren legte eine Pause ein, bevor sie sich an Olaf Thoragasson wandte. »Herr«, sagte sie und neigte den Kopf. »Was würdet Ihr an Rolfs Stelle tun?«
    Olaf Thoragasson beugte sich vor und ließ seinen Blick von seinen Männern zur Gruppe der Sklaven wandern, die in der Nähe des Eingangs saßen. Dann rief er laut: »Ich würde den Mann für seine Frechheit so lange auspeitschen, bis ihm das Fleisch in Fetzen vom Rücken hinge. Das Versprechen, das man einem Sklaven gibt, zählt nicht. Rolf soll den elenden Schuft in Ketten legen und ihn solange hungern lassen, bis er um Gnade winselt!«
    Damit lehnte er sich zufrieden zurück. Seine Männer klatschten Beifall.
    Laren wandte sich an Erik: »Herr, wie würdet Ihr an Rolfs Stelle handeln?«
    Er lächelte über ihre Einfalt und Ahnungslosigkeit in Dingen wie der Mannesehre. Gedehnt sagte er: »Ich würde von seiner mächtigen und reichen Familie Lösegeld fordern, ihn aber nicht ausliefern, sondern ihn in Ketten legen. Olaf hat ebenso recht wie ich. Der Unterschied besteht darin, daß ich mit meiner Methode meinen Reichtum mehre.«
    Eriks Vorschlag wurde mit Zustimmung und großem Gelächter begrüßt. Auch Thoragasson lachte schallend und lobte Eriks Schlauheit.
    Laren, die nach außen heiter und gelassen blieb, wandte sich nun an Merrik. »Herr Merrik, wie würdet Ihr an Rolfs Stelle handeln?«
    Bedächtig antwortete er und blickte ihr dabei direkt ins Gesicht: »An Rolfs Stelle würde ich Wort halten, gleichgültig, ob der Mann einfacher Herkunft oder von königlichem Geblüt ist. Ich würde den Mann in sein Land zurückbringen.«
    »Du bist ein Narr, Bruder!« rief Erik verächtlich. »Damit verlierst du nicht nur einen wertvollen Besitz, sondern läßt dir den Verlust nicht einmal teuer bezahlen!«
    »Ja«, pflichtete Thoragasson ihm bei. »Was heißt hier Wort halten, Merrik? Hätte Rolf einem seiner Brüder ein Versprechen gegeben, läge der Fall anders. Aber einem rechtlosen Sklaven? Pah! Selbst wenn er ein König wäre, hätte das Versprechen keine Gültigkeit.«
    Laren wartete, bis sich der Aufruhr gelegt hatte, und sich alle wieder ihr zuwandten.
    »Sprich, Mädchen«, forderte Thoragassen. »Was hat Rolf getan?«
    »Er beriet sich mit seinen Brüdern. Ragnor riet ihm, den Sklaven nach Eurem Vorschlag zu behandeln, Olaf Thoragasson. Und Ingor riet ihm, nach Eriks Methode zu verfahren.«
    Sie schwieg und Thoragasson brüllte: »Und was machte Rolf?«
    Sie blickte die Männer der Reihe nach an und fuhr dann leise fort: »Er konnte sich nicht entscheiden. Er vertraute seinen beiden Brüdern, war aber nicht sicher, ob einer von ihnen recht hatte. Er dachte lange darüber nach, ohne eine Lösung zu finden. Er ärgerte sich über seine Schwäche und seine Unfähigkeit, eine Entscheidung zu treffen und verlor darüber beinahe den Verstand. In seiner Verwirrung und Wut nahm er sein mächtiges Schwert und stieß es dem Sklaven mitten durchs Herz.«
    Thoragasson schrie laut auf, die Frauen stöhnten, Erik lachte. Nur Merrik schwieg mit versteinerter Miene.
    Als schließlich wieder Ruhe herrschte, sagte Merrik: »Das ist noch nicht das Ende des Wikingers. Was geschah weiter?«
    »Rolf kam wieder zu Verstand und bedauerte seine Untat tief. Gewissensbisse nagten an ihm. Er konnte nicht mehr essen, nicht mehr schlafen und war auch nicht mehr fähig, auf Plünderfahrt zu gehen. Er mied seine Brüder, beschuldigte sie, ihm sein Urteilsvermögen getrübt zu haben. Und bald gab er ihnen sogar die Schuld am Tod seines Sklaven.
    Darüber waren die Brüder sehr erzürnt, beschimpften Rolf als Wirrkopf und Narren und verspotteten ihn. Schließlich war er es, der sie um ihre Meinung gebeten hatte. Und dann hatte er auch noch den wertvollen Sklaven umgebracht! Rolf war verrückt. Die Brüder verspotteten ihn so lange, bis er es nicht mehr ertragen konnte. Er hatte sein Wort gebrochen und den Sklaven getötet. Eine Untat, die nicht wiedergutzumachen war. Er warf seine Waffen fort und ging in den Wald, in der Hoffnung, von einem wilden Tier angefallen und zerrissen zu werden. Er wollte sterben. Nur der Tod

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