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Der Herzog und seine geliebte Feindin

Der Herzog und seine geliebte Feindin

Titel: Der Herzog und seine geliebte Feindin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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tun haben sollte. Sie redeten über die Vorrechte für den Adel, während er sie am liebsten komplett abgeschafft gesehen hätte. Aber etwas derart Radikales in Angriff zu nehmen, hätte sie nur alle gegen ihn aufgebracht. Daher hatte er seine Gedanken für sich behalten. Er stritt über Details. Er stimmte für Gesetze, die das Leben ein wenig erträglicher machten, während er am liebsten vor Wut über die Ungerechtigkeit geschrien hätte.
    Minnie hingegen … Sie war eine Frau, die wusste, wie es war, zu verbergen, was sie fühlte. Und er begehrte sie verzweifelt, so verflixt verzweifelt.
    „Ich traue mir nicht“, sagte er schließlich.
    Oliver zuckte die Achseln. „Warum solltest du dann mir vertrauen? Ich habe genauso viel von Clermont in mir wie du.“
    „Du …“ Robert brach ab, drehte sich zu seinem Bruder um. „Das ist etwas anderes.“
    „Das gleiche Blut.“ Sein Bruder nahm seine Brille ab. „Die gleichen Augen. Die gleiche Nase.“
    „Aber du … deine …“ Er stammelte, während er versuchte, eine Erklärung zu finden. „Ich kann ein echter Mistkerl sein. Ausgerechnet du müsstest das doch wissen. Und warum du mir überhaupt eine Chance gegeben hast, werde ich nie verstehen.“
    „Das ist leicht.“ Oliver hob die Schultern und schaute auf das Pflaster. „Wenn du nicht dem Herzog nachschlägst, muss ich das auch nicht.“
    Robert blieb stehen.
    „Ich bin selbst kein Hauptgewinn. Ich kann auch ein echter Mistkerl sein. Mein Temperament ist hitziger als bei allen anderen in meiner Familie. Manchmal als Kind habe ich mich selbst vor meinem Jähzorn gefürchtet. Und ich weiß, dass ich meiner Mutter Angst gemacht habe.“ Oliver schüttelte den Kopf. „Ich bin nicht dein Gewissen, Robert. Ich bin kein Mann, der dir zeigt, was richtig ist. Das Leiden meiner Mutter hat mich nicht von Clermonts Blut reingewaschen.“
    „Das ist nicht der Grund, warum ich frage.“ Der Nebel schien seine Worte zu verschlucken. „Ich frage dich, weil …“
    Als sie zusammen in Eton gewesen waren, hatte Oliver Stunden damit verbracht, aus Papier geschickt Schachteln zu falten oder kleine Schafherden komplett mit Schäferin für seine Schwestern zu schnitzen. Seine Mutter hatte sorgfältig angefertigte Zeichnungen der Gebäude erhalten. Und für seinen Vater … nichts war für seinen Vater gut genug. Einmal hatte er es sich in den Kopf gesetzt, seinem Vater Manschettenknöpfe zu besorgen. Und daher hatte Oliver bereits Monate vor November – denn Mr. Marshall hatte im November Geburtstag – angefangen, Schnitzereien für andere Jungen für einen Penny das Stück zu anzufertigen, nur damit er das Geld für das Geschenk zusammenbekam.
    Robert hatte ihn verwundert beobachtet.
    „Du fragst mich, weil …“, hakte sein Bruder nach.
    „Weil ich niemand anderen fragen kann.“
    Robert hatte immer auf eine eigene Familie gehofft – erst hatte er sich seinen Vater fürsorglicher gemacht, als er war, dann indem er sich weisgemacht hatte, seine Mutter liebte ihn. Als er dann erkannt hatte, wie fruchtlos seine Tagträume waren, hatten sich seine Wünsche nach außen verlagert. Es hatte so unmerklich begonnen, dass er den genauen Zeitpunkt nicht hatte festmachen können.
    Er hatte Tagträume gehabt, in denen er Oliver in den Sommerferien nach Hause begleitete. Er hatte sich ausgemalt, wie sie ganze Tage miteinander verbrachten, miteinander redeten und spielten, sich rauften und fischen gingen und all das taten, was Brüder miteinander unternahmen.
    Aber obwohl das nie passiert war – sein Vater und danach sein Vormund hätten es ihm nie erlaubt, seine Ferien bei Leuten aus so einfachen Verhältnissen zu verbringen – war er sogar einen Schritt weiter gegangen. Es war nicht nur einen Bruder, den er wollte, sondern eine ganze Familie.
    Und wie sich herausstellte, hatte Oliver eine, wie er sie sich nicht besser hätte träumen können.
    In seinen Tagträumen würden ihn Olivers Eltern langsam kennenlernen. Mr. Marshall würde Robert Ratschläge erteilen und ihm gelegentlich auf die Schulter klopfen, während Mrs. Marshall ihm Gingerbread reichte oder das tat, was auch immer Mütter gewöhnlich taten. Diese Einzelheiten waren immer aufreizend vage geblieben, aber das war nicht so wichtig gewesen. In seinen wildesten Phantasien hatte er sich vorgestellt, dass er so etwas wie ein lieber Freund der Familie wurde, fast ein Sohn für diese Leute, die Oliver ohne Vorbehalte liebten.
    Bis er sechzehn war, hatte er sich eine

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