Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
an die Angst dachte, die sie damals Tag und Nacht beherrscht hatte. Was wäre aus ihr geworden, wenn Johann nicht beschlossen hätte, sie zu heiraten und mit ihr zusammen aus der Heimat zu fliehen?
Und dann steht der Alte eines Tages wieder vor mir und will mich und meine Tochter ertränken, erinnerte sich Franziska jetzt erneut. Sogleich breitete sich eine Gänsehaut auf ihrem Körper aus. Als sie spürte, dass sie zitterte, schlang sie die Arme um ihren Oberkörper.
Johann hatte seine Frau beobachtet und ahnte ihre Gedanken. Als die Schweden von der Hexenverbrennung berichteten, kamen auch bei ihm die Erinnerungen und das Gefühl der Machtlosigkeit zurück, das er damals empfunden hatte. Er schaute zu Magdalena, die wieder auf der Innenseite ihrer Wange kaute. Ihre Blicke trafen sich, und sie versuchte zu lächeln.
Magdalena sah, wie ihre Mutter am ganzen Körper zitterte, und sie setzte sich auf den Sitz neben ihr, um sie zu umarmen. Franziska schloss die Augen und legte den Kopf an die Schulter ihrer Tochter.
Dann schaute sie zu Johann auf und flüsterte mit bleichem Gesicht: »Wer wird dieser Frau helfen?«
In der Nähe der Menschenansammlung saßen Erik und Arne ab und führten ihre Pferde zu Fuß weiter. Da beide noch nie einer Hexenbestrafung beigewohnt hatten, ahnten sie nicht, was sie erwarten würde.
Die Bewohner des Ortes sahen den Fremden misstrauisch entgegen. Manche blieben mitten auf dem Weg stehen, sodass die beiden Schweden um sie herumgehen mussten, andere traten einen Schritt zur Seite. Kinder versteckten sich hinter ihren Eltern oder musterten die beiden Männer ungehemmt.
»Wer seid ihr?«, zischte ein Mann durch die Lücke seines Gebisses, wo ihm ein Schneidezahn fehlte. Sein Gesicht war mit Pusteln bedeckt und von Stirn bis Kinn gerötet.
»Wir sind Reisende«, erklärte Erik freundlich. »Unser Tross steht vor eurem Ort und kommt nicht weiter, da ihr den Weg verstopft. Wir waren neugierig, warum so viele Menschen sich hier zusammenfinden.«
»Heute wird der Gerechtigkeit Genüge getan«, erklärte ein Mann mit lauter Stimme hinter ihnen. Die beiden Schweden drehten sich um und erblickten eine hagere, große Gestalt mit Glatze. Der Mann, der in ein schwarzes Gewand gekleidet war, trat zwischen den Menschen hervor, die sich ängstlich bekreuzigten.
Arne vermutete, dass er ein Mann der Kirche war, und fragte: »Wie meint ihr das?« Dabei schaute er forschend in die Gesichter der Menschen, die um ihn herumstanden. Sie waren ärmlich gekleidet, ausgemergelt und blass. Bei einigen konnte er Krätze feststellen, denn sie hatten Quaddeln auf der Haut, die bei manchen der Erkrankten mit blutverkrusteten Wunden überzogen war. Ein Sud des Wilden Stiefmütterchens würde ihnen helfen, dachte Arne, als seine Aufmerksamkeit wieder auf den Pastor gelenkt wurde, der mit gedämpfter Stimme erklärte:
»Wir konnten eine Frau der Hexerei überführen!« Dabei ließ er seinen Blick über die Versammelten schweifen, die zustimmend nickten.
Arne zog fragend eine Augenbraue in die Höhe, und der Kirchenmann schrie: »Die böse Frau, die heute bestraft wird, ist für das Elend verantwortlich, das sie über diese armen Leute gebracht hat.« Mit seinen spinnenbeindünnen Fingern zog der Pastor eine eingeschüchterte Frau, die kaum wagte aufzuschauen, aus der ersten Reihe der Schaulustigen neben ihm. Dann packte er einen ebenso verängstigten Mann am Arm, der große Augen machte und seinen Hut vom Kopf zog, und führte ihn neben die Frau. Es waren ärmlich gekleidete, einfache Bauersleute.
»Was ist euch zugestoßen?«, fragte Erik, der neben Arne getreten war, das Paar.
Doch statt ihrer antwortete der Kirchenmann. »Die Hexe hat einen Hexenschwur über diese arme Frau gebracht, sodass sie keine Kinder empfangen kann. Ich frage dich, Fremder, wer soll für diese beiden Menschen sorgen, wenn sie alt und gebrechlich sind?«
Verhaltenes Gemurmel war zu hören, das anschwoll, bis der Pastor die Hand hob und die Meute schwieg.
Arne schaute zweifelnd in die Menge und fragte: »Woher wisst ihr, dass die Verurteilte Schuld am Schicksal dieser armen Bauersleute trägt?«
Des Pastors Augen blitzten auf. »Sie hat gestanden!«, beschied er mit donnernder Stimme, die keinen Widerspruch duldete. Und er erklärte: »Sie hat gestanden, dass der Teufel ihr Zauberpulver gegeben hat. Das hat sie durch das Fenster der Kammer der Bauersleute hineingepustet, als die Frau schlief. Und sie hat der armen Frau vergiftete
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