Der Herzausreißer
meine Frau ist.«
»Ich bedaure«, sagte Jacquemort, »aber ich bin aus Versehen in das Esszimmer gegangen, dort ist sie.«
»Na und?«, brummte Angel.
Er schob Jacquemort zur Seite und ging wütend an ihm vorbei. Der andere folgte ihm. Angel wollte sein Missbehagen über die eigene Unzuständigkeit gegenüber seinen Sprösslingen in Wut um- ummünzen, das war deutlich zu sehen, doch Jacquemort vermied es, darauf hinzuweisen.
Angel legte sich einen verletzenden Satz zurecht. Er brauste höchst selten auf, und wenn, dann immer nur wegen der Kinder. Er hätte sich mehr um sie kümmern sollen. Er war gereizt. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Sie wollte wohl die ganze Welt zum Narren halten.
Er stieß ungehalten die Tür auf und blieb wie angewurzelt sehen. Auf dem Esstisch, die Hose bis zu den Knien hinuntergekrempelt, lag Clémentine, keuchte und warf sich wie besessen herum. Ihre Hände zu beiden Seiten krampften sich zusammen. Auf der lackierten Tischplatte spannten und entspannten sich ihre Hüften in einer Wellenbewegung, sie zuckten und schlingerten, ihre Schenkel öffneten sich, und ein leises Klagegestöhn kam von ihren Lippen. Einen Augenblick lang blieb Angel wie vor den Kopf geschlagen stehen, dann schritt er rückwärts aus dem Zimmer. Sein Gesicht lief nach und nach purpurrot an. Er schloss die Tür wieder und rannte Hals über Kopf in den Garten zurück. Jacquemort blieb auf der Freitreppe stehen und sah ihn gerade noch in die Allee einbiegen. Dann machte auch er kehrt und ging in die Küche zurück.
»Ich frage mich ...«, murmelte er.
Mit ein paar gekonnten Griffen brachte er die von den Rackern angerichtete Verwüstung wieder in Ordnung. Nunmehr gesättigt, plapperten sie fröhlich drauflos. Er wischte ihnen die Gesichter ab und schob sie hinaus.
»Geht mit eurem Papi spielen ...«, sagte er.
»Antine haben ...«, sagte Noël.
»Antine ...«, sagte Joël.
Citroën sagte nichts und setzte sich in Richtung des Geräteschuppens in Bewegung, gefolgt von seinen Brüdern. Jacquemort wartete einen Augenblick und runzelte die Stirn. Er zögerte, ging dann aber ins Esszimmer zurück. Diesmal bäuchlings auf dem Tisch, fuhr Clémentine mit ihrem obszönen Gebärdenspiel fort. Der Psychiater testete die Luft im Zimmer. Dann entfernte er sich nur ungern und ging in sein Zimmer zurück. Er streckte sich auf seinem Bett aus und versuchte sich ohne rechte Überzeugung im Schnurren. Zu seinem Leidwesen musste er sich eingestehen, dass er nicht imstande war, es auf zufriedenstellende Weise fertigzubringen. Hatte die schwarze Katze, die er wenige Wochen zuvor psychoanalysiert hatte, wirklich schnurren können? Und dann dachte er wieder an den eigentlich interessanten Gegenstand: Clémentine. Vielleicht hätte er sie berühren sollen. Er roch an seinen Fingern. Der Duft des Dienstmädchens war zwar noch schwach vorhanden, stammte aber vom Vortag und war nur noch verschwommen wahrzunehmen. Er fühlte sich recht wohl auf seinem Bett, gewiss. Doch was war mit der Frau unten, die sich zweifellos noch immer in ihren Zuckungen wand? Er setzte sich im Bett auf, erhob sich, ging wieder nach unten und blieb vor der Esszimmertür stehen. Er legte das Ohr dran. Nichts mehr. Er trat ein.
Clémentine, halbnackt, schlief jetzt; wenigstens hatte sie aufgehört sich zu bewegen und lag da, die Wange auf dem Tisch, das Hinterteil einladend vorgereckt. Jacquemort wurde ganz anders zumute. Er trat näher heran. Sie wurde unruhig, da sie ihn hörte, und stützte sich auf einem Ellbogen auf. Jacquemort war wie versteinert stehengeblieben.
»Verzeihen Sie bitte«, sagte er. »Mir war, als hätten Sie gerufen.«
Sie sah ganz betreten und mitgenommen aus.
»Was mache ich bloß auf diesem Tisch?«, sagte sie.
»Ah ... hmm ...«, murmelte Jacquemort, »ich weiß nicht recht. Es muß Ihnen wohl etwas zu heiß geworden sein.«
Da erst wurde sie sich ihres unordentlichen Aufzugs bewusst.
»Ich hatte einen Traum«, fing sie an.
Und dann, wie Angel kurz vorher auch, errötete sie bis unter die Haarwurzeln.
»Es war nämlich ...«, setzte sie von neuem an.
Ohne den Versuch, ihre nackten Schenkel zu verhüllen, setzte sie sich auf.
»Wie ich gebaut bin«, murmelte sie, »wissen Sie ja nun wohl schon.«
Jacquemort war fassungslos und brachte kein Wort heraus.
»Ich muß ja ziemlich erregt gewesen sein«, sagte sie, indem sie sich wieder anzukleiden begann.
»Ich fürchte ja ...«
»Also, ich weiß nicht«, sagte Clémentine,
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