Der heulende Müller
trat ein Mann ein, der nach Rauch und Fischabfällen roch. Der Kommissar fragte, was ihn zu dieser späten Stunde herführe. Der Mann erzählte, er habe am Reutumoor gefischt, auf staatlichen Ländereien selbstverständlich.
»Und, haben Sie was gefangen?« fragte der Kommissar zerstreut und zog die letzte Karte. Es war die Karo Sechs, also nicht die fehlende Dame, doch das wollte er sich lieber noch nicht anmerken lassen. Er hatte nach der letzten Karte mit zwei Damen das beste offene Blatt auf dem Tisch. Der Kaufmann paßte, aber Ervinen, der anscheinend auf eine Farbstraße spekulierte, hielt und erhöhte sogar noch. Der Arzt setzte eine Summe ein, die dem Preis eines anständigen Kleinkalibergewehrs ent sprach.
»Ja, hab’ ich«, sagte der Mann, der immer noch in der Tür stand. Jetzt schob er sich so weit vor, daß er den Verlauf des Spiels verfolgen konnte. Er sah Ervinen über die Schulter, verriet aber mit keiner Miene, was für ein Blatt der Arzt hatte. Der Kommissar sah dem Mann in die Augen, hob fragend die Brauen, aber der andere wandte den Blick ab. »So, so«, äußerte der Kommissar und zog mit Ervinens Einsatz mit. Als die Karten aufge deckt wurden, stellte sich heraus, daß der Arzt geblufft hatte. Seine Grundkarte war ein nichtssagendes Pik As. Die kalte Wahrheit war, daß der ganze Einsatz an den Kommissar ging. Dieser goß eine Runde Spiritus für alle ein, außer für den fremden Angler, den er in amtlichem Ton fragte:
»Nun, und was haben Sie für ein Anliegen?« Der Mann erzählte, er habe im Sivakkafluß am Rand
des Reutumoores ein neues Floß aus Kiefernstämmen gefunden.
»Ich hab’ mich gewundert, wer das wohl gebaut hat. Als ich mich dann ein bißchen in der Gegend umgese hen hab’, da hab’ ich ein richtiges Lager gefunden, das war auch ganz neu. Das wollte ich Ihnen bloß erzählen, Herr Kommissar. Da draußen am Fluß haust einer im Unterstand.«
Der Kommissar verstand nicht recht, was er mit die-sem Lager zu schaffen hatte.
»Das ganze Gebiet da draußen ist voll von Flößen und Unterständen. Die interessieren die Behörden einen Dreck.«
Der Angler zog sich verlegen zur Tür zurück, wo er halb entschuldigend sagte:
»Ich dachte bloß, vielleicht hat der Kunnari Huttunen, der verrückte Müller, das Lager gebaut. Im Dorf hab’ ich nämlich gehört, er ist aus der Irrenanstalt geflohen und hält sich jetzt im Wald versteckt.«
Ervinen zeigte sofort Interesse und rief den Mann zurück. Er fragte, wie das Lager aussehe.
»Es war ganz neu und solide gebaut. Da waren ein Unterstand und Holzvorräte für viele Wochen. Dann gab es noch eine kleine Vorratskammer auf einem Kiefern stamm. Im Wald war ein Donnerbalken und am Ufer ein Floß, wie ich schon sagte.«
»Wie war das alles gearbeitet, also das Floß und die anderen Einrichtungen?« fragte der Kommissar.
»Wie von einem Zimmermann gemacht. Sogar der Donnerbalken war extra abgehobelt. Am Ufer standen noch Pfähle zum Netzetrocknen, für ein oder zwei Netze.«
»Es ist Huttunen«, konstatierte Ervinen. »Der Müller hat geschickte Hände, auch wenn sonst seine Motorik nicht stimmt. Am besten, wir fahren gleich los und nehmen ihn in flagranti fest.«
Der Kommissar rief Wachtmeister Portimo an und be fehl ihm, ein paar Männer zu alarmieren und sofort mit ihnen herüberzukommen. Bewaffnet. Man werde mit zwei Autos fahren.
Eine halbe Stunde später versammelte sich auf dem Hof des Kommissars eine Schar Männer: Portimo, Siponen, Viittavaara, Lehrer Tanhumäki, sogar Knecht Launola hatte man rekrutiert. Siponen, Viittavaara und Launola setzten sich in das Auto des Arztes, die anderen fuhren beim Kommissar mit. Der nach Fisch riechende Zuträger fungierte als Führer.
In hohem Tempo fuhren sie zur Kreuzung am Reutu moor und stiegen aus. Es war bereits Abend, aber noch nicht sehr dämmerig.
Der Kommissar versammelte alle zum Befehlsempfang um sich: Man müsse Huttunen überraschen, erklärte er. Das Lager werde umzingelt und zerstört und Huttunen gefangengenommen. Der Angler werde sie führen. Man müsse geräuschlos vorgehen, um die Beute nicht in die Flucht zu schlagen.
»Darf man auf ihn schießen, falls er in den Wald rennt?« fragte Siponen und schwenkte seine einläufige Flinte.
»Wir versuchen, ihn zu überrumpeln, aber falls er an greift, kann in Notwehr geschossen werden. Aber zuerst in die Beine, dann erst in den Kopf oder den Bauch.«
Vor Mitternacht erreichten die Männer den Sivakka
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