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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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hatte, aus diesem Augenblick – aus dem verzweifelten Wunsch zu beweisen, dass er mehr war als das Gesicht seines Vaters.
    Es war dumm zu sagen, sein Herz sei von Leuten gebrochen worden, die er nie zuvor gesehen hatte. Es war noch dämlicher, als es wahr war. Aber noch Monate später hatte er jedes Mal, wenn er daran dachte, einen Stich des Verlustes verspürt. Als ob sie wirklich seine Familie gewesen wären und er sie unter tragischen Umständen verloren hätte.
    Er hatte den Verlust dieser Träume mehr betrauert als den Tod des Kindermädchens aus seinen ersten Lebensjahren.
    „Ich muss nicht dein Gewissen sein“, sagte Oliver und riss ihn aus seinen Erinnerungen. Sein Bruder lehnte sich leicht zu ihm, während sie gingen, genug, um seine Zuneigung zu zeigen. „Du hast selbst eines. Und ich vertraue darauf, dass du dir selbst trauen kannst.“
    Er hatte nicht viel, aber was er hatte, daran würde er festhalten. Und es nie loslassen.
    Er versetzte seinem Bruder einen spielerischen Schubs, aber seine Kehle war eng. „Ich wusste immer schon, dass du leichtgläubig bist“, erklärte er. „Was für ein Glück für mich.“

Kapitel Vierzehn

    I N DEN NÄCHSTEN T AGEN sah Minnie den Herzog nicht.
    Aber es war unmöglich, nicht an ihn zu denken. Sie betrachtete sein Papier unter dem geborgten Vergrößerungsglas eines Juweliers, untersuchte die Tinte, die er auf seinen Flugblättern verwendete, und katalogisierte die unterschiedlichen Lettern aus dem Satz. Es gab da ein kleines e mit einem Haarriss in dem unteren Querstrich; sie hatte es inzwischen auf vier verschiedenen Flugblättern entdeckt. Ein b war leicht verformt.
    All die Beweise, die sie bislang gefunden hatte, setzten sich zu einem Bild zusammen.
    Natürlich waren das alles Details. Jetzt, da sie den Brief von ihm hatte, war das alles überflüssig geworden.
    Und, noch wichtiger, wenn sie sich vorstellte, auf den Straßen von Leicester unterwegs zu sein, sah sie sich nicht länger fleißig Papiermuster sammeln, sondern am Arm des Duke of Clermont flanieren.
    Dumm. Sie war so dumm.
    Sie hatte es sich schon oft genug gesagt, hatte aber festgestellt, dass sie sich nicht dazu bewegen konnte, aufzuhören, an ihn zu denken. Sie erinnerte sich an das Gefühl seiner Lippen, an den Ausdruck in seinen Augen. Sie erinnerte sich an seine Hände, warm auf ihrem Körper. Sie dachte an alles, was er ihr erzählt hatte, und sie kam sich nicht dumm vor.
    Eines Nachmittags schaute sie ihr Spiegelbild an. „Du“, teilte sie sich mit, „bist eine blöde Gans.“
    Ihre grauen Augen erwiderten ihren Blick ernst.
    Er hatte ihr eine Nachricht geschickt. Sein Cousin hielt für die Mechanische Gesellschaft Leicester einen Vortrag, und Clermont hatte sie gebeten zu kommen.
    Minnie war eigentlich der Ansicht, sie sollte besser nicht gehen. Die Dummheit dessen, was sie sich wünschte, führte ihr ihr Spiegelbild unmissverständlich vor Augen. Sie trug ein schlichtes blaues Kleid, eines, das er bereits zweimal an ihr gesehen hatte. Es war streng geschnitten und hoch geschlossen, die Ärmel lang und schmucklos. Die Turnüre war bestenfalls angedeutet, und ihr Rock wies keine Rüschen auf, keine Raffungen oder ähnliches. Stoff war teuer und Bänder noch mehr. Die Vernunft verlangte, sich so zu kleiden, wenn das Geld knapp war. So gekleidet würde niemand sie ansehen. Sie wollte ja auch nicht, dass die Leute sie anstarrten.
    Aber sie wollte ihn zum Lächeln bringen.
    „Oh Minnie“, sagte sie verzweifelt. „Ehrlich, er? Geht es nicht noch ein bisschen hoffnungsloser?“
    Er war Herzog. Sie war …
    „Sieh hin, verdammt.“ Und sie zwang sich, in den Spiegel zu schauen. Nicht auf die angenehmen Teile – die Rundung ihres Busens oder ihre Taille – sondern sich genau ansehen, wer sie war. Auf die Narbe auf ihrer Wange. Die war nicht nur auf ihrer Haut, die Wunde war vielmehr in ihre Seele gegraben. Wilhelmina Pursling war innerlich vertrocknet, streng, still und eine graue Maus .
    „Miss Pursling“, sprach Minnie jede Silbe langsam und deutlich, „ist ein Niemand. Mit Absicht.“
    Aber trotzdem blickten ihre eigenen Augen sie an. Und egal, was sie sich selbst sagte, egal, wie oft sie sich Närrin schalt, dieses wilde ungezähmte Wünschen wallte in ihr auf.
    Dennoch, wenn sie eine Idiotin sein sollte, dann wollte sie das wenigstens mit Stil sein. Und so begab sie sich nach unten und auf die brach liegenden Äcker. Sie ging einen Hügel hinauf und wieder hinunter, suchte in

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