Der Herzog Von Köln
Lieben und so weiter veranlasste, war seine Reaktion rein psychisch.
Endlich entließ die Glocke ihn, und er stand Baron Kalan gegenüber.
»Es sieht so aus, als wäret Ihr auf seltsame Weise geistig zu gesund, mein Lord Herzog«, murmelte der Baron. »Paradox, nicht wahr? Tja, zu gesund. Es ist, als fehle ein Teil Eures Gehirns oder habe sich vom Rest abgekapselt. Doch wie dem auch sei, ich kann Baron Meliadus nur melden, dass Ihr für seinen Zweck wie geschaffen seid, solange bestimmte Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.«
»Welcher Zweck ist das?« fragte Falkenmond ohne wirkliches Interesse.
»Es obliegt ihm, Euch das zu sagen.«
Kurz danach verabschiedete Baron Kalan sich von Falkenmond, der von zwei Wachen vom Orden der Gottesanbeterin durch ein Labyrinth von Gängen geführt wurde. Schließlich standen sie vor einer Tür aus poliertem Silber, die sich zu einem karg möblierten Raum öffnete. Spiegel bedeckten Wände, Boden und Decke; einzig am anderen Ende gab ein großes Fenster, durch das man auf einen Balkon gelangte, den Blick auf die Stadt frei. Nahe dem Fenster stand eine Gestalt mit schwarzer Wolfsmaske, die nur Baron Meliadus sein konnte.
Baron Meliadus wandte sich den Ankömmlingen zu und schickte mit einer Handbewegung die Wachen fort. Dann zog er an einer Kordel, und Wandteppiche entfalteten sich vor den Spiegeln. Falkenmond konnte sein Spiegelbild jedoch noch immer an der Decke oder auf dem Boden erkennen. Er blickte aber durch das Fenster.
Ein dicker Nebel bedeckte die Stadt, grünschwarze Schwaden umhüllten die Türme und verbargen den Fluss. Es war Abend. Die Sonne war nahezu völlig untergegangen, und die Türme glichen seltsamen unwirklichen Felsformationen, die aus einem Urmeer ragten. Hätte sich ein großes Reptil erhoben und ein Auge gegen das nebelnasse Fenster gepresst, wäre Falkenmond gewiss nicht verwundert gewesen.
Ohne die Spiegel wirkte der Raum noch trister; denn es gab keine künstliche Lichtquelle. Der Baron, der sich gegen das Fenster abhob, summte vor sich hin und beachtete Falkenmond nicht.
Von irgendwo aus den Tiefen der Stadt hallte ein schwacher, verzerrter Schrei durch den Nebel und erstarb. Baron Meliadus nahm seine Wolfsmaske ab und besah sich Falkenmond, den er jetzt kaum mehr erkennen konnte. »Kommt näher ans Fenster, mein Lord«, forderte er ihn auf. Falkenmond ging auf ihn zu und rutschte ein oder zweimal auf den kleinen Teppichen aus, die den Spiegelboden teilweise bedeckten.
Baron Meliadus räusperte sich. »Ich habe mir Baron Kalans Bericht angehört. Ihr seid ihm ein Rätsel. Es ist, sagt er, als wäre ein Teil von Euch gestorben. Ich frage mich woran. An Demütigung? Oder starb es aus Gram? Aus Furcht? Ich hatte nicht mit solchen Komplikationen gerechnet. Ich dachte, mit Euch einen simplen Handel abzuschließen – Euch etwas zu geben, das Ihr Euch ersehnt, für einen Dienst, den Ihr mir erweist. Ich bin immer noch daran interessiert. Seid auch Ihr es, mein Lord Herzog?«
»Woran dachtet Ihr?« Falkenmond blickte an Baron Meliadus vorbei durchs Fenster auf den immer dunkler werdenden Himmel.
»Ihr habt sicher von Graf Brass, dem alten Helden, gehört?«
»Ja.«
»Er ist jetzt Lordhüter der Provinz Kamarg. Er weigert sich, unserem erhabenen Reichskönig zu Willen zu sein, und beleidigt Granbretanien. Wir gedenken, ihn zur Besinnung zu bringen. Das lässt sich am besten dadurch bewerkstelligen, dass wir seine Tochter, die ihm lieb und teuer ist, entführen und als Geisel hierherbringen. Das ist jedoch nicht so einfach, denn der Graf würde keinem unserer Abgesandten und auch keinem ihm Unbekannten trauen. Sicher hat er jedoch von Eurer Rebellion und der Schlacht zu Köln gehört und sympathisiert zweifellos mit Euch. Bätet ihr ihn in der Kamarg um Asyl, er würde euch bestimmt willkommen heißen. Seid Ihr erst in seiner Burg, dürfte es einem Mann von Eurem Einfallsreichtum nicht schwer fallen, den richtigen Augenblick zu nutzen und das Mädchen zu entführen. Außerhalb der Grenzen der Kamarg könnt Ihr mit unserer vollsten Unterstützung rechnen. Die Kamarg ist nur ein kleines Land, und Ihr werdet sicher keine Schwierigkeiten haben zu entkommen.«
»Das wollt Ihr also von mir?«
»So ist es. Als Dank erhaltet Ihr Euer eigenes Land zurück, das Ihr nach Eurem Gutdünken regieren mögt, solange Ihr Euch weder in Wort noch Tat gegen das Dunkle Imperium auflehnt.«
»Meine Leute leben in bitterer Not unter Granbretanien«, murmelte
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