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Der Herzausreißer

Der Herzausreißer

Titel: Der Herzausreißer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Vian
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behandelt, weil ich sonst Scherereien gehabt hätte. Nun ja! Aber jetzt ist Schluss damit! Ich werde mich wieder mit aller Energie an die Arbeit machen.« Dies sagte sich Jacquemort. Was sich in einem Menschenhirn so alles abspielen kann, ist unglaublich, das gibt zu denken.
    Der Weg ächzte unter Jacquemorts Tritten. Er quatschelte und glitschelte und glumste und gluckerte. Am Himmel krächzten einige sehr malerische Raben, lautlos jedoch, da der Wind in die andere Richtung wehte.
    »Wie kommt es«, dachte Jacquemort plötzlich, »dass es hier keine Fischer gibt? Das Meer ist doch in nächster Nähe und voll von Krabben, Arapeden und anderen essbaren Schalentieren. Warum nur? Warum? Warum? Warum? Warum?«
    Weil es eben keinen Hafen gab. Er war so entzückt darüber, die Lösung gefunden zu haben, dass er sich selbstgefällig zulächelte.
    Der Kopf einer großen braunen Kuh ragte aus einer Hecke. Er näherte sich ihr, um ihr einen guten Tag zu wünschen; sie blickte in die entgegengesetzte Richtung, deshalb rief er sie an. Als er ganz nahe herankam, sah er, dass es nur ein abgeschnittener und auf einem Spieß aufgepflanzter Kopf war; eine bestrafte Kuh, ganz ohne Zweifel. Ein Schild war auch dabei, jedoch in den Graben gefallen. Jacquemort hob es auf und las das Gemisch aus Schlamm und Buchstaben: — Das nächste — Fleck — Mal — Fleck — gibst — Fleck — du — Fleck — mehr Milch. — Fleck. Fleck. Fleck.
    Er schüttelte gequält den Kopf. Er hatte sich immer noch nicht daran gewöhnen können. Das mit den Lehrlingen mochte ja noch angehen ... Aber die Tiere. Er ließ das Schild wieder fallen. Fliegendes Getier hatte Augen und Nase der Kuh zerfressen, daher sah sie einer Krebskranken lächerlich ähnlich.
    »Noch eine für La Gloïre«, sagte er. »Auch das wird wieder an ihm hängenbleiben. Und Gold wird er auch wieder kriegen. Nur wird ihm das nichts nützen, weil er sich nichts davon kaufen kann. Also ist es das Einzige, was einen Wert hat. Es ist ohne Preis.«
    So hat Jacquemort nach all den Jahren,
    Als muntren Schritts er weiterlief,
    Ein Argument als positiv
    Für wahren Goldeswert erfahren.
    »Da sieh einer an, sowas!«, sagte sich Jacquemort. »Nun finde ich doch meinen ursprünglichen Schwung wieder. Wobei der Gegenstand dieser Erkenntnis ja eigentlich bedeutungslos bleibt, zumal es eine konstruierte Situation ist, in der La Gloïre sich befindet, und folglich das Gold für ihn keinen Sinn hat. Und außerdem regt mich Gold nicht weiter auf; aber immerhin hat es mir wieder hundert Meter weitergeholfen.«
    Das Dorf tauchte auf. Auf dem roten Bach streifte La Gloïre mit seinem Boot auf der Pirsch nach Abfall umher. Jacquemort rief ihn an. Als das Boot ganz nahe bei ihm war, sprang er hinein.
    »Nun?«, sagte er leutselig. »Was gibt es Neues?«
    »Nichts«, antwortete La Gloïre.
    Jacquemort fühlte, wie im Hintergrund seines Schädels ein Gedanke Gestalt annahm, den er seit dem Morgen mit sich herumgetragen hatte.
    »Sagen Sie«, schlug er vor, »wie wär’s, wenn wir zu Ihnen nach Hause gingen? Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
    »Na gut«, sagte La Gloïre, »warum nicht? Gehen wir. Erlauben Sie?«
    Wie von einer Feder geschnellt, sprang er ins Wasser. Dabei zitterte er schon vor Kälte. Keuchend arbeitete er sich zu einem treibenden Brocken Abfall vor und schnappte ihn geschickt mit dem Mund. Es war eine sehr kleine Hand. Mit Tinte befleckt. Er kletterte wieder an Bord.
    »Da schau her«, sagte er und besah das Ding eingehend, »hat sich der Bankert von Charles doch wieder geweigert, seine Schönschreibübungen zu machen.«

4
    98. Aprigust
    »Mir graut wirklich immer mehr vor diesem Dorf«, sagte sich Jacquemort, während er sich im Spiegel betrachtete.
    Er hatte sich soeben den Bart gestutzt.

5
    99. Aprigust
    Clémentine hatte Hunger. Beim Mittagessen nahm sie kaum mehr etwas zu sich, dann war sie nämlich damit beschäftigt, ihre drei Kleinen zu atzen. Sie überprüfte ihre Zimmertür und drehte den Schlüssel um. Sie war beruhigt. Niemand würde hereinkommen. Sie ging wieder in die Mitte des Zimmers zurück, lockerte sich leicht den Gürtel ihres Leinengewandes. Verstohlen besah sie sich im Schrankspiegel. Sie trat ans Fenster und schloss es ebenfalls. Dann ging sie an den Schrank. Sie ließ sich jetzt Zeit, kostete das Verstreichen der Minuten voll aus. Den Schlüssel zum Schrank trug sie an einem dünnen Lederriemen am Gürtel. Im Schrank roch es übel. Es roch nach

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