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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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ausgeklügelte Traumwelt geschaffen, in der er sich in Olivers älteste Schwester (nicht mit ihm verwandt, darauf hatte er geachtet) verliebte und sie, zum Teufel mit dem Standesunterschied, einfach trotzdem heiratete.
    Natürlich hatte er nie Olivers älteste Schwester kennengelernt. Und er hatte auch nie Mr. oder Mrs. Marshall getroffen. Aber die Realität spielte für seine Träume keine Rolle. Jedes Mal, wenn Oliver einen Brief von zu Hause bekam oder einer seiner Schwestern eine neue Schnitzarbeit schickte – verliebte sich Robert ein wenig mehr in die Familie. Es war vollkommen egal, wie sie waren. Wenn sie ihn nur wiederlieben würden, dann würde er endlich irgendwohin gehören.
    „Ach was“, sagte Oliver und versetzte ihm einen freundschaftlichen Schlag gegen die Schulter. Ein echter Liebesbeweis. „Ich glaube, dass du nichts von deinem Vater in dir hast.“
    Robert zuckte die Achseln. „Wenn du das sagst.“
    Aber es war ihm das Gegenteil bewiesen worden – und von niemandem so nachdrücklich wie von Olivers eigener Familie.
    Es war so gewesen: An dem Tag, an dem Olivers Eltern endlich einmal zu Besuch kamen, hatte sich Robert sorgfältig angekleidet. Er hatte sich die Haare gebürstet und zweimal die Zähne geputzt und drei Anläufe gebraucht, bis er sich das Halstuch zu seiner Zufriedenheit gebunden hatte in dem Bemühen, ernsthaft und respektabel auszusehen. Dann war er rastlos auf und ab gelaufen, während Oliver ihm immer wieder seltsame Blicke zuwarf.
    Er wusste, dass seine Tagträume genau das waren. Sie waren so idiotisch, dass er sie nie vor seinem Bruder erwähnt hatte. Aber selbst wenn es alles Quatsch war, wenn sie ihn nie lieben würden … konnte es doch sein, dass sie ihn wenigstens ein bisschen gern hatten. Nur ein wenig … oder?
    Die Tür öffnete sich. Robert drehte sich um.
    Mr. und Mrs. Marshall waren das Schönste, was er je gesehen hatte. So vollkommen normal. Sie kamen mit ausgestreckten Armen herein, eilten zu Oliver, um ihn zu drücken. Der die Stirn gerunzelt hatte und unwillige Laute und Beschwerden von sich gegeben hatte, der undankbare Kerl – solche Sachen wie „Hör auf, Ma, nicht mein Haar“ und „Küss mich nicht vor allen anderen!“ Und all das Aufhebens, weil sie ihn ein paar Monate lang nicht gesehen hatten. Robert hatte von der anderen Seite des Zimmers zugesehen, einen Kloß im Hals.
    Und dann war der Augenblick gekommen. Nach der liebevollen Begrüßung hatte Oliver sich umgedreht. „Mutter“, hatte er angesetzt, „Vater, das hier ist …“
    Aber dann, in dem Moment, in dem ihr Sohn das sagte, hatte Mrs. Marshall zu ihm geschaut. Ihr Blick fiel auf Robert. Und dann war sie erstarrt – so reglos, dass es sich anfühlte, als sei der ganze Raum mit ihr zum Stillstand gekommen. Ihre Augen waren groß geworden, und alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. Sie hatte ihn angestarrt.
    Und dann, ohne ein Wort zu sagen, ohne auch nur eine Hand grüßend zu heben, hatte sie die Schultern gereckt, hatte auf dem Absatz kehrt gemacht und war aus dem Zimmer gegangen.
    Roberts Lungen schienen mit Glasscherben gefüllt zu sein. Jeder Atemzug, den er machte, schmerzte. Er hatte einen zögernden Schritt nach vorne gemacht – nur um von Mr. Marshall aufgehalten zu werden.
    „Sie müssen der Duke of Clermont sein“, hatte Mr. Marshall ihn angesprochen und ihm den Weg versperrt.
    Er hatte vorgehabt, nach der Vorstellung zu sagen: Nennen Sie mich doch bitte Robert . Aber diese Worte – diese Bitte um Vertrautheit – hätte ihn nur noch verzweifelter aussehen lassen. Es gelang ihm, kurz zu nicken.
    Mr. Marshalls Stimme war ruhig, aber die Wucht des Schlags vermochte er nicht zu mildern. „Sie sehen wie Ihr Vater aus. Sie sind fast sein Ebenbild.“ Er schwieg einen Moment. „So sehr, fürchte ich, dass meine Frau, als sie Sie eben gesehen hat, nicht Sie gesehen hat, sondern ihn.“
    Er hatte genickt, während der Schmerz ihn innerlich zerriss.
    „Vielleicht“, hatte Mr. Marshall behutsam vorgeschlagen, „ist es nicht der beste Augenblick für eine Vorstellung.“
    „Ja“, hatte er geantwortet. „Sir.“
    Und er hatte begriffen, dass es nie den rechten Moment für eine Vorstellung geben würde. Es würde keine trägen Sommertage geben, keine Männergespräche, keine Teller mit Gingerbread für ihn.
    Es war egal, was er tat. Er sah wie sein Vater aus; sein Vater hatte sich Mrs. Marshall aufgezwungen.
    Auf gewisse Weise stammte alles, was er aus sich gemacht

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