Der Herzog Von Köln
»Ich werde es Euch erklären …«
In diesem Augenblick stürmte einer der erschöpften Verteidiger in die Halle. »Herr«, rief er Graf Brass zu. »Baron Meliadus hat eine weiße Fahne gehisst. Er will mit Euch an der Stadtmauer verhandeln.«
»Ich habe mit ihm nichts zu besprechen«, brummte Graf Brass.
»Er sagt, er wird noch heute Nacht angreifen. Er kann die Mauern innerhalb einer Stunde niederbrechen, denn er hat eigens zu diesem Zweck gut ausgeruhte Truppen zurückgehalten. Er sagt, wenn Ihr ihm Eure Tochter, Sir Falkenmond, Sir d’Averc und Euch selbst ausliefert, wird er mit den anderen Gnade walten lassen.«
Graf Brass überlegte einen Augenblick.
»Es ist nutzlos, über einen solchen Handel auch nur nachzudenken, Graf Brass«, mahnte Falkenmond. »Wir wissen beide gut genug, was von Meliadus’ Versprechen zu halten ist. Er will damit den Kamarganern nur den letzten Mut nehmen, um zu einem leichteren Sieg zu kommen.«
Graf Brass seufzte. »Aber wenn es stimmt, was er sagt, und daran habe ich keinen Zweifel, dann wird er die Mauern in kürzester Zeit durchbrochen haben, und wir werden alle sterben.«
»In Ehren zumindest«, warf d’Averc ein.
»Ja.« Graf Brass lächelte ein wenig wehmütig. »In Ehren zumindest.« Er wandte sich an den Kurier. »Sag Baron Meliadus, dass wir nicht das Bedürfnis haben, mit ihm zu sprechen.«
Der Kurier verbeugte sich. »Das werde ich, mein Lord.« Er verließ die Halle.
»Es wird das beste sein, wir kehren zur Stadtmauer zurück«, schlug Graf Brass vor und erhob sich müde, gerade als Yisselda den Raum betrat.
»Ah, Vater, Dorian, dem Himmel sei Dank – ihr seid beide unverletzt.«
Falkenmond umarmte sie. »Aber wir müssen nun zurück«, erklärte er ihr. »Meliadus beabsichtigt einen neuen Angriff.«
»Wartet!« rief der Ritter in Schwarz und Gold. »Ihr habt meinen Plan noch nicht gehört.«
12 Zuflucht im Nichts
Baron Meliadus lächelte, als er die Botschaft des Kuriers vernahm.
»Nun gut«, wandte er sich an seine Hauptleute. »Wir werden die ganze Stadt zerstören und so viele ihrer Bürger wie nur möglich am Leben lassen, um zum Siegesfest zu unserem Ergötzen ein paar Spielchen mit ihnen zu veranstalten.« Er drehte das Pferd und kehrte zu den frischen Truppen zurück.
»Vorwärts!« befahl er ihnen und blickte ihnen nach, als sie auf die dem Untergang geweihte Stadt zuströmten.
Er sah die Feuer auf den Stadtmauern, die in ihrer Zahl geschrumpften Verteidiger dort, die wussten, dass nun ihr Ende kam. Er sah die malerische Silhouette der Burg, die einst die Stadt so wohl beschützt hatte, und er lächelte hämisch. Triumph erfüllte ihn mit innerer Wärme, denn so lange hatte er auf diesen Augenblick seines Sieges gewartet – es waren jetzt zwei Jahre vergangen, seit man ihn aus der Burg geworfen hatte.
Nun hatten seine Truppen die Mauer fast erreicht. Er stieß seinem Pferd die Sporen in die Weichen, um es voranzutreiben, damit er die Schlacht besser überblicken könne.
Er runzelte die Stirn. Irgendetwas schien mit dem Licht nicht zu stimmen, denn die Umrisse der Stadt und Burg verschwammen plötzlich.
Er öffnete die Maske und rieb sich heftig die Augen, dann starrte er erneut.
Die Silhouetten von Burg Brass und der Stadt Aigues-Mortes schienen zu glühen, rosa zuerst, dann blaßrot und schließlich Schariachfarben. Baron Meliadus benetzte seine trockenen Lippen und fürchtete um seinen Verstand.
Die Truppen hielten in ihrem Angriff inne. Erschrocken wichen sie zurück. Die ganze Stadt, der Burgberg und die Burg selbst waren nun von einem flammenden Blau umgeben. Dann begann es zu verblassen, und Burg Brass mitsamt der Stadt Aigues-Mortes war verschwunden. Ein heftiger Wind erhob sich, der Baron Meliadus fast aus seinem Sattel riss.
»Wachen!« schrie er. »Was ist geschehen?«
»Die Stadt – ist weg, mein Lord«, stammelte eine nervöse Stimme.
»Weg? Unmöglich. Wie kann eine ganze Stadt und ein Berg verschwinden? Nein, nein, sie sind noch hier. Sie müssen einen Schutzschirm darum erreichtet haben, der sie unsichtbar macht.«
Baron Meliadus galoppierte auf die Stelle zu, wo die Stadtmauer gestanden hatte. Er erwartete, auf eine Barriere zu stoßen, doch nichts hielt ihn auf. Die Pferdehufe stampften nun über weiche Erde, die aussah, als wäre sie frisch gepflügt.
»Sie sind mir entwischt!« heulte er auf. »Aber wie? Welcher Macht verdanken sie das? Wer könnte über eine größere Wissenschaft verfügen als
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