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Der Herzog Von Köln

Der Herzog Von Köln

Titel: Der Herzog Von Köln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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meinte er.
    »Oh, durchaus.«
    Graf Brass blieb unter der Tür stehen. »Der Edelstein – jener in Eurer Stirn –, Ihr sagtet, Meliadus’ Experiment blieb erfolglos, da er es nicht zu Ende führen konnte.«
    »So ist es, mein Lord Graf.«
    »Aha …« Brass blickte auf den Boden, dann nach einer Weile wieder hoch. »Ich wüsste vielleicht eine Zauberkunst, die das Juwel zu entfernen vermag, wenn es Euch stört …«
    »Es stört mich nicht«, murmelte Falkenmond.
    »Aha«, wiederholte der Graf und verließ das Gemach.
     
    In jener Nacht erwachte Falkenmond genauso abrupt wie Tage zuvor in dem kleinen Städtchen. Er vermeinte eine Gestalt am Fenster zu sehen – einen Ritter in schwarzer und goldener Rüstung. Einen Augenblick schlossen sich seine schlafschweren Lider, und als er sie wieder öffnete, war die Gestalt verschwunden.
    In Falkenmonds Brust begann sich ein Konflikt zu entspinnen – ein Konflikt vielleicht zwischen einer menschlichen Regung und ihrem Fehlen. Vielleicht war es auch ein Kampf zwischen dem Gewissen und der Abwesenheit des Gewissens. Wenn Konflikte dieser Art überhaupt möglich waren!
    Doch was immer auch die Art dieses Konfliktes war, es bestand kein Zweifel, dass Falkenmonds Wesen sich ein zweitesmal veränderte. Es war nicht dasselbe, das ihn bei der Schlacht zu Köln geleitet, noch glich es jener Apathie, die ihn seither befallen hatte. Es war eine von Grund auf neue Charakterbildung, als würde er noch einmal als völlig anderer Mensch geboren. Doch diese Anzeichen seiner Neugeburt waren noch äußerst schwach und verborgen, und ein Auslöser war erforderlich, um sie ganz herbeizuführen.
    Als er am Morgen erwachte, dachte Falkenmond darüber nach, wie er die Entführung Yisseldas so schnell wie möglich bewerkstelligen konnte, um nach Granbretanien zu fliehen und, vom Schwarzen Juwel befreit, ins Land seiner Jugend zurückkehren zu können.
    Als er seine Gemächer verließ, traf er Bowgentle.
    Der Poet und Philosoph nahm ihn beim Arm. »Ah, mein Lord Herzog, wollt Ihr mir nicht ein wenig von Londra erzählen. Ich war noch nie dort, obwohl ich in meiner Jugend viel gereist bin.«
    Falkenmond wandte sich Bowgentle zu, wissend, dass mittels des Schwarzen Juwels auch die Adligen Granbretaniens dieses Gesicht so sehen konnten wie er selbst. Bowgentle wirkte aufrichtig interessiert, und Falkenmond sah, dass dieser keinen Verdacht hegte.
    »Es ist riesig und hoch und düster«, erwiderte Falkenmond. »Von komplexer Architektur mit wunderlichem verschnörkeltem Schmuckwerk.«
    »Und die Stimmung? Ich meine, welche Aura strahlt Londra aus? Was war Euer Eindruck?«
    »Macht«, erwiderte Falkenmond. »Selbstbewusstsein …«
    »Irrsinn?«
    »Ich bin nicht in der Lage zu beurteilen, was normal ist und was nicht, Sir Bowgentle. Vielleicht findet Ihr mich, sagen wir, seltsam? Meine Manieren unbeholfen?«
    Erstaunt über diese Wendung des Gesprächs, betrachtete Bowgentle Falkenmond nachdenklich. »Ich glaube, so ist es -aber weshalb stellt Ihr mir diese Frage?«
    »Weil ich Eure Fragen mehr oder weniger sinnlos finde. Verzeiht, ich will Euch damit nicht beleidigen …« Falkenmond rieb sich das Kinn. »Ich finde sie sinnlos, das ist alles.«
    Sie stiegen die Treppe zum großen Saal hinab. Dort war das Frühstück gerichtet, und von Villach bearbeitete bereits ein großes Steak mit Messer und Gabel.
    »Sinn«, murmelte Bowgentle. »Ihr fragt Euch, was Irrsinn ist – und ich mich, was Sinn ist.«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Falkenmond. »Ich weiß nur, was ich tue.«
    »Durch Euer Schicksal habt Ihr Euch in Euch selbst zurückgezogen – Gewissen und Moral verdrängt?« meinte Bowgentle mitfühlend. »Das ist unter den Umständen nicht ungewöhnlich. In alten Schriften liest man viel über solche, die unter Zwang die nämlichen Gefühle verloren. Gutes Essen und angenehme Gesellschaft sollte dazu beitragen, dass Ihr wieder gesundet. Es war Euer Glück, den Weg nach Burg Brass gefunden zu haben. Vielleicht sandte Euch eine innere Stimme zu uns.«
    Falkenmond hörte ihm ohne Interesse zu; er beobachtete Yisselda, die die Treppe auf der gegenüberliegenden Seite des Saals herunter kam und ihn und Bowgentle anlächelte.
    »Habt Ihr Euch gut ausgeruht, Lord Herzog?« fragte sie. Noch ehe Falkenmond antworten konnte, sagte Bowgentle: »Er hat mehr gelitten, als wir ahnten. Es werden vermutlich noch zwei Wochen oder mehr vergehen, ehe unser Gast sich ganz erholt hat.«
    »Oh«, murmelte Yisselda.

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