Der Herzensbrecher
konnte, die Wahl im September zu gewinnen, war ein zusätzlicher Vorteil.
Nur eine Vernunftehe, sonst nichts.
Heather Ashford. Er schloss die Augen und versuchte, sich die Frau vorzustellen, die seinen Namen tragen würde. Als die sinnliche blonde Traumgestalt in seiner Fantasie auftauchte, fluchte er. Zweifellos sah sie in Wirklichkeit anders aus, und außerdem wünschte er sich gar keine verführerische Frau. Mit einer respektablen Lehrerin würde er viel besser zurechtkommen - mit einer Fremden, die nichts in seiner Seele bewegte und ihm keine albernen Gefühle entgegenbrachte.
In dieser Ehe würde die Liebe keine Rolle spielen.
Sein Herz konnte er nicht mehr verschenken, weil es mit seiner Frau gestorben war.
Kapitel 1
St. Louis, März 1887
Das Telegramm, das ein Loch in Heathers Rocktasche zu brennen schien, verkündete brüsk und präzise: ANKOMME BAHNHOF MITTWOCH NACHMTITAG / HOCHZEIT DONNERSTAG MORGEN / SOFORTIGE ABREISE NACH COLORADO/ SLOAN MCCORD.
Kein bisschen Romantik ... Dieser Gedanke schürte ihre Angst. Am nächsten Tag würde sie einen Fremden heiraten.
Doch sie konnte sich den Luxus romantischer Träume nicht leisten. Tränen verschleierten ihren Blick, als sie zum letzten Mal durch ihre Schule ging, ein hübsches kleines Gebäude mit Schindeldach, in einem vornehmen Viertel von St. Louis. Hier hatten junge Damen aus gutem Haus fünf Jahre lang Manieren, Konversation und Handarbeiten gelernt, aber auch geographischen, musikalischen und mathematischen Unterricht erhalten. Das Institut genoss einen ausgezeichneten Ruf.
Bedrückt schaute sich Heather in ihrem komfortablen Salon um und dachte an den tränenreichen Abschied von ihren Schützlingen. An diesem Morgen waren die letzten ihrer Schülerinnen noch einmal erschienen, ein Dutzend Mädchen, zwischen neun und sechzehn Jahre alt.
»Bitte, gehen Sie nicht weg, Miss Ashford!«
»Mama will mich auf Mrs. Underwoods Akademie schicken. Lassen Sie das nicht zu, Miss Ashford! Dort würde ich sterben.«
»Können Sie uns nicht nach Colorado mitnehmen, Miss Ashford?«
Stoisch hatte sie die Umarmungen und flehenden Bitten ertragen. Erst als ihr ein gehäkelter Schal überreicht worden war, von allen Mädchen gemeinsam angefertigt, hatte sie die Fassung verloren. Trotz der unregelmäßigen Maschen und zahlreichen Knoten fand sie das Werk wunderschön.
Sie strich wehmütig über den polierten Mahagonideckel des Pianofortes, das so viel erlitten hatte. Nun war dieses Kapitel ihres Lebens beendet.
Gewiss, sie schloss die Schule nur notgedrungen. Darin sah sie keinen Fehlschlag, sondern die Chance auf einen neuen Anfang. Nach den schwierigen Zeiten brauchte sie endlich eine starke Schulter, an die sie sich lehnen konnte. Wenigstens muss ich mich nicht mehr mit den snobistischen Müttern herumplagen, überlegte sie und brachte ein halbherziges Lächeln zustande, das sofort erlosch, als sie sich an das unpersönliche Telegramm ihres Bräutigams erinnerte.
Nur der Gedanke an Caitlins Gratulationsbrief stimmte sie etwas zuversichtlichen Die Freundin hatte Sloan McCords Charakter in den höchsten Tönen gelobt und berichtet, der Rinderzüchter habe während eines blutigen Weidekriegs seine geliebte Frau verloren, eine Cheyenne. Diese Tragödie rührte Heathers Herz, doch sie war auch vor der Schwermut ihres künftigen Ehemanns gewarnt worden.
Wie auch immer, ihr blieb nichts anderes übrig als ihn zu heiraten. Die Schulden ihres Vaters, der einen tödlichen Schlaganfall erlitten hatte, mussten beglichen werden. Und der einzige andere Bewerber war ein Mann, mit dem sie ihr Leben nicht verbringen mochte.
Jetzt musste sie Evan nur noch klarmachen, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte. Entschlossen straffte sie die Schultern, zog ihren grauen Wollmantel über das. schwarze Bombasinkleid und setzte einen schwarzen Hut auf, eine Leihgabe von Caitlins Tante Winifred. Heather trug immer noch Trauer. Eine allzu umfangreiche Garderobe würde sie nicht in die Ehe mitbringen. Die schwarze Farbe betonte ihre Blässe, und die haselnussbraunen Augen wirkten übergroß in ihrem schmalen Gesicht.
Mit bebenden. Fingern versperrte sie zum letzten Mal das Schultor. Am nächsten Morgen würde die Bank das Haus übernehmen - Evan Randolfs Bank. Er glaubte, er hätte gewonnen, dachte sie, während sie den Heimweg antrat und durch die winterliche Kälte eilte. Aber er wird eine
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