Der Herzog Von Köln
Gefühl«, brummte der Angesprochene. »Irgendwie spüre ich Gefahr.«
»Weshalb? Glaubt Ihr, die Dachse schöpften Verdacht?«
»Nein, gewiss nicht.« D’Averc blickte über das Lager. Die Abenddämmerung setzte ein, und er wurde ruhiger. Auf den Mauern der fernen Stadt reihten sich die Verteidiger, bereit, sich gegen eine Armee zur Wehr zu setzen, der bisher noch niemand widerstanden hatte, außer der Kamarg. »Gewiss nicht«, wiederholte d’Averc mehr zu sich selbst. »Aber mir wäre wohler, wenn …«
»Wenn was?«
»Ich glaube, ich werde ein wenig durch das Lager streifen und sehen, ob ich ein paar Neuigkeiten erfahren kann.«
»Haltet Ihr das für sehr klug? Außerdem, was ist, wenn uns Krieger des Eberordens anreden und wir ihnen nicht in ihrer Geheimsprache antworten können?«
»Ich werde nicht lange bleiben. Zieht euch in eure Zelte zurück.«
Falkenmond hätte ihn gerne zurückgehalten, aber wusste nicht, wie er es tun sollte, ohne Aufsehen zu erregen. Besorgt blickte er dem Franzosen nach.
In diesem Augenblick erklang eine Stimme hinter ihm. »Eure Wurst lässt einem das Wasser im Mund zusammenlaufen.«
Falkenmond wandte sich erschrocken um. Es war ein Krieger in der Maske des Wolfsordens.
»Möchtest du eine Scheibe – ah – Bruder?« fragte Oladahn schnell. Er säbelte ein Stück ab und gab es dem Wolfssoldaten. Der Mann drehte sich um, hob seine Maske, schob die Wurst in den Mund und zog hastig den Helm wieder herab, dann drehte er sich erneut den Gefährten zu.
»Habt Dank«, brummte er mit vollem Mund. »Ich war seit Tagen unterwegs und habe so gut wie nichts in den Magen bekommen. Unser Konnetabel ist ein arger Antreiber. Wir sind eben erst angekommen.« Er lachte. »Und mit welcher Eile dazu. Es war ein Gewaltmarsch von der Provence hierher.«
»Von der Provence?« entfuhr es Falkenmond unwillkürlich.
»Kennst du sie?«
»Ich war einmal dort. Haben wir die Kamarg schon erobert?«
»So gut wie. Unser Konnetabel meint, es kann sich nur noch um Tage handeln. Sie sind führerlos, und die Verpflegung geht ihnen aus. Die merkwürdigen Waffen, die sie haben, haben zwar Millionen von uns getötet, aber damit dürfte nun bald Schluss sein.«
»Was ist mit ihrem Lordhüter passiert? Dem Grafen Brass?«
»Er ist tot, habe ich gehört, oder zumindest fast. Ihr Widerstandgeist lässt immer mehr nach. Bis wir zurück sind, dürfte dort alles vorbei sein. Ich bin sehr froh darüber. Wir waren Monate dort. Das ist das erste Mal, dass ich zu einem anderen Kriegsschauplatz komme. Noch mal Dank für die Wurst, Kameraden. Gutes Töten morgen!«
Falkenmond blickte dem Wolfskrieger nach, als er in die Nacht stapfte, die nun von Tausenden von Lagerfeuern erhellt war. Er seufzte und betrat Yisseldas Zelt. »Hast du es gehört?« fragte er sie.
»Ja.« Sie hatte Helm und Beinschienen abgenommen und kämmte ihr Haar. »Offenbar lebt mein Vater also noch.« Sie sprach mit betont beherrschter Stimme, und Falkenmond sah sogar in der Dunkelheit des Zeltes die Tränen in ihren Augen.
Er nahm zärtlich ihr Gesicht in seine Hände. »Du darfst dir keine unnötigen Sorgen machen, Liebste«, mahnte er. »In ein paar Tagen werden wir an seiner Seite sein.«
»Wenn er so lange lebt …«
»Er erwartet uns. Er wird nicht sterben.«
Später trat Falkenmond wieder ins Freie. Oladahn saß beim erlöschenden Feuer. »D’Averc bleibt lange aus«, murmelte er.
Falkenmond machte ein besorgtes Gesicht. »Ob ihm etwas zugestoßen ist?«
»Eher glaube ich, er hat uns einfach verlassen …« Der Mann aus den Bulgarbergen hielt inne, als mehrere Gestalten sich aus den Schatten lösten.
Falkenmond sah mit Schrecken, dass es sich um Eberkrieger handelte. »Schnell ins Zelt«, flüsterte er Oladahn zu.
Aber es war bereits zu spät. Einer der Ebersoldaten begann in der Geheimsprache seines Ordens auf Falkenmond einzureden. Der Herzog nickte und hob die Hand, als erwidere er einen Gruß, in der Hoffnung, dass es damit getan war. Aber der Ton des anderen wurde eindringlicher. Falkenmond versuchte in sein Zelt zu schlüpfen, doch der Sprecher hielt ihn am Arm zurück.
Wieder redete er auf ihn ein. Falkenmond hustete und täuschte eine Halskrankheit vor. Er deutete auf seine Kehle. Da sagte der Eber: »Ich lud dich ein, Bruder, mit uns zu trinken. Nimm die Maske ab!«
Falkenmond wusste, dass kein Angehöriger irgendeines Ordens das von einem verlangen würde – außer er verdächtigte ihn, sie zu Unrecht zu tragen.
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