Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
geschenkt. Sie sagte, dass die Kette mich beschützen soll.«
»Das hat sie!«, erklärte Arne und lächelte Magdalena an.
»Ja, sie war mein Glücksbringer, denn ich habe euch getroffen, und ihr habt mich und meine Familie gerettet.«
Bei dem Gedanken an Maria und den Überfall spürte Magdalena die aufsteigenden Tränen. Dieses Mal versuchte sie nicht, sie zurückzudrängen.
Arne erkannte, dass sie lautlos weinte, und wusste nicht, wie er ihr helfen konnte. Er schaute rasch zu ihren Eltern, und als er sah, dass die beiden die Augen geschlossen hielten, wagte er zaghaft, nach Magdalenas Fingern zu greifen. Sie blickte erschrocken auf, doch sie wehrte sich nicht und überließ ihm ihre Hand. Beide schauten sich an, um dann den Blick nach vorn zu wenden. Als Arnes Fingerspitzen über Magdalenas Handrücken strichen, versiegten ihre Tränen. Sie konnte kaum noch durchatmen, denn seine Berührung ließ ein ungeahntes Verlangen in ihr aufflammen. Als sich ihr Brustkorb heftig hob und senkte, zog sie ihre Hand langsam zurück.
Arne wusste nicht, wie ihm geschah. In ihm loderten Gefühle, die er noch nie gespürt hatte. Er hatte in seinem Leben schon mit vielen Frauen das Lager geteilt. Manche waren jung, manche älter als er gewesen. Einige waren in der körperlichen Liebe unerfahren, andere ließen ihn an ihren Kenntnissen teilhaben. Für Arne war die körperliche Vereinigung ein Spiel, das man beherrschen musste, um Genuss zu verspüren. Niemals hätte er gedacht, dass eine einfache Berührung in ihm leidenschaftliches Verlangen entfachen würde. Verunsichert flüsterte er heiser: »Erzähl mir von deinem Leben.« Er hatte das Bedürfnis, alles über Magdalena zu erfahren.
Arne spürte, dass ihr Blick starr wurde, doch dann entspannte sie sich und begann zu erzählen. Sie berichtete ihm von ihrer Freundin Maria, der Äbtissin, die sie als junges Mädchen vor ihrem Großvater und dem Tod im reißenden Fluss gerettet hatte. Sie erzählte von ihrem Oheim Clemens, den sie zwar so nannte, der aber nicht ihr wirklicher Onkel war, der sie aber, seit sie denken konnte, beschützte und bewachte. Sie beschrieb, wie sie seiner Frau Christel bei der Entbindung des kleinen Sebastian geholfen hatte. Und sie erzählte von Regina Rehmringer, die ihr eine liebevolle Großmutter gewesen war, obwohl sie nicht miteinander verwandt waren. Sie berichtete auch von ihrem kleinen Bruder Johannes, der kaum älter als ein Jahr geworden war, dass ihre Mutter sich für den Tod des Kindes selbst bestrafen wollte und deshalb ihre lebenden Kinder und ihren Mann viele Jahre von sich gestoßen hatte.
Arne hörte Magdalena zu, ohne sie zu unterbrechen. Selbst als sie flüchtig zögerte und ihm dann stockend von dem Hexenverdacht gegenüber ihrer Mutter erzählte, schwieg er. Allerdings riss er über diese unglaubliche Geschichte die Augen weit auf.
Magdalena ergriff seine Hand und drückte sie. »Danke!«, flüsterte das Mädchen und lehnte sich erschöpft auf dem Sitz zurück. Ihre Augen wirkten müde, und trotzdem war sie glücklich. Eine große Last schien ihr genommen zu sein.
In diesem Augenblick hätte Arne alles für sie getan. Nie hatte er sich einem Menschen näher gefühlt, und es schien ihm, als würde er dieses Mädchen schon ewig kennen. In dem Augenblick aber, als er ihr Worte seiner Zuneigung sagen wollte, preschten die schwedischen Kundschafter an dem Tross vorbei, um erst bei Gustavsson ihre Pferde zu zügeln.
Arne drehte sich um, als er sah, dass Erik mit ernstem Gesicht auf ihn zugeritten kam. Fragend blickte er den väterlichen Freund an, als dieser sich in seine Steigbügel stellte, um sich ihm weit entgegenzubeugen. Mit leiser Stimme sagte Erik:
»Es gibt Schwierigkeiten, Arne. In einem Dorf vor uns findet eine Hexenverbrennung statt!«
• Kapitel 34 •
Magdalena hatte Eriks Nachricht gehört und weckte mit schreckensbleichem Gesicht ihre Eltern, die sich verstört aufsetzten.
»Was ist geschehen?«, fragte Johann, der im ersten Augenblick nicht wusste, wo er war.
Nachdem Magdalena von der Hexenverbrennung im nächsten Ort berichtet hatte, wisperte Franziska entsetzt: »Wie fürchterlich.« Ängstlich blickte sie ihren Mann an, der schützend den Arm um sie legte.
»Müssen wir durch den Ort fahren?«, fragte Johann Gustavsson besorgt.
Erik zuckte mit den Schultern. »Das kann ich dir nicht beantworten. Aber ich werde mit meinen Leuten besprechen, was wir machen können«, sagte er und ritt an die Spitze des
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