Der Herzog Von Köln
»Damit sie sehen können, was vor sich geht!«
Aus dem Sattel blickte er in den Wagen. »Ihr müsst sie aufrichten!« wandte er sich an seine schwitzenden Männer. Sie mühten sich mit den dreien ab, die durch ihre Rüstung und die Ketten ein gewaltiges Gewicht hatten. »Sie sehen nicht besonders gut aus«, fügte er hinzu. »Und ich dachte, sie seien so ausdauernd!«
D’Averc kam an Baron Meliadus’ Seite geritten. Er hustete und hing halb zusammengekauert im Sattel. »Und Ihr seid noch immer in recht schlechter gesundheitlicher Verfassung, d’Averc«, wandte der Baron sich an ihn. »Hat mein Feldscher Euch denn nicht die Medizin zusammengebraut, nach der Ihr verlangtet?«
»Doch, das tat er, Lord Baron«, erwiderte d’Averc schwach, »aber sie lindert meine Schmerzen nur wenig.«
»Vielleicht tatet Ihr zuviel des Guten mit dieser Mischung von Kräutern, die Ihr ihm angabt.« Meliadus wandte seine Aufmerksamkeit wieder den drei Gefangenen zu. »Seht, wir halten auf diesem Hügel an, damit Ihr einen Blick auf Euer Land werfen könnt.«
Falkenmond blinzelte in der Mittagssonne und erkannte die Marschen seiner geliebten Kamarg, die sich bis zum Horizont erstreckten.
Doch in der Nähe sah er die gewaltigen, düsteren Wachtürme – die Stärke der Kamarg – mit ihren ungewöhnlichen Waffen von unvorstellbaren Kräften, deren Geheimnis nur Graf Brass bekannt war. Und ganz in ihrer Nähe kampierte eine schwarze Masse von Männern – die geballten Streitkräfte des Dunklen Imperiums.
»Oh!« schluchzte Yisselda. »Einer solch gewaltigen Zahl vermag sie nicht zu widerstehen!«
»Eine sehr vernünftige Einsicht, meine Teure.« Baron Meliadus lächelte. »Ihr habt natürlich völlig recht.«
Der Hügel, auf dem die Kolonne haltgemacht hatte, führte allmählich abwärts zu der Ebene, wo die Truppen des Dunklen Imperiums sich dicht an dicht drängten. Falkenmond sah Infanterie, Kavallerie, Pioniere, Kompanie um Kompanie. Er sah Kriegsmaschinen von gewaltiger Größe, riesige Flammenwerfer, Ornithopter, die durch den Himmel flatterten, in solcher Zahl, dass sie die Sonne über den Köpfen der Zuschauer verdunkelte. Alle Arten von Metall waren gegen die friedvolle Kamarg herbeigeschleppt worden – Messing und Eisen und Bronze und Stahl, widerstandsfähige Legierungen, denen die Flammenlanzen nichts anzuhaben vermochten, Gold und Silber und Platin und Blei. Geier marschierten neben Fröschen, Pferde neben Maulwürfen, und Wölfe, Eber, Hirsche, Wildkatzen, Adler, Ratten, Dachse und Wiesel drängten sich Seite an Seite. Seidene Banner flatterten in der feuchtwarmen Luft, sie trugen die Farben von gut drei Dutzend Edelleuten aus allen Ecken Granbretaniens. Rot leuchtete hier, Geld, Purpur und Schwarz, Blau und Grün und grelles Rosa, und das Sonnenlicht brach sich in hunderttausend Augen und ließ die Masken so scheinbar böse grinsen.
»Hah!« lachte Baron Meliadus. »Das ist meine Armee. Hätte Graf Brass sich damals nicht geweigert, uns zu helfen, wäret ihr nun ehrenvolle Verbündete des Dunklen Imperiums. Aber weil ihr euch widersetztet, sollt ihr bestraft werden. Ihr dachtet, eure Waffen und Türme und der Mut eurer Mannen wäre genug, sich Granbretanien zu widersetzen. Doch dem ist nicht so, Dorian Falkenmond. Seht selbst, welche Toren ihr wart!« Er warf seinen Kopf zurück und brach in hämisches Gelächter aus. »Zittert, Falkenmond – und Ihr, Yisselda ebenfalls –, zittert, wie eure Freunde nun in ihren Türmen zittern, denn sie wissen, dass diese fallen werden, wissen, dass die Kamarg Schutt und Asche sein wird, ehe die Sonne wieder aufgeht. Ich werde die Kamarg vernichten und wenn ich dazu meine ganze Armee opfern muss!«
Und Falkenmond und Yisselda zitterten in der Tat, doch in Trauer über das, was der wahnsinnige Baron prophezeite.
»Graf Brass ist tot!« rief Baron Meliadus und wandte sein Pferd, um an die Spitze seines Trupps zu reiten. »Und nun stirbt auch sein Land!« Er hob den Arm. »Vorwärts! Lasst sie das Gemetzel miterleben!«
Der Wagen begann sich erneut in Bewegung zu setzen und holperte hügelabwärts zur Ebene, und die Gefangenen, die mit Stricken aufrecht gehalten wurden, blickten wie betäubt vor sich hin.
D’Averc blieb an der Seite des Wagens und hustete übertrieben. »Die Medizin des Barons ist nicht schlecht«, bemerkte er schließlich. »Sie müsste eigentlich die Krankheiten aller heilen.« Nach dieser etwas rätselhaften Bemerkung trieb er sein Pferd an und ritt
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