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Der Herr von Moor House

Der Herr von Moor House

Titel: Der Herr von Moor House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Ashley
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schmerzliche Erinnerungen verfolgt hätten. Zum Glück ergab sich die Gelegenheit, mit meinem Freund eine Handelsfirma in Indien zu gründen, und ich nutzte diese Chance.” Christian trat ans Fenster. “Ursprünglich wollte ich nicht so lange wegbleiben. Aber die Jahre verstrichen, und die Rückkehr fiel mir immer schwerer. Hätte Charles mich nicht auf seinem Sterbelager gebeten, die Vormundschaft für seine Tochter zu übernehmen, wäre ich vermutlich immer noch in Indien.”
    Verblüfft starrte Giles die hochgewachsene Gestalt seines Bruders an. “Wenn du Megan immer geliebt hast – warum …”
    “Warum ich Louisa Berringham geheiratet habe? Eine gute Frage.” Nachdenklich betrachtete Christian die Ländereien, auf die er so stolz war. “Ja, es ist wohl an der Zeit, dass du die Wahrheit erfährst, wenn sie dir auch missfallen wird.”
    Eine halbe Stunde später verließ ein leichenblasser Giles das Herrschaftsschlafzimmer. In dieser kurzen Zeit mussten ihn alle Gefühle bewegt haben, die ein Mensch zu empfinden vermochte – vor allem qualvolle Schuldgefühle. Nur das Opfer seines Bruders hatte ihm die komfortable, sorgenfreie Existenz der letzten Jahre ermöglicht.
    Er verstand seine eigene Naivität nicht. Warum hatte er die Wahrheit nicht längst erraten? Bei Christians Hochzeit war er zwar erst vierzehn gewesen, aber alt genug, um zu erkennen, dass da irgendetwas nicht gestimmt hatte. Im Frühling desselben Jahres war er aus dem Internat heimgekehrt, um an der Beerdigung des Vaters teilzunehmen. Die neue Mrs Blackmore stand nicht am Grab. Und während er die Schulferien mit seinem Bruder auf dem Familiensitz genoss, verbrachte sie den ganzen Sommer in Brighton. Natürlich entsprach es der Mode, wenn sich ein Ehepaar getrennt amüsierte. Aber im Allgemeinen blieben Jungvermählte zusammen. Christians und Louisas Verhalten hatte ein bezeichnendes Licht auf ihre Beziehung geworfen.
    Bedrückt schüttelte Giles den Kopf. Von Anfang an war diese lieblose Ehe zum Scheitern verurteilt gewesen. Daran hätte er nichts ändern können. Aber in Zukunft würde er sein Bestes tun und seinem uneigennützigen Bruder zu jenem Glück verhelfen, das er verdiente.
    Um sich mit einem Brandy zu beruhigen, betrat er die Bibliothek und hielt abrupt inne, als er das Wesen, das Christians künftiges Glück in Händen hielt, am Tisch sitzen sah, wo sie einen Brief schrieb. “Oh – verzeih, Megan …” Bei der Erkenntnis, dass auch sie schuldlos gelitten hatte, fühlte er sich noch elender. “Ich wollte dich nicht stören.”
    “Unsinn, du störst mich nicht.” Besorgt musterte sie sein bleiches Gesicht. “Was ist denn los? Du siehst schrecklich aus … Um Himmels willen – hat sich Chris’ Zustand verschlechtert?”
    “Oh nein, es geht ihm gut.” Mühsam riss er sich zusammen, schloss die Tür und eilte zu den Karaffen. Christian hatte ihm das Versprechen abgenommen, niemandem zu verraten, was soeben erörtert worden war. Eines Tages würde Megan zweifellos die Wahrheit erfahren. Aber Giles durfte das Vertrauen seines Bruders nicht missbrauchen. Nachdem er sich mit einem Brandy gestärkt hatte, fügte er hinzu: “Er wird für ein paar Tage nach London reisen.”
    “Was?”, rief Megan entsetzt. “Das meinst du nicht ernst!”
    “Doch. Sein Koffer ist schon gepackt, und er lässt gerade den Wagen anspannen.”
    “Hat er den Verstand verloren?” Eher besorgt als wütend, presste sie ihre Hände an die Schläfen. In den letzten Tagen hatte sie gründlich über die Schießerei nachgedacht und schließlich die Überzeugung gewonnen, dass es sich nicht um einen Unfall handeln konnte. “Giles – wer hätte einen Grund, einen Mordanschlag auf deinen Bruder zu verüben? Bitte, behaupte jetzt nicht, der Schütze sei ein Wilddieb gewesen und habe Christian versehentlich getroffen. Damit würdest du meine Intelligenz beleidigen.” Während er beharrlich schwieg, beobachtete sie ihn aufmerksam. Offenbar widerstrebt es ihm, seinen eigenen Verdacht in Worte zu fassen, und Christian hatte ihn sicher gebeten, den Zwischenfall herunterzuspielen. “Würdest du offen mit mir reden, wenn ich dich auf zweierlei hinweise? Ich hielt den Mann, der nachts in mein Zimmer eindrang, niemals für einen Gelegenheitsdieb. Und ich glaubte keine Sekunde lang, jenes Messer würde dir gehören.”
    “Nun ja …” Unbehaglich verstummte er.
    Sie stand auf, trat ans Fenster und schaute zum Wald hinüber. “Nach meiner Ansicht wurde zwei Mal

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