Der Herzausreißer
den Kulissen gefahren. Ein starker Geruch von verbranntem Schwefel breitete sich aus.
»Vor acht Tagen«, erklärte der Pfarrer, »habe ich folgendes herausgefunden: mein Küster ist der Teufel!«
Der Küster spie lässig eine ziemlich schöne Stichflamme. Trotz seines langen Morgenmantels konnte man recht gut seine stark behaarten Beine und die gespaltenen Hufe sehen.
»Ein Bravo für ihn!«, schlug der Pfarrer vor.
Ein ziemlich schlapper Applaus ertönte. Der Küster schien verärgert.
»Was könnte GOtt mehr gefallen«, röhrte der Pfarrer, »als einer jener glorreichen und aufwendigen Kämpfe, in deren Veranstaltung sich die römischen Imperatoren so trefflich hervortaten, sie, die Liebhaber des Luxus schlechthin?«
»Genug!«, sagte jemand. »Wir wollen Blut sehen!«
»Gut!«, sagte der Pfarrer, »oh, sehr gut sogar! Dann sage ich euch nur noch eines: ihr seid elende Banausen!«
Er ließ seinen Morgenmantel fallen; zwei Chorknaben dienten ihm als Betreuer; der Küster hatte niemanden. Die Chorknaben stellten Waschbecken, Fußschemel und Handtuch bereit, und der Pfarrer schob den Gebissschutz in den Mund. Der Küster sprach nur ein kabbalistisches Zauberwort, und schon ging sein nacht- schwarzer Morgenmantel auf seinem Leib in Flammen auf und verschwand in einer roten Rauchwolke. Er grinste verschlagen und fing an, sich ein bisschen mit Schattenboxen aufzuwärmen. Der Pfarrer sah bleich aus und schlug ein Kreuzzeichen. Da protestierte der Küster:
»Bitte keine Tiefschläge schon vor Beginn, mein lieber Pfarrer!«
Der dritte Chorknabe schlug kräftig mit einem Hammer gegen ein Kupferblech. Der Küster, der sich bislang in seiner Ecke aufgehalten hatte, kam in die Mitte des Rings vor. Beim Marmeladenbüchsendeckelgongschlag gab es ein allgemeines Ah!
Sofort ging der Teufel mit kurzen rechten Haken zum Angriff über und durchbrach bei jedem dritten die Abwehr des Pfarrers. Letzterer jedoch erwies sich als Beherrscher eines beachtlichen Beinspiels; genauer gesagt, zweier fleischiger, feister, aber trotz ihrer Ungleichheit sehr gelenkiger Beine. Der Pfarrer konterte mit gestreckten Geraden von rechts und versuchte, damit seinen Gegner auf Distanz zu halten. Als der Küster seine Deckung aufgab, um eine Serie von Seitenhieben abzufeuern, nutzte er das aus und landete eine Linke in der Herzgegend, worauf der Küster einen abscheulichen Fluch ausstieß. Die Menge applaudierte. Der Pfarrer wollte sich gerade in die Brust werfen, als ihn ein unvermuteter Aufwärtshaken voll in die Kinnlade traf, was ihm schwer zu schaffen machte. Mit einer schnellen Serie von Linken brachte der Teufel ihm sodann eine Verletzung am rechten Auge bei. Er schien begierig darauf zu sein, eine Probe von seiner technischen Vielseitigkeit zu geben. Schon traten am Körper der beiden Männer rote Flecken auf, und der Pfarrer war schon etwas außer Atem. Als der Küster ihn umklammerte, sagte er zu ihm:
»Vade retro! ...«
Da fing der Küster so zu lachen an, dass er sich die Seiten halten musste; das nutzte der Pfarrer, um ihm zwei ordentliche Gestreckte voll in die Fresse zu knallen. Das Blut spritzte. Fast zur gleichen Zeit erklang der Gong, und die beiden Gegner zogen sich jeder in seine Ecke zurück. Der Pfarrer war sogleich von seinen drei Chorknaben umringt. Die Menge klatschte Beifall, weil anständig Blut geflossen war. Der Teufel nahm einen Benzinkanister zur Hand, tat einen kräftigen Zug und spie dann eine schöne rußende Feuergarbe in die Luft, wobei das Mikrophonkabel leicht verbrutzelte. Die Menge klatschte noch heftiger. Jacquemort fand, dass sich der Pfarrer wacker schlug, als Veranstalter wie auch als Kämpfer. Die Idee, den Teufel leibhaftig auftreten zu lassen, schien ihm vorzüglich.
Unterdessen tupften die Chorknaben dem Pfarrer sorgfältig den Schweiß ab. Er schien nicht in allzu guter Verfassung zu sein, und große blutunterlaufene Male wurden an verschiedenen Stellen seiner Anatomie sichtbar.
»Zweite Runde!«, verkündete das Kind am Gong, und es machte Bomm!
Diesmal schien der Teufel entschlossen, die ganze Chose vor Rundenende zu erledigen. Er griff an wie ein Verrückter und ließ dem Pfarrer kaum Zeit zum Atmen. Es war ein richtiger Hagel von Schlägen, der da herabregnete, sofern man vom Regen überhaupt sagen kann, dass er hagelt. Der Pfarrer ging zwischendurch immer wieder in die Knie und hängte sich sogar ein-, zweimal in die Seile, sehr zum Verdruss seiner Helfer. Doch dann machte er sich eine
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