Der heulende Müller
fluß. Dort bildeten sie eine lichte Kette und rückten flußaufwärts vor, dorthin, wo sich laut Aussage des Anglers das Lager befand. Bald kamen sie am Floß vorbei. Es sei ein Stück nach unten verlegt worden, stellte der Mann fest.
Der Kommissar befahl flüsternd, ein Teil der Männer solle sich durch den Wald hinter das Lager schleichen, die anderen sollten sich diesseits des Lagers verteilen und Wachtposten beziehen. Das Flußufer blieb ungesi chert, denn man ging davon aus, daß selbst Huttunen nicht so verrückt wäre, in den Fluß zu rennen, hinter dem der tückische Sumpf wartete. Geräuschlos nahmen die Belagerer ihre Plätze rings um das Lager ein; der Kommissar gab mit der Lockpfeife das Signal, und die Männer begannen den Kreis enger zu ziehen. Sie kro chen und robbten über den feuchten Boden und beka men nasse Knie, aber die Situation war so spannend, daß sich niemand beklagte.
Nach einer halben Stunde hatte sich die Kette um das Lager geschlossen. Der Kommissar gab den Befehl zum Blitzangriff. Schrecklich brüllend und lärmend stürzten neun bewaffnete Männer aus dem nächtlichen Wald.
Aber das Lager war leer. Niemand schlief im Unter stand, die Aktion war mißglückt… Die Sturmtruppe umringte den Angler und äußerte Zweifel über den Wert seiner Anzeige. Der Mann sagte, er gehe nach Hause, und verschwand gleich darauf im Wald.
Viittavaara zerrte den Rucksack aus der Baumhütte und packte den Inhalt aus. Er untersuchte jeden Ge genstand genau, als wolle er prüfen, ob es Huttunens Eigentum sei. Portimo warf nur einen Blick darauf und sagte kurz und bündig, der Rucksack gehöre Kunnari.
»Er hat ihn letzten Winter getragen, als wir zweimal auf dem Puukkohügel Birkhühner schießen waren. Wir haben jedesmal ein halbes Dutzend gekriegt. Und dabei hatten wir nicht mal einen Hund mit.«
Der Kommissar knurrte ihn an.
»Du als Polizeimann suchst dir ja sonderbare Jagdge fährten aus.«
»Damals war Kunnari noch nicht aus der Nervenklinik geflüchtet«, verteidigte sich Portimo.
Der Kommissar ordnete an, um das Lager Wache zu halten. Die Männer zogen sich in den Wald zurück. Niemand durfte rauchen oder auch nur ein Wort flü stern. Alle sollten schweigend im Dunkel des Waldes liegen und warten, bis Huttunen in sein Lager zurück kehrte. Vermutlich hatte er es nur vorübergehend ver lassen. Wenn man ihm auflauerte, konnte man ihn immer noch überraschen.
Die Männer lagen die ganze Nacht reglos im Unter holz, aber Huttunen kam nicht. Mit steifen Gliedern vor Kälte und Feuchtigkeit erschien einer nach dem anderen morgens im Lager, wo eine neue Beratung abgehalten wurde.
»Es hat keinen Zweck mehr«, äußerte Ervinen ver drossen. »Der Kerl hat von der Sache Wind gekriegt… liegt vielleicht hinter einem Baum, beobachtet uns und lacht uns obendrein noch aus. Ich jedenfalls liege hier nicht wegen eines Irren noch länger im feuchten Sumpf.«
Launola unterstützte den Arzt eilfertig. Siponen schnauzte seinen Knecht an:
»Du lauerst auf Huttunen noch bis Weihnachten, wenn ich es befehle. Ich bezahle dir verfluchtem Kerl schließlich den Lohn dafür.«
»Auch wenn einer zufällig Knecht ist, muß er noch lange nicht jede x-beliebige Arbeit machen. Das hier ist nicht zu vergleichen mit Heueinfahren oder Holzmachen, es erinnert mich eher an den Krieg am Syväri.«
Der Kommissar beendete den Streit, indem er feststellte, es sei offenbar sinnlos, das Lager weiter zu bewachen, der Müller habe von irgendwoher einen Wink bekommen und halte sich fern. Er ordnete an, das Lager zu zerstören. Eifrig machten sich die Männer an die Arbeit.
Viittavaara warf sich Huttunens Rucksack über die Schulter. Siponen brachte den Unterstand zum Einsturz und schleppte die Fichtenzweige in den Fluß. Ervinen baute zusammen mit dem Lehrer die Baumhütte ab, die Holzteile wanderten ins Wasser. Launola wurde beauf tragt, den Abtritt am Berg zu zerstören und die Grube zuzuschütten. Zuvor schätzte der Kommissar die Menge von Huttunens Exkrementen ab, denn daraus ließen sich Rückschlüsse ziehen, wie viele Tage der Müller das Lager bewohnt hatte. Die Männer rollten die Steine der Feuerstätte in den Fluß, schnitten die Hängevorrichtung ab und zerstörten die Gestelle zum Netzetrocknen. Um das Vernichtungswerk vollständig zu machen, banden sie Huttunens Floß los und überließen es der Strömung. Einzig gegen den Kalender, den der Einsiedler in die Kiefer geschnitzt hatte, waren
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