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Der heulende Müller

Titel: Der heulende Müller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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hörnchenfell hatte. Kleinwild mit der Handfeuerwaffe zu treffen ist schwer. Der Kommissar mußte wieder und wieder schießen. Er leerte das ganze Magazin auf das kleine Wesen, das von Baum zu Baum flüchtete, die Hunde auf den Fersen. Der wütende Kommissar rannte hinterher, daß der Reutuberg hallte, erwischte seine Beute aber nicht, denn die Munition ging ihm aus. Zur unbändigen Freude der Hunde holte Wachtmeister Portimo das Eichhörnchen schließlich mit seiner Flinte herunter. Er überreichte das blutige kleine Fellknäuel dem Kommissar, doch der wollte es nicht haben und schleuderte es wütend ins Gebüsch.
    Die Hunde waren schwer aus dem Wald fortzube­ kommen. Der Kommissar trat den Heimweg an und überließ es Portimo, die ausgelassenen Tiere nach Hau­ se zu locken. Im Kirchdorf angekommen, mußte der Kommissar den entgegenkommenden Leuten den Grund für die Schießerei erklären. Verdrossen zog er sich in sein Büro zurück.
    Ausgerechnet jetzt kam ein Anruf aus der Ouluer Ner­ venklinik. Man fragte an, ob der neurasthenische Pati­ ent, ein gewisser Huttunen, gefunden worden sei. Der Kommissar knurrte in den Hörer, der Mann habe trotz etlicher Versuche noch nicht gefaßt werden können.
    »Wieso haben Sie den Irren laufenlassen, verflucht noch mal! Sie haben eine geschlossene Anstalt, die aus Ziegeln gebaut ist, und lassen den Kerl einfach raus­ marschieren. Sie sollten sich um Ihre Bekloppten besser kümmern«, wetterte der Kommissar.
    Aus Oulu kam die trockene Erwiderung, der fragliche geisteskranke Patient sei keineswegs ein Einheimischer, sondern stamme aus ebenjenem Sprengel, wo anschei­ nend auch in anderen Berufen als dem des Müllers Irre beschäftigt seien, und die Ergreifung des Flüchtigen obliege dem Kommissar. Der erbitterte und ergebnislose Wortwechsel über die Verantwortlichkeiten wurde noch eine Weile fortgesetzt, bis der Kommissar wütend den Hörer auf die Gabel knallte.
    In der folgenden Nacht heulte Huttunen nicht, son­ dern besuchte das Kirchdorf. Er schlich um die Häuser und holte sich in Suukoski von seiner Klubparzelle ein wenig Wurzelgemüse, Rüben und Möhren gegen den schlimmsten Hunger. Die Mühle betrat er nicht, denn er fürchtete, daß dort jemand Wache hielt.
    Siponens widerlicher Köter erwachte nicht, als Huttu­ nen sich von hinten ans Haus schlich. In der Stube und in der Kammer schliefen die Leute, aber in der Mansar­ de brannte Licht. Die Klubberaterin war also wach. Huttunen warf einen kleinen Stein an die Fensterschei­ be und verbarg sich abwartend hinter den Johannis­ beersträuchern. Bald erlosch das Licht im Zimmer. Das Fenster öffnete sich, und Sanelma Käyrämö steckte ihren Lockenkopf heraus. Mit verweinten Augen blickte sie in den Garten. Huttunen trat aus dem Schutz der Sträucher hervor und flüsterte zu seiner Geliebten hin­ auf:
    »Hast du das Geld von der Bank geholt, liebe Sanel­ ma? Wirf mir die Brieftasche runter!«
    Sie schüttelte traurig den Kopf und flüsterte eine Antwort. Als Huttunen nichts verstand, warf sie ihm ein kleines Blatt Papier hinunter. Huttunen hob es auf und las:
    »… ist die Bank nicht bereit, Ihr… Guthaben oder dessen Zinsen auszuzahlen… Hochachtungsvoll, Ihr A. Huhtamoinen, Bankdirektor.«
    Huttunen begriff nichts. Er flüsterte hektisch zum Fenster hinauf, fragte und rief so viel, daß Siponens Hund vor dem Haus erwachte und schläfrig zu bellen anfing. Sanelma Käyrämö erschrak, schrieb ein paar Worte auf einen Papierfetzen und warf ihn hinunter. Der Text lautete:
    »Liebster Gunnar. Wir treffen uns morgen um 18 Uhr hinter Viittavaaras Milchbock im Wald.«
    Der Einsiedler zog sich in den Wald zurück, um über die Situation nachzudenken. Bauer Siponen war vom Gebell seines Hundes aufgewacht. In Strümpfen und Unterhosen, die Flinte in der Hand, trat er vors Haus. Er inspizierte den Schuppen und die Sauna, horchte lange in die stille Nacht und starrte in den Wald, ebenso wie sein Hund. Als dieser schließlich aufhörte zu kläffen, schnauzte der Bauer ihn an und kehrte in die Stube zurück.
    Huttunen aß im Wald ein paar Rüben, die er mit dem Messer abschabte. Er grübelte, warum in aller Welt der Bankdirektor nicht eingewilligt hatte, Sanelma sein Geld auszuhändigen. Mit welchem Recht hatte Huhtamoinen
    dermaßen niederträchtig gehandelt? Huttunen bekam eine mächtige Wut. Er vergrub die restlichen Rüben in einem Erdloch und lief schnell durch die Wälder zur Bank.
    Die Bank des Sprengels befand

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