Der Herzausreißer
kleine Unterbrechung zunutze, ergriff mit beiden Händen den Kopf des Küsters und stieß ihm das Knie wuchtig gegen die Nase. Da ging der Teufel seinerseits mit einem lauten Aufschrei zu Boden.
Und wie aus einer Kehle riefen alle Chorknaben glücklich aus:
»Er schummelt! Es lebe der Pfarrer!«
»Eine Schande!«, versicherte der Teufel und rieb sich unter allen Anzeichen heftigsten Schmerzes die Nase.
Der Pfarrer war kreuzfidel und bog sich vor Lachen; aber es war eine Finte des Teufels gewesen, der sich jetzt plötzlich auf ihn stürzte und ihm zwei fürchterliche Leberhaken verpasste und einen aufwärtigen Schwinger, welchen der Pfarrer, ohne es zu wollen, mit Hilfe seines linken Auges abfing. Welches sich daraufhin schloss.
Der Gong ertönte, zum Glück für den Pfarrer. Er spülte sich mehrmals den Mund aus und ließ sich ein großes rohes Beefsteak vors Auge binden, mit einem Loch darin, durch welches er hätte hindurchsehen können, wäre sein Auge noch dazu imstande gewesen. Der Teufel gab in der Zwischenzeit eine Reihe von Späßen zum besten, die großen Anklang fanden: besonders, als er unversehens die Hose herunterließ und der alten Kolonialwarenhändlerin den Hintern zeigte, erntete er großen Beifall.
Mitten in der dritten Runde, die sich für ihn noch schlechter anließ, zog der Pfarrer heimtückisch, während er mit einer Hand abwehrte, am Mikrophonkabel, das er vorher mit einem Trickmechanismus präpariert hatte. Sogleich klinkte sich der Lautsprecher aus und fiel auf den Kopf des Küsters, der wie vom Blitz gefällt zu Boden ging. Stolz drehte der Pfarrer mit über dem Kopf gekreuzten Fäusten eine Runde durch den Ring.
»Ich bin Sieger durch technischen K.O.«, verkündete er. »GOtt ist es, der durch mich gesiegt hat, dieser GOtt des Luxus und des Reichtums! GOtt war es! Und das in drei Runden!«
»Oh! Ah! Oh!« erklang es aus der Menge.
Die Dorfbewohner blieben einen Augenblick stumm, weil sich alles äußerst schnell abgespielt hatte. Und dann protestierten sie, weil sie die Minute im Durchschnitt teuer zu stehen gekommen war. Jacquemort war etwas unruhig geworden, er hatte das Gefühl, dass alles ein schlimmes Ende nehmen würde.
»Rück das Geld raus, Pfarrer!«, schrie die Menge.
»Nein!«, sagte der Pfarrer.
»Geld zurück! Pfarrer!«
Ein Stuhl kam geflogen, ein zweiter. Der Pfarrer sprang aus dem Ring. Ein wahrer Regen von Stühlen prasselte auf ihn nieder.
Jacquemort verdrückte sich zum Ausgang hin; da erhielt er einen Faustschlag hinters Ohr. Instinktiv ging er in Stellung und erwiderte den Schlag. Er erkannte seinen Widersacher im selben Augenblick, als er ihm mit der Faust die Zähne einschlug. Es war der Schreiner, der, seinen Mundinhalt ausspuckend, niedersank. Jacquemort besah seine Finger; er hatte zwei Knöchel gebrochen. Er leckte das Blut ab. Ein Gefühl der Beschämung überkam ihn. Er schüttelte es jedoch mit einem Schulterzucken ab.
»Was macht das schon ...«, dachte er. »La Gloïre ist dazu da, es mir abzunehmen. Ich hätte ja ohnehin wegen der Ohrfeige, die ich dem Chorknaben gegeben habe, bei ihm vorbeischauen müssen.«
Er verspürte immer noch Lust, sich zu prügeln. Er schlug auf alles ein, was ihm in die Quere kam. Er schlug blindlings um sich; es erleichterte ihn ungemein, Erwachsene zu prügeln.
8
135. Aprigust
Als Jacquemort die Türe von La Gloïres Behausung aufmachte, war dieser gerade dabei, sich anzukleiden. Er hatte soeben in der Wanne aus Massivgold ein Bad genommen, und schlüpfte nun, da er seine alte Arbeitskleidung weggehängt hatte, in einen prunkvollen, mit Goldbrokat ausgeschlagenen Morgenrock. Überall lag Gold herum, das Innere des alten Hauses schien ganz aus wertvollen Metallen zu bestehen. Gold quoll aus Truhen; Geschirr, Sessel, Tische, alles funkelte golden. Beim ersten Mal hatte das Schauspiel Jacquemort in helles Erstaunen versetzt, nun aber betrachtete er es mit derselben Gleichgültigkeit, die er allen nicht direkt mit seiner Manie verbundenen Dingen gegenüber an den Tag legte; das heißt, er sah es überhaupt nicht mehr.
La Gloïre sagte ihm guten Tag und wunderte sich, ihn in diesem Zustand zu sehen.
»Ich habe mich geprügelt«, sagte Jacquemort. »Bei der Vorstellung vom Pfarrer. Alle haben sich geprügelt. Er selber auch, aber unredlich. Deshalb haben sich die anderen ja auch eingeschaltet.«
»Entzückt über diesen Vorwand«, sagte La Gloïre.
Er zuckte die Achseln.
»Ich ...«, sagte Jacquemort, »äh ...
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