Der Herzberuehrer
ein Treffen. Im L'amo. Der Vorschlag kam natürlich von Daniele. Zwar behagte er mir überhaupt nicht, aber ich vermied es zu widersprechen. Sein ganzes Gehabe kam so durch und durch schräg bei mir an, dass ich Angst hatte, ihn möglicherweise irgendwie zu verärgern. Ich wollte Informationen - und die so schnell wie möglich.
Das zweite Telefonat schlug dann eine ganz andere, aber mindestens genau so verwirrende Richtung ein.
Rebecca meldete sich, und schon am Tonfall meiner Schwester merkte ich, dass etwas ganz Außergewöhnliches vorgefallen sein musste.
» ...Ich werde heiraten, Luca... Ist das nicht großartig?«
Ich war fassungslos.
»Luca...? Luca... ist das nicht fantastisch? Deine Schwester wird heiraten...«
»...Das ist... ich... wen denn?«
»Sebastian Cabarese, den Optiker aus der Via Cadore.« Sie sagte dies, als wäre damit alles klar, alles beantwortet. Ich war fast schon davor zu fragen, seit wann das denn mit diesem Sebastian so lief, konnte mich aber im letzten Augenblick noch zurückhalten.
»Du bist glücklich...?«, fragte ich stattdessen etwas dünn.
»Unbeschreiblich... Ich möchte, dass du kommst, Kleiner. Es gibt so viel zu besprechen...«
» Das geht leider schlecht, ich habe gerade Urlaub genommen und...«
»Na, das passt doch ausgezeichnet. Oder fährst du weg?« Ihr Tonfall klang so als sei es der abwegigste Gedanke überhaupt, als dass ich einmal auf die Idee kommen könnte zu verreisen. Aber sie hatte ja Recht.
»Nein...«, antwortete ich daher, «...Es ist nur so, dass...«
»Dann ist es ja kein Problem. Abgemacht, ja?«
»Rebecca. Es passt im Moment wirklich nicht so gut. Bitte...«
Einen Moment hörte ich nur ihren Atem, und dann leise, enttäuscht. » Wäre es okay, wenn ich komme...?«
Immer gerne, das weißt du.«
»Dann machen wir es so, ja?«
»In der kommenden Woche, ja, gerne...«
»Prima. Im Grunde passt das eh viel besser...«
» Na siehst du...«. Ich war froh, wieder die Leichtigkeit aus ihrer Stimme heraushören zu können. »Wir machen uns ein paar schöne Tage...«, schlug ich vor.
»...Machen wir. Und so kann ich mir auch alles in Ruhe ansehen.«
In Ruhe ansehen?
»...In Ruhe... ansehen...?«
»Für die Hochzeit! Ich würde das 'Luro' gern für die Hochzeit buchen. Du glaubst doch nicht etwa, ich feiere im D’Agosta.«
»Wie? Ja... aber...«
»Also abgemacht. Ich freu mich... nächste Woche...« Damit war das Gespräch beendet und ich absolut geplättet.
Rebeccas Hochzeit - hier?
Das hieß, die ganze Familie würde kommen, bei mir einfallen. Unvorstellbar.
Ich musste eine Weg finden, ihr das auszureden.
Unbedingt...
·
»Ist alles in Ordnung?«
Ich war in die Küche gestürmt, um nach meinem Terminkalender zu suchen. Alle meine Telefonnummern befanden sich darin, und die eine oder andere brauchte ich jetzt. Es war früher Nachmittag.
Sandra war dabei, Geflügel für den Abend vorzubereiten. Rebhühner lagen sorgfältig gefüllt, gebunden und mit Speck ummantelt auf der Arbeitsfläche, aber Chip war es, die mir die Frage stellte. Ihre Aufgabe war es offensichtlich, Hirschkeulen von ihren Häuten zu befreien.
»Meine Schwester heiratet...«, antwortete ich daraufhin mit so unheilvoller Mine, dass zuerst keine Reaktion auf meine Worte erfolgte, nur betroffenes Schweigen.
»Ist das schlimm...?«, fragte Sandra schließlich
»Nein, natürlich nicht. Doch sie will hier feiern.«
»Ja, aber – wie wundervoll! Eine Familienfeier. Und das im Lauros...« Sie klatschte begeistert in die Hände, ließ die Arme aber sinken, als sie meinen Gesichtsausdruck registrierte.
»Du magst sie nicht, deine Schwester...«
»Ich liebe sie!«, antwortete ich aufrichtig. »Es ist... die Familie...«
Ich ließ mich auf einen Hocker fallen, der uns als Tritt für die hohen Regale diente.
»...Ich kann mir einfach nicht vorstellen, meine ganze Familie hier zu haben...«
»Aber deine Schwester, die kann das schon?«, fragte Chip mit Nachdruck.
»Ja, sie ist ganz wild darauf...«
»Und? Ist sie eine kluge Frau? Was meinst du?«
»Das ist sie...«. Ich ahnte, worauf sie hinaus wollte, »...Das ist sie zweifellos. Aber sie hat bis heute nicht verstanden worum es mir geht.«
»Worum es dir geht?« Sandra wirkte verwirrt. »Aber die Familie ist doch...«
Ich sah sie groß an, und ich spürte, wie sie unter meinem Blick versuchte, sich kleiner und kleiner zu machen.
»Warum mache ich hier wohl meine Ausbildung?«, brachte ich heftiger hervor als
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